Sexten: Vom Profi-Snowboarder zum Kulinarik-Künstler

Terence Hill und Giorgio Napolitano sind nur zwei der Promis, die regelmäßig im Gasthof „Waldruhe” einkehren, um sich von Stefan Senfter kulinarisch verwöhnen zu lassen.

Stefan kommt ins Schwärmen, wenn er in seinem Album – voll mit Fotos und Zeitungsberichten – blättert und von seiner spannenden Vergangenheit als Profi-Snowboarder erzählt. „Als 1996 in Sexten eine ISF-Veranstaltung stattfand, hat das mich und meine Freunde so begeistert, dass wir mit dem Snowboarden auf unserer Halfpipe begonnen haben. Zu dieser Zeit war ich gerade dabei, im Gasthof meiner Eltern eine Kochlehre zu absolvieren. Jede freie Minute verbrachte ich auf der Piste”, blickt der
heute 37-Jährige zurück.

 

Stefan Senfter: „Die Grundprinzipien von Slow Food faszinieren mich. Erst im letzten Winter bin ich mit meiner Frau Monika in den US-Bundesstaat Montana und in die kanadische Provinz Alberta gereist. Wir waren bei Freunden auf einem Bauernhof zu Gast, die dort quasi als Selbstversorger leben.”

 

Irgendwann kam die Anfrage von Benetton Sportsystem und ein Angebot, Profi-Snowboarder zu werden. Stefan, der zuvor die Kochlehre abgeschlossen hatte, sagte zu und startete seine sportliche Karriere, die ihn bei Wettbewerben bis zum italienischen Vizemeister-Titel im Big Air führte. 12 Jahre lang reiste er, gesponsert vom bekannten Board-Hersteller Burton, zu Fotoshootings, Contests und Partys. „Das Reisen hat mir sehr viel Spaß gemacht. Immer wieder war auch Mammoth Lakes auf der Ostseite des Sierra-Nevada-Gebirgszuges im Inyo National Forest – damals so etwas wie das Zentrum der Snowboard-Szene – mein Ziel“, erklärt er und berichtet davon, dass er seinen Spitznamen „Lo Speck“ wohl dem Nachnamen Senfter und der Assoziation mit der bekannten Südtiroler Speckmarke verdanke.

 

 

Mit dem Dasein als Profi-Snowboarder erfüllte sich Stefan, wie er sagt, einen Kindheitstraum. Das coole Leben in der Szene, Reisen und viele neue Freunde – das bedeutete ihm enorm viel. „Ich habe die Zeit in vollen Zügen genossen!“ Nach 12 Jahren stand er dann aber vor der Herausforderung, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Er übernahm die Küche des elterlichen Gasthofes und wagte erneut, wie einst beim Profisport, den Sprung ins kalte Wasser. „Das Leben als Snowboarder gab ich auf und kehrte in das kleine Dorf Sexten mit 1.800 Einwohnern zurück”, schmunzelt der Südtiroler. Hier im Berggasthaus „Waldruhe”, idyllisch oberhalb von Sexten auf rund 1.600 Metern Seehöhe gelegen, kann man heute „Lo Specks“ kulinarische Kreationen genießen.

 

 

Von der Zirbenstube und der Terrasse aus eröffnet sich den Besuchern, Einheimischen wie Urlaubern aus aller Welt, ein herrlicher Panoramablick auf die Dolomiten. „Gäste aus China, Amerika und sogar aus Saudi Arabien haben schon den Weg herauf zu uns gefunden”, freut sich Stefan darüber, dass sich der gute Ruf des Familienbetriebes immer mehr herumspricht. Im Umgang mit dem internationalen Publikum kommt ihm seine Vergangenheit als Profi-Snowboarder sehr entgegen. „Mir ist es wichtig, offen gegenüber allen zu sein. Bei uns wird jeder persönlich begrüßt. Spezielle Anliegen und Wünsche bespreche ich gerne direkt mit meinen Gästen.”

 

 

Die Basis von Stefans Küche sind traditionelle Gerichte, wie sie schon seine Oma und Mama gekocht haben. „Hirschfilet mit Steinpilzen”, „Schweinshaxe mit Speckknödel und Sauerkraut” oder „Tirtlan mit Topfen und Spinat“ – das sind nur einige der typischen Tiroler Gerichte, die im Berggasthof „Waldruhe” auf den Tisch kommen. „Gut, sauber, fair” – Stefan ist es besonders wichtig, nach den Grundprinzipien von „Slow Food” zu kochen. „Der Speck und das Fleisch kommen vom angeschlossenen Bauernhof, den mein Vater und mein Bruder betreiben. Um den Garten, in dem Salat, Gemüse und Kräuter wachsen, kümmere ich mich gerne auch selbst. Das Wild beziehe ich von heimischen Jägern. Besonders gerne verarbeite ich Steinpilze und Pfifferlinge aus den Sextener Wäldern. Ich verwende für meine Gerichte immer das, was uns die Natur gerade anbietet – jetzt im Frühjahr beispielsweise auch Spargel.”

 

 

Der Berggasthof „Waldruhe” bietet nicht nur Stefans bodenständige Kulinarik, sondern auch gemütliche Zirben-Zimmer an. „Dass Teile der Dolomiten von der UNESCO zum Weltnaturerbe erhoben worden sind, hat sicher auch dazu beigetragen, dass die Destination Sexten immer mehr Zuspruch erhält. Eine gesunde Mischung aus Bodenständigkeit und Weltoffenheit zu leben, ist uns als Gastgeber besonders wichtig”, hält Stefan fest. Der Erfolg gibt ihm und seiner Familie Recht. In der Zirbenstube sitzen Wandertouristen neben Slow-Food-Gourmets und alten Snowboard-Kollegen.

 

 

Regelmäßig kommen auch bekannte Persönlichkeiten aus Film, Gesellschaft und Politik in den Gasthof hoch über Sexten. „Filmstar Terence Hill oder MotoGP-Weltmeister Marco Lucchinelli durfte ich schon bei uns begrüßen. Auch der ehemalige italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano oder der Südtiroler Bischof Ivo Musser essen regelmäßig in unserer Zirbenstube.“ Im Winter zieht es Stefan, wann immer es seine Zeit erlaubt, auf die Pisten der Region. Dann legt er den Kochlöffel zur Seite und holt sein Board aus dem Keller. „Das Snowboarden wird immer Teil meines Lebens bleiben. Wichtig ist mir auch, alte Freundschaften aus meiner Zeit als Profi-Snowboarder zu pflegen!“

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: wisthaler.com

11. Mai 2019 um