Gemeinderatssitzung in Matrei in Osttirol löste Kontroversen aus

Bürgermeister Raimund Steiner berichtete über einen von ihm angeordneten Kassasturz, der frühere Bürgermeister Andreas Köll setzt sich wegen „unrichtiger Zahlen & Daten” zur Wehr.

Am 17. Mai 2022 fand in der Iseltaler Marktgemeinde die erste ordentliche GR-Sitzung nach der Konstituierung statt. Der neue Matreier Bürgermeister Raimund Steiner präsentierte dem Gemeinderat dabei und gegenüber diversen Medien einen sogenannten „Kassasturz“, den er auch der Bezirkshauptmannschaft Lienz als Aufsichtsbehörde übermittelte. Laut diesem hätte die Marktgemeinde Matrei i.O. insgesamt rd. 28 Mio. Euro an Verbindlichkeiten, nicht einberechnet die an den Abwasserverband Hohe Tauern Süd ausgegliederten Schulden. Mittelfristig würden rd. 9,8 Mio. Euro benötigt werden. Darlehen beim Abwasserverband seien „auf 10 Jahre verlängert worden, die Annuitätenzuschüsse ausgelaufen“. Steiner wies auch darauf hin, dass noch vor seinem Amtsantritt angeblich budgetierte Darlehen und Bedarfszuweisungen in Höhe von rd. zwei Millionen Euro abgelehnt worden seien. „Größere Investitionen werden demnach in nächster Zeit wohl nicht möglich sein“, führte das Gemeindeoberhaupt weiter aus. Beim Schwimmbad wäre eingespart worden, was möglich gewesen wäre, es müsse aber fertig gebaut werden. Das Schulzentrum müsse unbedingt saniert werden, beim Tauernstadion würden noch Schneedruckschäden am Dach und an der Außenfassade bestehen, und man brauche weitere Gelder für einen Ausbau des Recyclinghofes, die Verlegung der Kompostieranlage, für ein zweites Fernheizwerk und vieles andere mehr.

In der GR-Sitzung wurde auch ein Handout an die Gemeinderäte verteilt, welche dieses ihrerseits wieder an Medienvertreter weitergaben. Diesem war zu entnehmen, dass den kurzfristigen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (darunter offene Rechnungen und diverse Transferzahlungen an das Land und an Gemeindeverbände) in Höhe von rd. 4.789.000 Euro allerdings auch kurzfristige Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie Abgaben an die Gemeinde in Höhe von rd. 2.481.455 Euro gegenüberstehen, sodass die Differenz tatsächlich bei rd. 2.307.546 Euro liegen dürfte.

Darüber hinaus waren in den genannten rd. 9,8 Mio. Euro auch Verpflichtungen für Personalrückstellungen in Höhe von rd. 183.200 Euro enthalten; außerdem die noch angeblich zu tätigenden Zahlungen für das Schwimmbad in Höhe von rd. 2.697.300 Euro, rd. 810.000 Euro für die neue Bichler Brücke als Hochwasserschaden sowie rund 280.000 Euro für einen Grundkauf im Bereich Tauernstadion. Weiters wurden für Schäden aufgrund von Extremwintern rd. 312.611 Euro, für einen gewünschten Beitrag der Matreier Bergbahnen für die Talabfahrt Goldried rd. 500.00 Euro, rd. 345.500 Euro für einen Erwerb von Räumlichkeiten für die Landesmusikschule Matrei Iseltal, rd. 120.000 Euro für den geplanten weiteren Ausbau der Landesmusikschule, sowie rd. 300.000 Euro für die Fortführung von Sanierungsarbeiten im Schulzentrum und nicht zuletzt rd. 130.000 Euro für eine geplante Bushaltestelle beim Schulzentrum angeführt.

