Runder Tisch zu Natura 2000 in Matrei i.O.

Im Kesslerstadl in Matrei ging es am 10.6. in einer breit besetzten Diskussionsrunde um die geforderte Nachnominierung der Iselregion als Natura 2000-Schutzgebiet

Naturschutzreferentin LH-Stv. Mag. Ingrid Felipe hatte am 10.6. zu einer ersten Informationsveranstaltung im Rahmen des geplanten dreiteiligen Prozesses zur Finalisierung der Natura 2000-Nominierung der Isel geladen. Bürgermeister der betroffenen Gemeinden der Iselregion und des Planungsverbandes 34, Interessensvertreter von Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer, der Bezirkshauptmannschaft Lienz, Klubobleute der im Tiroler Landtag vertretenen Parteien, Abgeordnete aus Nationalrat, Bundesrat und Landtag, Umweltschutzaktivisten und Vertreter von NGOs sowie Experten der Fachabteilungen des Landes Tirol bzw. der Osttiroler Firma Revital unter Leitung von DI Klaus Michor, der vom Land Tirol mit der Moderation des gesamten Prozesses beauftragt worden ist, nahmen am runden Tisch teil.

Naturschutzreferentin LH-Stv. Mag. Ingrid Felipe: „Die Einbindung der Bevölkerung vor Ort und der Interessensgruppen ist der Tiroler Landesregierung in diesem Prozess ein besonders wichtiges Anliegen.“

Naturschutzreferentin LH-Stv. Mag. Ingrid Felipe: „Die Einbindung der Bevölkerung vor Ort und der Interessensgruppen ist der Tiroler Landesregierung in diesem Prozess ein besonders wichtiges Anliegen.“

Bei der anschließenden Pressekonferenz betonte LH-Stv. Ingrid  Felipe, wie wichtig der Dialog mit den Gemeinden, den Nutzungsberechtigten, den Grundeigentümern und diversen Interessensgruppen sei. Aus ihrer Sicht wäre das Interesse aller an einer positiven Entwicklung Osttirols klar erkennbar gewesen. „Natürlich gibt es unterschiedliche Positionen, doch muss man sich auf eine fruchtbare Diskussion einlassen“, so Felipe, die betonte, dass sie an die Macht des besten Argumentes glaube und dass dieses fachlich begründet sein müsse. „Wir sind gerade dabei, abzuklären, was im Rahmen der Nachnominierung notwendig ist und versuchen dies – unter Einbindung der betroffenen Bevölkerung – zustande zu bringen. Dies entspricht auch dem Wunsch bzw. den Vorgaben der Europäischen Kommission, der es sehr wichtig ist, dass alle Maßnahmen unter Akzeptanz der Bevölkerung vor Ort erfolgen.“

Von einem gelungenen Beginn sprach Dr. Kurt Kapeller, der Leiter der Umweltabteilung im Amt der Tiroler Landesregierung, der die Teilnehmer des runden Tisches ausführlich über spezifische Details von Natura 2000 informiert hatte. Kapeller: „Es geht um einen Prozess, in dem der fachliche Spielraum ein relativ kleiner ist. Die Entscheidung wird letztlich von Seiten der Politik zu fällen sein.“ Umweltaktivist Dr. Wolfgang Retter meinte, dass im Rahmen der Veranstaltung …„seit Jahren geschürte Vorurteile“ entkräftet worden seien und dass vieles, was für die Natur von Interesse sei, auch für die Menschen und deren Erholung Bedeutung habe. „Iselfrau“ Mag. Anna-Maria Kerber fand die Möglichkeit zur Diskussion zwar gut, zeigte sich aber „ernüchtert“ darüber, dass einige Bürgermeister ihrer Ansicht nach …„Natura 2000 nicht als Chance sehen!“

Die Gemeinden der Iselregion, vertreten durch den Obmann des Planungsverbandes 34, BR Dr. Andreas Köll, sind nicht grundsätzlich gegen ein Natura 2000-Schutzgebiet, wollen aber einen Kompromissvorschlag in der Gebietsausweisung ausschließlich auf fachlich-wissenschaftlicher Basis.

Die Gemeinden der Iselregion, vertreten durch den Obmann des Planungsverbandes 34, BR Dr. Andreas Köll, sind nicht grundsätzlich gegen ein Natura 2000-Schutzgebiet, wollen aber einen Kompromissvorschlag in der Gebietsausweisung ausschließlich auf fachlich-wissenschaftlicher Basis.

Der Matreier Bürgermeister und Obmann des Planungsverbandes 34, BR Dr. Andreas Köll, hielt fest, dass es nicht nur darum gehe, der Natur Genüge zu tun, sondern vor allem auch die Interessen der vor Ort ansässigen Bevölkerung und der Wirtschaft zu wahren seien. Köll: „Wir leben seit 22 Jahren im Nationalpark Hohe Tauern – dem größten Natura 2000-Gebiet Mitteleuropas – und beschäftigen uns seit längerem intensiv mit der Thematik. Wir begrüßen den nun vom Land Tirol eingeleiteten Weg einer offenen Diskussion, werden es uns aber als gesetzlich zuständige Raumordnungsorgane nicht nehmen lassen, einen auf wissenschaftlicher Basis von Experten vor Ort fachlich aufbereiteten Vorschlag für eine Gebietsausweisung der Zonen zu unterbreiten. Wir wollen einen Kompromiss!“

In einer Aussendung legte der St. Jakober Bürgermeister NR Mag. Gerald Hauser, der ebenfalls an dem runden Tisch teilgenommen hatte, heute seine Sicht der Dinge dar. Hauser: „Landschaftsplaner DI Michor hat in Matrei erklärt, man brauche nichts schön zu reden. Natura 2000 ist mit Einschränkungen verbunden und ein Schutzprojekt. Ich sehe dies auch so und bin von DI Michor in meiner bisherigen Auffassung bestätigt worden.“ Er, Hauser, habe auch angesprochen, dass bereits große Flächen – der gesamte Nationalpark – als Natura 2000-Schutzgebiet eingebracht wurden. Es müsse aber eine wirtschaftliche Entwicklung in der Region geben, vor allem angesichts der für Osttirol so großen Problematik der Abwanderung. „Die Umweltschutzverbände fordern die Vollausweisung des Defereggen-, des Isel- sowie des Kalsertales als Natura 2000-Gebiet. Dies lehne ich ab, denn zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung, für die ich mich einsetze, braucht es die Talbereiche, die auch Natura 2000-Gebiet werden sollen!“ Dass bei Natura 2000 auch weiterhin alles möglich sei, entspreche nicht der Wahrheit, so der Politiker, der auch die Frage stellte, ob man der Bevölkerung keinen „reinen Wein“ einschenken wolle.

Text: E. Hilgartner, Fotos: Brunner Images

11. Juni 2014 um