So starten Osttiroler Freizeit- und Kulturanbieter neu durch

Der Saisonstart in der Galitzenklamm verlief positiv. Gut angelaufen ist der Karten-Vorverkauf der Stadtkultur Lienz. Die Venediger Bergführer hoffen vor allem auf Inländer.

Von der Covid-19-Pandemie, dem Lockdown und den damit verbundenen Einschränkungen waren und sind vor allem auch der Freizeit- und Kulturbereich stark betroffen. Nun wird der Betrieb in den Freizeitanlagen und kulturellen Einrichtungen langsam wieder hochgefahren – unter Einhaltung der geltenden Abstands- und Hygienevorschriften. Wir unterhielten uns mit Sigi Hatzer, dem Obmann der Venediger Bergführer und Betreiber des Kletterparks Großvenediger, mit Claudia Funder, Leiterin der Stadtkultur Lienz, und mit Werner Frömel von der Alpinplattform Lienz, über ihre bisherigen Erfahrungen und die Einschätzungen für den Rest des Sommers.

 

Die Galitzenklamm in Leisach bietet nicht nur für Kletterer unzählige Möglichkeiten, sondern mit dem Wasserschaupfad, der Wassererlebniswelt und dem Hochseilgarten unvergessliche Erlebnisse für die ganze Familie. Foto: Tirol Werbung/Bernd Uhlig

 

Die Sommersaison in der Galitzenklamm hat mit 29. Mai offiziell begonnen. Bereits ab 15. Mai – dem ursprünglich geplanten Öffnungstermin – konnten Inhaber einer Saisonkarte 2020 die Klettersteige benutzen. „Am Pfingstwochenende haben wir einen fulminanten Start hingelegt, der uns zuversichtlich für den Sommer stimmt. Das Wetter ist natürlich ein wichtiger Faktor. Im Vorjahr hatten wir einen Traumsommer ab Juni. Vielleicht können wir auch heuer wieder dieses ausgezeichnete Ergebnis mit 35.000 BesucherInnen erreichen“, hofft Werner Frömel vom Tourismusverband Osttirol, der die Galitzenklamm in Leisach betreibt. Für die KIettersteige ist die Alpinplattform Lienz verantwortlich.

Der Wasserschaupfad führt rund 40 Minuten entlang der Wasserfälle und ist auch für Kinder leicht bewältigbar. Die Klettersteige bieten alle Schwierigkeitsgarde – vom Übungsklettersteig (BC) bis zum Dopamin-Klettersteig (EF), einem der schwierigsten Klettersteige Österreichs. Die Kinder können sich am Wassererlebnisspielplatz austoben. Willi Seebacher betreibt mit seinem Team in der Galitzenklamm einen Hochseilgarten.

 

Der Wasserschaupfad in der Galitzenklamm führt entlang der faszinierenden Wasserfälle und ist für jedermann begehbar. Foto: Tirol Werbung/Frank Bauer

 

Eine Mure zerstörte im Oktober 2018 die gesamte Anlage inklusive Gastronomie. Mithilfe des Katastrophenfonds des Landes Tirol und der Wildbach- und Lawinenverbauung wurden die verschiedenen Bereiche neu errichtet. „Am 14. Juni 2019 konnten wir die neue Galitzenklamm eröffnen. Unter anderem wurde der Eintrittsbereich mit Kassa und Ausrüstungsverleih größer und attraktiver gestaltet und der Wasserlebnisspielplatz mit vielen zusätzlichen Elementen ausgestattet“, berichtet Werner Frömel. Er geht davon aus, dass „die Buchungen in Hotellerie und Gastronomie nicht so dramatisch einbrechen, wie noch im März und April prognostiziert“ und zeigt sich damit auch für die Besucherzahlen in der Galitzenklamm optimistisch.

„Die starke Frequenz am Pfingstwochenende mit Gästen aus ganz Österreich und natürlich auch vielen Einheimischen stimmt uns zuversichtlich. Beim Saisonkartenverkauf haben wir jetzt schon beinahe das Ergebnis von 2019 erreicht. Heute um Mitternacht wurden die Grenzen zu Italien geöffnet. Wir erwarten uns schon einen ersten Schwung an italienischen Gästen am kommenden Wochenende – vorausgesetzt das Wetter spielt mit“, meint Werner Frömel abschließend.

