„Frauenpower“ in der „Luftfahrzeugtechnik Zell am See“

Nora Anichhofer war 2007 der erste weibliche Lehrling der Luftfahrzeugtechnik Österreichs. Mit Firmengründer Ewald Pfeiffer gemeinsam leitet sie heute die Fliegerwerft Zell am See.

Ewald Pfeiffer und Nora Anichhofer sind ein eingespieltes Team – die Faszination, die von Flugzeugen und Helikoptern ausgeht, und die Leidenschaft für das Fliegen verbinden sie. Bei der Firma „Aerotechnik“ in Salzburg sind die beiden das erste Mal aufeinander getroffen. Ewald, gelernter Flugzeugmechaniker und Pilot aus Bayern, war damals technischer Leiter in der Firma, Nora absolvierte dort als erste Frau Österreich die Lehre zur Luftfahrzeugtechnikerin. „2012 gründete ich die Luftfahrzeugtechnik Zell am See und war sehr froh, dass ich Nora für mein Unternehmen gewinnen konnte. 2016 stieg sie als Geschäftsführerin ein“, erinnert sich Ewald zurück.

 

 

Ultraleichtflugzeuge, Segelflieger, Motorsegler, Propellerturbinen und Hubschrauber – in der modern ausgestatteten Fliegerwerft am Flugplatz Zell am See-Schüttdorf werden Fluggeräte aller Art inspiziert, gewartet, repariert und gepflegt. „Derzeit arbeiten wir z.B. an einer Cessna 172, an einer Diamond DA 40 oder an diesem 70 Jahre alten Helikopter Bell 47“, erzählen Nora und Ewald begeistert, als sie uns durch die Fliegerwerft führen. Die Zertifizierungen erlauben es den beiden, gemeinsam mit ihren vier MitarbeiterInnen Überprüfungen und Reparaturen aller europäischen und amerikanischen Fabrikate durchzuführen, zusätzlich auch von Fliegern, die auf der Kanalinsel Guernsey gemeldet sind.

 

 

„Die Prüfung und Überwachung der Lufttüchtigkeit von Flugzeugen und Hubschraubern gehört neben Wartungen, Instandhaltungen und Reparaturen zu unseren wichtigsten Aufgaben. Die Welt ist in unserer Branche recht klein, und die Kunden sind sehr individuell. Sie kommen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ebenso wie aus Italien oder Tschechien. Übrigens zählt auch der Flugplatz Lienz/Nikolsdorf zu unserer Klientel“, informiert Ewald. „Ich kam mit der Fliegerei zum ersten Mal mit 14 Jahren in Berührung, mit 15 flog ich erstmals allein ein Segelflugzeug. Seitdem hat mich die Fliegerei nicht mehr losgelassen. Ich schätze es sehr, dass auch Nora die Ausbildung zur Pilotin absolviert hat. Der Bereich Technik ist sehr wichtig, aber als Pilot kann man sich noch besser in die Kunden hinein versetzen und auf ihre individuellen Wünsche eingehen“, betont er.

 

 

Nora absolvierte ihren Privatpilotenschein bereits während ihrer Lehrzeit. 2015 ließ sie sich nach zahlreichen technischen Kursen und Seminaren zum „A&P Mechanic“ ausbilden. „Dabei handelt es sich praktisch um die amerikanische Ausbildung zur Luftfahrzeugtechnikerin. Diese benötige ich, um auch die Wartung amerikanischer Flugzeuge freigeben zu dürfen“, erklärt die Radstädterin, die in ihrer Jugend als Leistungssportlerin erfolgreich FIS-Rennen bestritt. 2016 verbrachte sie 2,5 Monate in Kalifornien, um die Ausbildung zur Hubschrauber-Privatpilotin zu absolvieren. „Technik hat mich immer schon interessiert. Dies hat wahrscheinlich auch damit zu tun, dass ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin und dort schon als Kind immer gerne mit angepackt habe. Die Landwirtschaft ist neben der Fliegerei auch heute noch mein wichtigstes Hobby“, erzählt die Pongauerin.

 

Flieger-Asse, enthusiastische Schrauber und Organisationsprofis – die Teammitglieder der Luftfahrzeugtechnik Zell am See eint Idealismus, Leidenschaft für den Beruf und der Wille, etwas zu bewegen – nicht nur Fluggeräte, sondern auch für die Kunden

 

Es sei eine Tatsache, dass ihr Beruf nach wie vor eine Männerdomäne ist, meint die junge Luftfahrzeugtechnikerin. „Ich habe das aber nie als Nachteil empfunden. Mit Männern arbeite ich mindestens genauso gerne zusammen wie mit Frauen.“ Als positiv sieht sie es, dass die Kunden der Werft in Zell am See ihre Kompetenz nie in Frage stellten. „Mit diesem Beruf habe ich definitiv meine Berufung gefunden. Ich möchte gerne auch andere junge Frauen dazu motivieren, in technische und derzeit noch männerdominierte Berufe einzusteigen!“

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Nikolaus Faistauer Photography

15. November 2021 um