Zufriedenheit mit der Lebenssituation in Tirol sinkt

AK, ÖGB und KAB warnten am Josefstag vor Verschärfung der ungerechten Verteilung der Steuerbelastung durch das Sparpaket. AK-Umfrage ortet große Ungerechtigkeit. 

Ende des letzten Jahres waren 92% der Tiroler Bevölkerung mit ihrer Lebenssituation noch sehr zufrieden oder zufrieden. Aktuell sind es nur mehr 72% – das entspricht einer Abnahme der Zufriedenheit von 20% in nur einem Quartal. Am 19. März, dem Tag des hl. Josef, Schutzpatron der Arbeit und Tiroler Landesheiliger, präsentierte die Arbeiterkammer zusammen mit dem ÖGB und der KAB (Kath. ArbeitnehmerInnen Bewegung) eine market-Umfrage, die zeigt, dass in Tirol immer mehr Menschen das Gefühl haben, dass sich die Dinge in die falsche Richtung entwickeln und dass es höchst ungerecht zugeht. Zwei Drittel der Tiroler waren noch Ende letzten Jahres der Meinung, dass sich die Dinge grundsätzlich in die richtige Richtung bewegen, ein Fünftel war skeptisch. In der neuesten Erhebung hat sich dieser Wert auf mehr als zwei Fünftel erhöht.

82% der Tiroler finden, dass die Steuerlast in Tirol ungerecht verteilt ist, die eigene Belastung durch Steuern und Abgaben empfindet man stärker als noch vor ein paar Jahren. Das Sparpaket der Bundesregierung, die hohen Lebenshaltungskosten und explodierende Energiepreise sowie die niedrigen Tiroler Einkommen verschärfen laut den ArbeitnehmerInnen-Organisationen die Situation von immer mehr Menschen und Familien und besonders von Kindern und Jugendlichen. Jede neu erscheinende Einkommensstatistik untermauere seit Jahren aufs Neue, dass die Tirolerinnen und Tiroler mit ihren Einkommen zum Teil deutlich hinter ihren Mitbürgern in den anderen Bundesländern liegen. Ein wesentlicher Grund dafür ist das Fehlen ganzjähriger Arbeitsplätze in Tirol. Die Unternehmer seien gefordert, Mittel und Wege zu finden, die Saisonen und damit die Beschäftigung länger auszudehnen.

Neben mehr Entlohnungs- und Verteilungsgerechtigkeit sowie einer gerechteren Verteilung der Steuerlast fordern AK, ÖGB und KAB vor allem auch mehr Gerechtigkeit für den ländlichen Raum. Seit Jahren setze sich der Trend zur Zentralisierung fort. Scheibchenweise würden Einrichtungen im ländlichen Raum, wie Krankenhäuser, Arztpraxen, Poststellen, Schulen und Geschäfte des täglichen Bedarfs, geschlossen. Im Sparpaket werde mit dem Streichen der Bezirksgerichte und der Gerichtstage ein weiterer Schritt zur Aushöhlung des ländlichen Raumes gesetzt. Das führe dazu, dass die Bevölkerung zur Zurücklegung langer Fahrtstrecken gezwungen sei, um zur Arbeit zu gelangen und um Erledigungen zu machen. Da für ein dichtes öffentliches Verkehrsnetz die Bevölkerungsanzahl zu niedrig sei, wären immer mehr Menschen auf das Auto angewiesen und müssten wegen der steigenden Treibstoffpreise immer mehr Geldmittel dafür aufwenden. Es komme zu einer Spirale, deren logische Folge die Abwanderung in Zentralräume sei. In 55 der 279 Tiroler Gemeinden sind heute weniger Einwohner gemeldet als 1992, in Osttirol ist in diesem Zeitraum die Einwohnerzahl in 20 der 33 Kommunen gesunken. Der ländliche Raum sei aber ein zentraler Pfeiler in Tirol, der gestärkt statt ausgedünnt werden müsse.

Die AK Tirol sei mit gutem Beispiel voran gegangen und stockte die Bezirkskammern auf. „Würden mehrere öffentliche Ämter diesem Weg folgen, könnten wichtige Arbeitsplätze in den Regionen geschaffen bzw. gehalten werden“, schlagen die Arbeiterkammer-Vertreter vor.

Text: Raimund Mühlburger, Foto: clipart

21. März 2012 um