„Begegnungszone“ im Zentrum: Lange Diskussion im Lienzer Gemeinderat

Für die Schaffung einer Begegnungszone rund um den Johannesplatz stimmte der Lienzer Gemeinderat am 12. Juni. VP-Fraktion kritisierte Vorgangsweise und stimmte dagegen.

„Begegnungszone Messinggasse / Kreuzgasse (Teilstück) / Rosengasse / Johannesplatz / Hans von Graben-Gasse / Andrä Kranz-Gasse; Erlassung einer Verordnung“ – Tagesordnungspunkt 3 sorgte bei der Sitzung des Lienzer Gemeinderates am Dienstag, 12. Juni, für eine fast zweistündige Diskussion und einen heftigen Schlagabtausch zwischen Bgm. Elisabeth Blanik (SPÖ) und Gemeinderat Christian Steininger (ÖVP). „In einer Begegnungszone sind alle Verkehrsteilnehmer – also Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer – gleichberechtigt. Es gilt eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 20 km/h. Fußgänger dürfen die gesamte Fahrbahn benützen und Radfahrer nebeneinander fahren“, erklärte die Bürgermeisterin einleitend. Der Mobilitäts-Ausschuss hätte gemeinsam mit der Verwaltung an einer einheitlichen Regelung gearbeitet. „Wir haben in den letzten Jahren in diesem Bereich viele bauliche Umgestaltungen realisiert, zuletzt in der Andrä Kranz-Gasse. Den gesamten Bereich als Begegnungszone zu definieren, dient der Verkehrsberuhigung“, so Elisabeth Blanik.

Die VP-Mandatare rund um Vize-Bgm. Kurt Steiner kritisierten die Vorgangsweise der SPÖ-Fraktion und der Bürgermeisterin. „Die Verordnung sieht jetzt anders aus, als es den Anrainern kommuniziert worden ist. Ich finde eine Rechtfertigung für die Beschränkung des Anrainerverkehrs nicht gegeben. Der Begegnungszone an und für sich könnten wir zustimmen, nicht aber der Beschränkung des Anrainerverkehrs“, kritisierte Christian Steininger. „Am meisten stört mich die Beschränkung der Durchfahrtsmöglichkeit zwischen Muchargasse und Zwergergasse bzw. Richtung Hans von Graben-Gasse“, so Vize-Bgm. Kurt Steiner.

Bgm. Elisabeth Blanik versuchte zu erklären, dass nicht nur die Anrainer, sondern auch etwa Kunden von Geschäften und Banken oder Besucher von Ärzten weiterhin in diesem Bereich mit dem Auto durchfahren dürften. „Wir von der SPÖ wollen diese Verkehrsberuhigung, die Anrainer in der Zwergergasse wollen sie auch. Die ÖVP-Fraktion will diese anscheinend nicht“, so Elisabeth Blanik. Unterstützung für die Schaffung einer Begegnungszone kam von Gemeinderätin Gerlinde Kieberl (Die Grünen). „Ich finde es gut, dass der gesamte Bereich zur Begegnungszone wird. So wie er sich derzeit gestaltet, gibt es kaum Durchfahrtsmöglichkeiten“, so Kieberl.

„Ich habe heute in der Früh an Ort und Stelle das Geschehen beobachtet. Da war es ziemlich ruhig. Natürlich ist im Hochsommer dort viel Verkehr. Wir sollten aber die Monate, in denen es ruhiger ist, von der neuen Regelung ausnehmen“, warf Christian Steininger ein. Er schlug vor, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. „Wir sollten die Angelegenheit noch einmal mit den Anrainern und den Betroffenen diskutieren“, so Steininger. In die gleiche Kerbe schlug GR Josef Blasisker (FPÖ). „Ich kann dem Vorschlag der ÖVP durchaus etwas abgewinnen. Wir sollten die geplante Verordnung noch einmal überdenken, ergänzen, verbessern und eventuell nachjustieren“, so Blasisker. „Die Verordnung wurde in Ausschüssen und im Stadtrat schon ausführlich diskutiert. Die BürgerInnen erwarten sich von uns, dass wir handeln und dass Beschlüsse in einer gewissen Geschwindigkeit gefasst werden“, erwiderte Elisabeth Blanik.

Christian Steininger forderte eine namentliche Abstimmung über den Tagesordnungspunkt. Die sieben MandatarInnen der ÖVP und FP-Gemeinderat Josef Blasisker stimmten gegen die neue Verordnung, die zehn GemeinderätInnen von der SPÖ, Gerlinde Kieberl von den Grünen, Uwe Ladstätter von der LSL sowie Anton Raggl von der FPÖ für die neue Regelung. Die Verordnung wurde also mit 13 zu 8 Stimmen genehmigt.

 

Begegnungszone laut Straßenverkehrsordnung

(1) Die Behörde kann, wenn es der Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des Fußgängerverkehrs, dient, oder aufgrund der Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines Gebäudes oder Gebietes angebracht erscheint, durch Verordnung Straßen, Straßenstellen oder Gebiete dauernd oder zeitweilig zu Begegnungszonen erklären.

(2) In Begegnungszonen dürfen die Lenker von Fahrzeugen Fußgänger weder gefährden noch behindern, haben von ortsgebundenen Gegenständen oder Einrichtungen einen der Verkehrssicherheit entsprechenden seitlichen Abstand einzuhalten und dürfen nur mit einer Geschwindigkeit von höchstens 20 km/h fahren. Lenker von Kraftfahrzeugen dürfen auch Radfahrer weder gefährden noch behindern.

(3) In Begegnungszonen dürfen Fußgänger die gesamte Fahrbahn benützen. Sie dürfen den Fahrzeugverkehr jedoch nicht mutwillig behindern.

(4) Die Anbringung von Schwellen, Rillen, Bordsteinen und dergleichen sowie von horizontalen baulichen Einrichtungen ist in verkehrsgerechter Gestaltung zulässig, wenn dadurch die Verkehrssicherheit gefördert oder die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit unterstützt wird.

(5) Für die Kundmachung einer Verordnung nach Abs. 1 gelten die Bestimmungen des § 44 Abs. 1 mit der Maßgabe, dass am Anfang und am Ende einer Begegnungszone die betreffenden Hinweiszeichen (§ 53 Abs. 1 Z 9e bzw. 9f) anzubringen sind.

(6) Wenn es der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dient und aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken dagegen bestehen, kann die Behörde in der Verordnung nach Abs. 1 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h erhöhen.

 

Text: Raimund Mühlburger, Foto: Osttirol heute

13. Juni 2018 um