Rotes Kreuz Osttirol: Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte

Lois Außersteiner ist nach einem schweren Unfall wieder genesen. Nun bedankte er sich beim Team des Roten Kreuzes Osttirol und bei der Crew von Christophorus 7 für ihren Einsatz.

Fast täglich lesen und hören wir von tragischen Unfällen, sehen Bilder davon im Fernsehen und denken auch oft darüber nach, was wohl in den Familien- und Bekanntenkreisen dieser Betroffenen nach solchen Ereignissen vor sich geht. Nicht immer kann geholfen werden, manchmal dauert es zu lange, bis die Patienten erreicht werden können. Manchmal ist niemand da, der den Rettungsdienst rufen kann und manchmal gibt es aufgrund der Schwere der Verletzungen gar keine Chance, lebensrettend zu helfen.

Weihnachtliche Geschichten handeln meist vom Geben und Nehmen, von Dankbarkeit und auch von Zufällen und Wundern. All diese Zutaten enthält auch diese Weihnachtsgeschichte, die ganz unauffällig und unscheinbar beginnt.

An einem Nachmittag im Juni 2023 fährt ein Mann auf der Felbertauernstraße mit seinem Auto von Ainet kommend an Oberlienz vorbei in Richtung Lienz, als er, zufällig nach rechts blickend, nahe der Abfahrt Vorstadtl Ost an einem Bauernhof, „etwas einem menschlichen Körper Ähnliches“ von einem Baugerüst in die davor liegende Wiese fallen sieht. Instinktiv hält der Mann an und schaut nach, was passiert ist. Recht schnell findet er in der Wiese liegend einen Mann vor, der zunehmend schlechter reagiert und nur kümmerlich auf Fragen antworten kann. Sofort verständigt der Autofahrer den Rettungsdienst, und die Leitstelle unterstützt ihn telefonisch bei seinen Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Binnen weniger Minuten treffen ein Rettungs- und ein Notarztteam am Unfallort ein. Dort schildert der Patient unter merkbarer Anstrengung sein Befinden – aktuell keine Schmerzen, aber ein starkes Schwindelgefühl zu haben. Außerdem – und das besorgt alle mehr – erwähnt der Patient auf Nachfrage, zunehmend seine Beine nicht mehr zu spüren und auch seine Arme nicht mehr bewegen zu können.

Vor den Augen aller entwickelt sich eine potenziell vollständige Querschnittslähmung, die sehr rasch, so befürchtet das Notarzteam, zu Atemlähmung und Kreislaufversagen führen kann, was sich später auch bewahrheiten sollte. Einerseits war nun Eile geboten, andererseits war aber auch höchste Vorsicht nötig, um bei Lagerung und Erstversorgung des Unfallpatienten nicht noch zusätzliche Schäden zu erzeugen.

Schnell war auch klar, dass neben den notwendigen Maßnahmen, wie einer Stabilisierung der Körperachsen und der Etablierung eines Monitorings, vor Ort für den Patienten nicht viel gemacht werden kann. Aus diesem Grund entscheidet man sich zur Hinzuziehung eines Notarzthubschraubers zum schonenden Transport des Patienten in die neurochirurgische Abteilung der Klinik Innsbruck, wo die definitive operative Versorgung von Spezialisten durchgeführt werden kann.

Beim während der Anflugzeit des Hubschraubers zunehmend eintrübenden Patienten setzen schließlich Atmung und Kreislauf aus, was eine Reanimation notwendig macht. Dies ist auch der Moment, ab dem der Patient sich nicht mehr an das Vorgehen erinnern kann. Die Reanimationsbemühungen zeigen sich glücklicherweise erfolgreich, und der Verunglückte wird schließlich vor Ort in Narkose versetzt und ab dann künstlich maschinell beatmet. Der Kreislauf wird durch Medikamente stabilisiert – und er wird insbesondere darauf geachtet, die verletzte Wirbelsäule nicht zu belasten. Anschließend erfolgt der zügige Lufttransport in die Universitätsklinik Innsbruck.

In der dortigen neurochirurgischen Abteilung werden unter anderem die gebrochenen Halswirbelkörper operativ stabilisiert und verschraubt. Für vier Tage benötigte der Patient in der Folge eine sogenannte Nachbeatmung und wachte am fünften Tag nach der Operation auf. Im Anschluss an die wiedergewonnene Eigenatmung traten Lungenprobleme auf, die aber erfolgreich überwunden werden konnten. Erst langsam entwickelte sich die körperliche Wahrnehmung wieder zurück, die Fähigkeit zur gezielten und kontrollierten Bewegung kommt nach und nach, insbesondere nach vielem Üben wieder.

Nach vielen Monaten des Hoffens und des Kampfes sowie der liebevollen Unterstützung durch seine Angehörigen und Freunde besuchte Lois Außersteiner am 11. November 2023 die MitarbeiterInnen des Roten Kreuzes in Lienz. Gemeinsam erinnerte man sich an die dramatischen Minuten und Stunden nach dem Unfallereignis und freute sich über die Wiederherstellung und das wieder gewonnen Lebensglück.

Bei Weihnachtsgebäck und Kletzenbrot entwickelte sich in entspannter Atmosphäre zwischen dem Team des Roten Kreuzes, der Crew von Christophorus 7 und dem Patienten ein lebhafter Gedankenaustausch. Lois Außersteiner schilderte eindringlich sein Erleben am Unfallort und seine Gefühle während der folgenden Wochen. Das Gefühl des Gut-aufgehoben-Seins sowie die kompetente Hilfe betonte er mehrmals, was die Helferinnen und Helfer sehr dankbar machte.

Es ist unglaublich und wunderbar, dass nach einer dermaßen dramatischen Verletzung eine so weit gehende Genesung möglich ist. Auch und ganz besonders brauchte es das Glück und den Zufall, dass der Sturz überhaupt von jemandem bemerkt wurde.

„Mit dieser besonderen Geschichten wünschen wir allen ein wunderbares Weihnachtsfest voller Gesundheit, Dankbarkeit, Geben und Nehmen, Gut-aufgehoben-Sein und auch glücklicher Zufälle“, so die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Roten Kreuzes Osttirol.

 

Text: Alfred Luneschnig, Stephan Hofmann, Foto: Nives Luneschnig

19. Dezember 2023 um