Der langjährige frühere Bürgermeister Dr. Andreas Köll, der von seinem Nachfolger in der GR-Sitzung indirekt auch wegen einer erfolgten Budgetierung in Verbindung mit dem Schwimmbad für das Jahr 2022 kritisiert wurde, sah sich aufgrund daraufhin erfolgter medialer Falschmeldungen veranlasst, sich zur Wehr zu setzen. Er hätte sich eigentlich nicht mehr zu Gemeindethemen öffentlich zu Wort melden wollen, müsse dies aber nun aufgrund ungerechtfertigter medialer Angriffe wohl tun, so Köll. Er stellte in einer Aussendung klar, dass bei „diesen Aufstellungen des neuen Bürgermeisters Ziffern und Zahlen aus der Vergangenheit mit jenen von Zukunftswünschen, also sprichwörtlich `Äpfel mit Birnen`, vermischt werden.“ So wären zum Beispiel in den 9,8 Mio. Euro etwa zukünftige Umlagezahlungen an den Abwasserverband Hohe Tauern Süd in den Jahren 2023 in Höhe von rd. 331.800 Euro enthalten und sogar rd. 270.900 Euro für die Umlage im Jahre 2024. Beim Ankauf von Räumlichkeiten für die Landesmusikschule Matrei Iseltal wären weiters zukünftig vertraglich zu tätigende Zahlungen als Einmalbeträge dargestellt, welche gegenüber dem Verkäufer jedoch nur in gesamt fünf Jahresraten zu leisten sind.

Dr. Andreas Köll: „Der Schuldenstand der Marktgemeinde Matrei wurde – in den letzten fünf Jahren ohne Grundverkäufe – seit 2012 um mehr als 11 Millionen Euro auf rd. 15 Millionen Euro reduziert, was man jederzeit anhand der offiziellen Finanzstatistiken des Landes Tirol überprüfen kann. Rd. 13 Millionen Euro sind noch bestehende Haftungen (exakt rd. 9,8 Mio. Euro gegenüber dem Abwasserverband), die bei allen anderen Gemeinden Tirols auch gegenüber den jeweiligen Gemeindeverbänden auszuweisen sind, aber nicht als ‚Schulden‘, sondern eben als Haftungen in der Bilanz erfasst werden. Die Differenz besteht aus Leasingverpflichtungen – also Mietzahlungen – insbesondere für dringend notwendige Feuerwehr- und Kommunalfahrzeuge. Das Schwimmbad ist – laut dem vom früheren Gemeinderat beschlossenen Voranschlag 2022 und der Planung für 2023 – zur Gänze ausfinanziert, wenn man die dafür vorgesehenen Einnahmen auch tatsächlich dafür verwendet. Dazu zählen Eigenmittel aus Erschließungsbeiträgen in Millionenhöhe von iDM sowie bereits geflossene TAL-Gelder und bereits überwiesene Förderungen des Bundes aus dem Kommunalen Investitionsförderungsprogramm (KIG).“

Köll wies auch darauf hin, dass der neue Bürgermeister Raimund Steiner übrigens bereits im Juni 2021 im Gemeinderat einer Finanzierung in Höhe von rd. 4 Millionen Euro und Auftragsvergaben in selber Höhe für das neue Schwimmbad zugestimmt habe. Der Nachweis dafür sei GR-Protokollen zu entnehmen, insbesondere jenem der GR-Sitzung vom 25.6.2021. „Die viel zitierten 9,8 Millionen Euro sind somit keine Schulden, sondern eine Vermischung von bereits budgetierten Verpflichtungen aus der Vergangenheit mit Zukunftswünschen des neuen Bürgermeisters beziehungsweise Gemeinderates an das Land. Die Gemeindefinanzsituation hat sich in den vergangenen 15 Jahren nachweislich verbessert und wird sich durch stark steigende Kommunalsteuereinnahmen (z.B. von iDM mit rd. 800 bis 1.000 Mitarbeitern bis 2024 bzw. durch das genehmigte TIWAG-Kraftwerk am Tauernbach) weiter verbessern“, so der frühere Matreier Bürgermeister abschließend.

 

Text: Redaktion, Foto: Osttirol heute

22. Mai 2022 um