150 Jahre Kalser Berg- und Skiführer: Ein Verein und seine Geschichte

Die Kalser Berg- und Skiführer gelten als Mitbegründer des Alpinismus in den Ostalpen. 2019 feiert der 1869 von Johann Stüdl ins Leben gerufene Verein sein 150-jähriges Bestehen.

Aus Anlass dieses stolzen Jubiläums trafen wir zwei Mitglieder der Kalser Bergführer, Peter Ponholzer und Michael Amraser, und erfuhren viel Interessantes aus der langen, wechselvollen Geschichte.

Für viele Alpintouristen ist der Großglockner ein Ziel, das sie sich unbedingt verwirklichen wollen. Rund 1.600 dieser Bergbegeisterten aus aller Welt nehmen pro Jahr das Dach Österreichs gemeinsam mit Mitgliedern des Kalser Berg- und Skiführer-Vereins in Angriff. Damit stehen die Kalser Bergführer in der Winter- und Sommersaison durchschnittlich jeden fünften Tag auf dem Gipfel des Großglockners. Dass dem nicht immer so war, sondern dass die Zahl der Bergsteiger in den letzten 150 Jahren, gleichlaufend
mit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung des Kalser Vereins, stetig zugenommen hat, lässt ein Blick zurück deutlich werden.

 

Der Kalser Bergführerverein im Jahre 1870 – stehend v.l.n.r.: Peter Huter, Peter Groder, Michael Groder, Andrä Kratzer und Thomas Groder; sitzend v.l.: Gregor Huter, Josef Kerer und Johannes Groder. Foto: Archiv Kalser Berg- und Skiführer Verein

 

Angefangen hat alles mit dem Prager Geschäftsmann Johann Stüdl. Er kam im Jahr 1867 erstmals nach Kals, um gemeinsam mit seinem Bruder den Großglockner zu bezwingen. Stüdl zeigte sich begeistert von der Freundlichkeit und Herzlichkeit der Einheimischen. Er beschloss, die Erschließung der Route über den Stüdlgrat zu finanzieren und errichtete auf eigene Kosten auch eine Hütte auf der Fanotscharte, die Stüdlhütte. In den darauffolgenden Jahren kehrte der Prager immer wieder nach Kals zurück und setzte wichtige Impulse für den Tourismus in der Region. 1869 rief er den ersten Bergführerverein der Ostalpen, die Kalser Berg- und Skiführer, ins Leben.

 

Der Prager Geschäftsmann Johann Stüdl setzte wichtige Impulse für den Tourismus, finanzierte die Erschließung der Route über den Stüdlgrat und ließ die Stüdlhütte erbauen. Im Bild rechts der erste Besuch „seiner“ Hütte nach dem I. Weltkrieg im Jahr 1921. Fotos: Archiv Kalser Berg- und Skiführer Verein

 

Der Großglockner, im Sommer des Jahres 1800 von Heiligenblut aus erstmals bezwungen, prägte schon damals beide Orte dies- und jenseits des Glocknermassivs. Drüben wie hüben erwuchs in seinem Schatten ein starkes, bedeutendes Bergführerwesen. In Kals gehörten dazu ganze Bergführerfamilien, wie die Groder, die Schnell oder die Kerer, um nur einige zu nennen. Zu den bekanntesten Einzelpersönlichkeiten, die im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte aus der Osttiroler Glocknergemeinde heranreiften, zählt Johann Kerer, den Bergtouren bis in die Westalpen und ferne Expeditionen bis nach Indien führten.

 

 

Älteste Darstellung des Großglockners aus dem Jahre 1784 (Abb. aus der Sammlung Fritz)

Die Erstbesteigung des Großglockners geht auf das Jahr 1800 zurück. Ausgangspunkt der Begehung war damals die Kärntner Glocknergemeinde Heiligenblut, in der sich in der Folgezeit der Alpinismus zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entwickelte. Um die wirtschaftlichen Chancen zu nützen, suchten auch die Menschen auf der Osttiroler Seite des höchsten Berges Österreichs nach der Möglichkeit einer Besteigung von Kals aus. Ihre Wahl fiel auf den markanten Südwestgrat, doch musste der „Neue Kalser Weg“ erst mit Steighilfen und Drahtseilen ausgebaut werden. Doch für die Finanzierung fehlte das Geld, bis im Jahr 1867 die beiden Brüder Johann und Franz Stüdl nach Kals kamen.