 

Der Innenhof von Schloss Bruck (Bild von einem Konzert im Kultursommer 2019). Heuer muss laut aktuellen Vorschriften ein Abstand von einem Meter eingehalten werden. Claudia Funder, Leiterin der Stadtkultur Lienz, erstellt ein eigenes Sicherheitskonzept für die Veranstaltungen auf Schloss Bruck. Foto: Claudia Funder

 

„In den Wochen, in denen die Covid-19-Pandemie zum bestimmenden Thema wurde, war das gesamte kulturelle Leben in der Stadt von den Einschränkungen massiv betroffen. Kurz vor dem Figurentheaterfestival Fantasima mussten alle Veranstaltungen abgesagt werden – vorerst für mehrere Monate“, berichtet Claudia Funder, Leiterin der Stadtkultur Lienz. Was vielen ein liebgewordenes Freizeitvergnügen und selbstverständliche Freude war, wurde plötzlich „weggesperrt“. Kultur konnte nur noch aus der Distanz wahrgenommen werden. „Vieles verlagerte sich vorübergehend ins Internet – das war eine Alternative, aber kein Ersatz. Was den heimischen Kulturfreunden längst schmerzlich fehlt, ist die ,echte‘ Kultur – mit Begegnung, gemeinsamem Erleben und Austausch“, so Funder.

 

Stadtkultur-Leiterin Claudia Funder: „Was sich im heurigen Kultursommer stark ändern wird, ist wohl die Spontanität. Ungeplant ein Event des Kultursommers zu besuchen, ist heuer aufgrund der Vorschriften nicht möglich. Zutritt gibt es aufgrund der strengen Vorgaben ausschließlich auf Vorreservierung.“ Foto: Bernd Lenzer

 

Das Sommerprogramm auf Schloss Bruck startet am Samstag, 4. Juli, mit der mitreißenden, musikalisch-literarischen Abenteuerreise „Der freiwillige Hofnarr“. Peter Prosch kommt dabei gewissermaßen mit seinen eigenen Memoiren zu Wort. Neben Volkstänzen seiner Heimat Tirol erklingt vor allem die Musik seiner Zeitgenossen Joseph und Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. „Die Besucherzahlen sind stark begrenzt – laut derzeitigem Stand dürfen 80 Personen im Innenhof des Schlosses Platz nehmen. Wir haben alles genau ausgemessen, um den derzeit vorgeschriebenen Abstand von einem Meter einhalten zu können. Auf die freizuhaltenden Sessel werden wir lustige Platzhalter geben“, so die Stadtkultur-Leiterin.

 

Neben dem gebürtigen Lienzer Herbert Lindsberger (Viola) wirken in der musikalisch-literarischen Abenteuerreise „Der freiwillige Hofnarr“ auch Michael Kaupp (Violine), Detlef Mielke (Cello), Johannes Gasteiger (Kontrabass) und Daniel Kartmann (Erzähler, Perkussion, Gesang) mit.  Foto: Monika Pacher

 

Trotz Hygienevorschriften, Abstandsregeln und begrenzten Besucherzahlen sei der Karten-Vorverkauf gut angelaufen, berichtet Claudia Funder. „Die Einschränkungen wirken zumindest im Kulturbereich für das Publikum nicht abschreckend. Die Vorfreude auf Live-Konzerte und Theaterveranstaltungen scheint nach der Ausnahmesituation groß zu sein. Für manche Abende – so z.B. auch für den ,Freiwilligen Hofnarr‘ und das Konzert mit der ,Wiener Tschuschenkapelle‘ – werden die Karten bald ausverkauft sein. Für 9. Juli konnten wir den Theaterwagen Porcia aus Spittal an der Drau organisieren. Die Veranstaltung wird am BORG-Areal über die Bühne gehen. Eine Kunstaktion ist für 15. Juli am Gelände von Schloss Bruck geplant. Aus vielen Anfragen weiß ich, dass die Sehnsucht nach Kulturveranstaltungen groß ist. Deswegen bin ich für den Lienzer Kultursommer optimistisch, und ich freue mich, dass wir ,echte‘ Kultur mit Begegnungen und Austausch ab 4. Juli wieder aufleben lassen können“, so Claudia Funder abschließend.

