Pfarrer Otto Großgasteiger: Seelsorger mit starkem Glauben und viel Humor

Sein „Diamantenes Priesterjubiläum“ feiert Pfarrer Cons. Otto Großgasteiger am kommenden Sonntag, 28. Juni. Wir besuchten den beliebten Seelsorger im Widum in Nußdorf.

„Wenn Gott will, dann will ich auch“ – dies war schon der Primizspruch von Pfarrer Otto Großgasteiger im Juli 1960. Sechzig Jahre später feiert er das „Diamantene Priesterjubiläum“. Und auf der Einladung zu dieser Feier steht wieder der gleiche Spruch. Auf der Vorderseite ist der Seelsorger bei einer Messfeier im Rahmen einer Israelreise im Jahre 2011 zu sehen.

Geboren wurde Otto Großgasteiger am 27. Juni 1936 in Untertilliach. „Wir waren insgesamt sieben Geschwister. Mein Großvater hatte ein kleines Bauerngut. Unsere Familie ist später nach Lienz übersiedelt. 1947 bin ich in das Bischöfliche Gymnasium Paulinum in Schwaz eingetreten und habe dort im Jahre 1955 maturiert. Danach studierte ich an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck“, erzählt der Pfarrer.

 

„Die Messfeier ist für mich kein Event, sondern ein Fest des Glaubens. Vom Geheimnis des Glaubens sprechen wir nach jeder Wandlung!“

 

Bereits als Kind wollte Otto Großgasteiger Priester werden. „Als Ministrant habe ich unseren Pfarrer in Untertilliach, Franz Jörg, sehr bewundert. Er hat sich auch sehr gefreut, dass ich Priester werde. Zu meiner Primiz konnte er aber leider nicht kommen, weil er schwer erkrankt ist. Einige Tage nach meiner Primiz starb er“, erinnert sich Großgasteiger zurück. Am 2. Juli 1960 wurde er in Lienz/St. Andrä zum Priester geweiht, einen Tag später feierte er dort seine Primiz. Die ersten Stationen seines Priesterlebens waren jene als Kooperator in Telfs (1960-1963), Kooperator in Innsbruck/St. Paulus (1963-1966) sowie Kooperator und später Pfarrvikar in Innsbruck/St. Nikolaus (1966-1981). Von 1981 bis 1983 wirkte Großgasteiger als Pfarrer in Innsbruck/Hungerburg. „1983 kehrte ich als Pfarrer von Nußdorf in meine Osttiroler Heimat zurück. Von 1989 bis 2008 war ich zusätzlich Pfarrer in Grafendorf/Gaimberg.“ Im Jahre 2008 erhielt Großgasteiger die Ehrenringe der beiden Gemeinden Nußdorf-Debant und Gaimberg.

 

„Ehrungen bedeuten mir nicht viel. Sie sind für mich nichts anderes als ein kleiner Dank und die Bestätigung, dass die Leute froh sind, dass man für sie da ist, und dass sie zufrieden sind mit dem, was man tut. Die gute Zusammenarbeit in der Pfarre, in der Gemeinde und mit den Bürgermeistern war mir immer sehr wichtig – und das hat sowohl in Nußdorf-Debant als auch in Gaimberg stets hervorragend funktioniert.“

 

2014 erkrankte Otto Großgasteiger schwer. „Ich habe die Verwaltung der Pfarre abgegeben. Nun bin ich ständiger Aushilfspriester im Seelsorgeraum Sonnseite und als Pfarrer für Nußdorf, Debant und das Wohn- und Pflegeheim in Debant zuständig. Ich bin sehr froh, dass ich in meinem hohen Alter noch eine Aufgabe habe. Eine Aufgabe gibt dem Leben Sinn und Erfüllung“, betont der Seelsorger. Am Sonntag, 27. Juni, einen Tag nach seinem 84. Geburtstag, feiert er in Nußdorf sein „Diamantenes Priesterjubiläum“. In diesem Zuge wird ihm auch die Ehrenbürgerschaft der Marktgemeinde Nußdorf-Debant verliehen. Der Gemeinderat hat die Ehrenbürgerschaft für Otto Großgasteiger am 6. Juni 2020 einstimmig beschlossen.

Die Verkündigung nennt Pfarrer Großgasteiger als seine wichtigste seelsorgerische Tätigkeit. „Ohne Verkündigung kommt es zu keinem Glauben. Die Verkündigung und die Predigt gehören zu den schönsten, gleichzeitig aber auch zu den schwierigsten Aufgaben eines Priesters.“ Die Begegnungen mit den Menschen und vor allem der Humor sind für den 83-jährigen Pfarrer ebenfalls wichtige Elemente seines seelsorgerischen Wirkens. „Als Seelsorger muss man für die Leute da sein – in guten wie in schlechten Zeiten. Der Humor ist für mich immer eine wunderbare Brücke zu den Leuten. Mit Ausnahme von tragischen Anlässen gehört der Humor für mich immer dazu!“

 

„An die Zeit des Zweiten Weltkrieges und an den Zusammenbruch im Jahre 1945 kann ich mich noch ganz genau erinnern. In jedem Dorf – so auch in Untertilliach – gab es einen Spitzel der Nationalsozialisten. Während des Krieges ging in den Dörfern die Angst um. Nach dem Zusammenbruch wurden die Spitzel zu Gejagten. Züge von Soldaten bewegten sich Richtung Heimat, viele von ihnen hatten einen Leiterwagen mit. Manche Soldaten haben ihren Waffenrock ausgezogen und weggeworfen. Wir Kinder haben diese Röcke angezogen und Soldaten gespielt – freilich ohne zu wissen, welche unfassbar schrecklichen Dinge während des Krieges passiert sind.“

 

Otto Großgasteiger ist bekannt als ausgezeichneter Gesprächspartner – nicht nur was seine Funktion als Seelsorger, sondern auch was philosophische und historische Themen betrifft. Besonders gerne erzählt er auch von seinem Aufwachsen in Untertilliach während und nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren. „Ich kann mich noch genau an den Krieg und an die Zeit nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches im Jahre 1945 erinnern. In Staffeln zu 20 bis 30 Bombern flogen die Alliierten von Italien kommend Richtung Lienz und legten dort den Hauptplatz in Schutt und Asche. Auch den Einmarsch der Engländer habe ich in deutlicher Erinnerung. Die Soldaten haben uns ihre Feldflaschen entgegengestreckt, und wir Kinder haben sie mit Wasser gefüllt. Dafür haben wir von den Engländern Schokolade bekommen – das erste Mal in unserem Leben“, erinnert sich Otto Großgasteiger an seine Kindheit in den Wirrnissen des Zweiten Weltkrieges und an die entbehrungsreiche Zeit danach zurück.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute/Mühlburger

23. Juni 2020 um