 

Heute stehen die Kalser Berg- und Skiführer für eine ebenso traditionsreiche wie vor allem fundierte langjährige Erfahrung im alpinen wie im hochalpinen Gelände. Im Verein selbst spielen Verlässlichkeit und Zusammenhalt eine enorm wichtige Rolle. Alt und Jung arbeiten hervorragend zusammen und respektieren sich gegenseitig. „Jeder lässt den anderen etwas sein und wertschätzt dessen Leistungen. Dies ist, neben Kollegialität und Freundlichkeit, einer der Faktoren, die die Arbeit im Verein so erfolgreich machen“, hält Obmann Michael Amraser fest, während Peter Ponholzer auf eine überlieferte Aussage Johann Stüdls verweist: „Mit den Worten `Ihr müsst etwas tun – ihr habt so viele Möglichkeiten` hat er die Einheimischen nicht nur einmal dazu aufgefordert, aktiv zu werden.“ Heute sei es, so Ponholzer weiter, die ältere Generation der Kalser Bergführer, die „…die Jungen motiviere und dazu ermutige, sich zu engagieren.“

Dieser junge „Spirit“ und das Gefühl für neue Trends im Tourismus haben in verschiedensten Projekten des Kalser Berg- und Skiführer-Vereins in den vergangenen Jahren ihren Niederschlag gefunden: Das klassische Angebot für alpine und hochalpine Berg- und Skitouren wurde um das Klettern in Fels und Eis sowie um moderne Sportarten wie das Freeriden oder das so genannte E-Bike & Climb erweitert. Zudem werden Projekte für einheimische Kinder und Erwachsene organisiert, um auch ihnen die Möglichkeiten und Schönheiten der Region aufzuzeigen. Nicht zuletzt erfreut sich der vor einigen Jahren unter wesentlicher Beteiligung der Kalser Berg- und Skiführer installierte Eiskletterpark im Tauerntal großer Beliebtheit.

 

 

Tradition und Moderne in Einklang zu bringen, ist, für den Kalser Verein, wie Peter Ponholzer und Michael Amraser unisono betonen, sehr wichtig. Die Erweiterung des Kalser Skigebietes und den Bau des Gradonna Mountain Resort bezeichnen beide als bedeutende Impulse für die Ankurbelung des Tourismus in der Region. „Das Gradonna beherbergt vorwiegend eine Klientel, deren Bedürfnisse wir hier in Osttirol hervorragend abdecken können. Diese Gästeschicht ist auf der Suche nach dem Außergewöhnlichen abseits des Massentourismus. Kals und Osttirol bieten dafür, gleichsam als ,Oase‘ in Europa, hervorragende Voraussetzungen. Ein Trend ist auch die Sehnsucht nach Entschleunigung, nach unberührter, intakter Natur. Die Urlauber wollen gewissermaßen ,herunterkommen‘ – und das können wir ihnen als Bergführer hier auch bieten“, so Peter Ponholzer. Er lobt auch die Zusammenarbeit mit den vielen einheimischen Betrieben, die immer wieder versuchen, ihren Gästen die Qualität der Kalser Berg- und Skiführer näherzubringen bzw. raten, bei gefährlichen Berg- oder Skitouren nicht alleine zu gehen. Michael Amraser fügt hinzu: „Auch für die abenteuerlustige, jüngere Klientel haben wir über unsere jungen Bergführer das Passende im Angebot.“

 

 

Jubiläumsjahr

Die Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen des Vereins beginnen mit einer Skitourenwoche mit Vortragsabend Anfang April 2019 und finden ihre Fortsetzung im Jubiläumsangebot „Großglockner Normalweg – einst und heute“ mit zwei Terminen im Juni und September. Höhepunkt des Jubiläumsjahres wird das zweitägige 150-Jahr-Fest vom 19. bis 20. Juli 2019 sein.

 

Eine Erfolgsgeschichte in Zahlen:

• Im Durchschnitt besteigt jeder Kalser Bergführer den Großglockner 40 Mal pro Jahr.
• Pro Jahr starten 1.600 Personen einen Besteigungsversuch des Großglockners mit den Kalser Bergführern.
• 300 kg schwer ist das eiserne Kaiserkreuz auf dem Gipfel des Großglockners, das die Kalser Bergführer am 2. Oktober 1880 aufgestellt haben. 1999 wurde das Gipfelkreuz mit dem Hubschrauber ins Tal geflogen und restauriert, um es im Jahr 2000 anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums der Großglockner-Erstbesteigung in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
• 3 Hütten: Die Kalser Bergführer waren maßgeblich am Bau der Stüdl- und Erzherzog-Johann-Hütte beteiligt und erbauten in Eigenregie auch das Kalser Tauernhaus.
• Die Erzherzog-Johann-Hütte ist mit 3.454 Metern Seehöhe die höchstgelegene Schutzhütte Österreichs.

 

Text: Mariella Raffler, Kalser Berg- & Skiführer Verein/Archiv, Ramona Waldner

08. März 2019 um