 

Bergführer Sigi Hatzer mit einer Gruppe auf dem Gipfel des Großvenedigers. Foto: Tirol Werbung/Jens Schwarz

 

Sigi Hatzer ist Obmann der Venediger Bergführer und betreibt seit Mai 2013 den Kletterpark Großvenediger im Prägratner Ortsteil Hinterbichl gleich nach dem Parkplatz Ströden am Weg zu den Umbalfällen. Hauptsächlich führen die Bergführer ihre Gäste auf den Großvenediger. „Beliebte Touren sind unter anderem auch die Venediger Krone, die Alpenkönigroute, die Simonyspitze oder die Dreiherrenspitze. Wir veranstalten auch eine Hochtourenwoche, bei der in sieben Tagen 11 Dreitausender bestiegen werden, und begleiten unsere Gäste auch auf dem Alpen Pilgerweg oder auf Klettersteigen“, berichtet Hatzer vom Angebot der Venediger Bergführer. Die Buchungslage sei aufgrund der Pandemie und des dadurch geänderten Freizeit- und Reiseverhaltens bei weitem nicht auf dem Niveau vergangener Jahre.

 

Sigi Hatzer: „Das vorgeschriebene Abstand-Halten ist bei Bergtouren sowieso obligatorisch, vor allem auch wenn wir am Seil unterwegs sind. Verzichten müssen werden wir im heurigen Sommer auf Umarmungen am Gipfel.“ Foto: Tirol Werbung/Jens Schwarz

 

„Unsere Erwartungen für die Sommersaison sind nicht allzu hoch, besonders auch was den ausländischen Gast betrifft. Vielleicht verbessert sich die Buchungslage, wenn jetzt die Grenzen wieder aufgehen. Vor allem hoffen wir auf Inlandsgäste“, so der Bergführer. Eine professionelle Vermarktung, um die potenziellen Gäste für Urlaub in den Bergen und in der Natur zu begeistern, sei hier besonders wichtig. „Die Werbung für Osttirol ist in den letzten Wochen aber gut platziert worden. Wir hoffen, dass wir so neue Gäste für unsere Destination gewinnen können, auch über das Jahr 2020 hinaus“, so Hatzer, der aber zu bedenken gibt, dass viele Menschen nach der Corona-Pandemie auch finanzielle Sorgen plagen. „Die unsichere Situation am Arbeitsmarkt wird wohl dazu führen, dass so mancher jeden Euro zwei Mal umdrehen muss. Außerdem haben zahlreiche potenzielle Gäste ihren Urlaub für heuer schon verbraucht.“

 

Im Kletterpark Großvenediger können die Gäste aus zehn verschiedenen Parcours in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Höhen von 1,5 bis 12 Metern wählen. Ein Flying Fox Parcours mit zehn Längen, eine Riesenschaukel mit 12 m Höhe und 20 m Pendel sowie ein Slackline-Parcours gehören ebenfalls zum Angebot. Foto: Kletterpark Großvenediger

 

Sigi Hatzer befürchtet, dass diese Unsicherheiten am Tourismus- und Urlaubsmarkt auch vor seinem Kletterpark Großvenediger nicht Halt machen werden. Insgesamt zehn Parcours verschiedener Schwierigkeitsgrade und Seilrutschen mit rund 700 Metern Länge werden angeboten. „Der Anteil der Urlaubsgäste beträgt rund drei Viertel. Der größte Teil der Gruppen sind Familien mit Kindern, aber auch Freundeskreise, Sportvereine und ab und zu eine Schule oder eine Firma genießen die Bewegung und den Spaß in unserem Park mitten in der Natur. Weil vor allem auch Familien mit Kindern heuer verstärkt über engere finanzielle Verhältnisse verfügen, rechne ich auch im Kletterpark mit stärkeren Umsatzeinbußen. Vielleicht können wir diese Mindereinnahmen aber ebenfalls mit Gästen aus Österreich ein wenig einbremsen“, hofft der Prägratner Bergführer.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Tirol Werbung, Claudia Funder, Bernd Lenzer, Kletterpark Großvenediger

16. Juni 2020 um