Osttiroler auswärts: „The famous Oberlohrs“ aus Kals am Großglockner

Weltweit findet man OsttirolerInnen, die sich fernab ihrer alten Heimat erfolgreich neue Existenzen aufbauen konnten. Dies gilt auch für vier Brüder aus Kals a.G.

Sie machten sich zwischen 1966 und 1969 auf den Weg, um als Skilehrer, Musiker, Sänger und Plattler das Vail und Eagle River Valley in Colorado/USA zu erobern. Drei von ihnen, Rupert (79), Konrad (76) und Hans (74) leben heute noch dort und haben, weitum bekannt als „The Oberlohrs“, mit ihren Familien und Partnern dazu beigetragen, das heute zweitgrößte Skiresort der USA aufzubauen. Ein Bruder, Josef Oberlohr (80), kehrte 1975 wieder nach Kals zurück, um dort den elterlichen Hof zu übernehmen und ein Landmaschinen-Handelsunternehmen zu gründen. Seine Tochter Jasmin ist heute eine bekannte Rechtsanwältin in Innsbruck mit Sprechstelle im City Center in Lienz und Funktionärin der Tiroler Rechtsanwaltskammer.

 

Die vier Oberlohrs (am Bild auf dem Gipfel des Großglockners) waren bereits vor ihrem Aufbruch nach Amerika als „Glockner-Buebm“ bekannt.

 

Rot-Weiß-Rote Spuren
Im erst 1962 offiziell gegründeten US-Nobel-Skiort Vail in Colorado sind bis heute viele rot-weiß-rote Spuren der aus Österreich stammenden Mitbegründer zu finden. Ihre Familien besitzen auch heute noch Hotels, Restaurants und andere Unternehmungen. Zahlreiche Bauten des Ortes, in dem rund 4.850 Einwohner leben, es gleichzeitig aber über 30.000 Gästebetten und über 5.000 Freizeitwohnsitze gibt, könnten auch in Tirol, Salzburg oder Bayern stehen. Aufwändige Holzbalkone mit Blumenschmuck und gemauerte Steinfassaden zieren im „Alpine Style“ viele Häuser. Nicht wenige der Pioniere sind durch den Verkauf ihrer ursprünglichen Liegenschaften angesichts der im Ort periodisch stattfindenden Immobilienpreis-Explosionen im Laufe der Zeit zu Dollar-Millionären geworden.

 

Den „Alpine Style“ findet man im bekannten Skiort sprichwörtlich an jeder Ecke.

 

Das Gebiet um das Vail und Eagle River Valley ist skitechnisch vor allem für seine „Back Bowls“ bekannt und wurde 1962 mit einer ersten Gondelbahn erschlossen. 1989, 1999 und 2015 fanden hier alpine Skiweltmeisterschaften statt. „The greatest ski-racer of all time“, Michaela Shiffrin, lebt in Edwards bei Vail und auch Lindsey Vonn hatte in Vail, dessen Ski- und Snowboardclub sie angehört, über 25 Jahre ihren Wohnsitz.

 

Die Aufnahme entstand 2015 im Rahmen der Ski-WM in Vail. Der Kalser Profifotograf Hans Groder lichtete die „Oberlohr-Brothers“ ab, die offensichtlich auch Jahrzehnte nach ihren ersten Auftritten im legendären In-Lokal „Blue Cow“ noch den alpinen Swing im Blut haben.

 

Ski- und Tourismuspioniere in Colorado
Zu den zweifellos schillerndsten Persönlichkeiten mit Wurzeln in Österreich gehören in Vail die Gramshammers, die Langeggers, die Stadlers, die Lareses oder die Staufers. Josef „Pepi“ Gramshammer (1932 bis 2019) kam beispielsweise als Profi-Skirennläufer nach seiner Karriere im österreichischen Skiteam in die USA und verdiente sich dort das Startkapital für seine späteren Hotelanlagen. Mit dem aus Südtirol stammenden Ludwig Kurz, dessen Familie in den 1930ern nach Salzburg optiert hatte, gab es in Vail in den 2000er-Jahren sogar einen „österreichischen“ Bürgermeister. Er hatte bereits in den 1960ern die Leitung der Skischulen in Vail und Beaver Creek übernommen.  Nach seinem Einzug in den Gemeinderat, dem auch einige Österreicher angehörten, wurde er zum „Mayor” Vails bestimmt. Ab 1966 engagierten sich mehrere der vorgenannten Familien am Bau des „Blue Cow“, des späteren Nobelrestaurants „The Tyrolean“. Der originelle „Österreicher-Schmäh”, gepaart mit dem typischen „Alpine Style“ und fundiertem touristischen Wissen sowie den damals weltweit gefragten, skitechnischen Fähigkeiten der „Skination Nummer 1”, haben Vail ohne Zweifel zu seinem, in den USA einzigartigen Charakter verholfen. „Alles, was mit Austria zusammenhängt, hat nach wie vor ein positives Image“, so das Credo der rotweiß-roten Pioniere, darunter auch Rupert Oberlohr aus Kals am Großglockner.

 

Das „Blue Cow“ wurde zu einer Ikone des aufstrebenden Skiortes Vail. „The Oberlohrs“ veranstalteten hier typische „Tiroler Abende“. Beim „Holzhacker“ flogen die Späne bis auf die Steak-Teller der Gäste.

 

The Oberlohr-Brothers in Vail und Hawaii
Ab 1966 kamen „The Oberlohr-Brothers“ ins Spiel: Rupert war der erste, der im Rahmen seiner, am Arlberg absolvierten Ausbildung zum staatlich geprüften Skilehrer und Skiführer über den „großen Teich” nach Colorado wechselte. „In den frühen Jahren brachten wir tagsüber z.B. Clint Eastwood oder Robert Redford das Skifahren bei. Skilehrer aus Europa waren damals sehr gefragt“, erinnert sich Rupert zurück. „Unsere Ausrüstung bestand anfangs noch aus genagelten Schuhen, Schnürsenkeln aus einem alten Seil, einer Keilhose und hölzernen Latten. Am Abend spielten wir in Aprés-Ski-Lokalen und Restaurants auf, wo sich u.a. Barbara Streisand, Michael Landon und manchmal sogar Ex-Präsident Gerald Ford unter die Gäste mischten.“ Rupert Oberlohr gilt auch heute noch als gefragter Ziehharmonika-Spieler und Gitarrist, etwa bei Geburtstagsfeiern prominenter US-Amerikaner oder befreundeter Auslandsösterreicher und Auslandseuropäer. 2016 spielte er beim 97sten Geburtstag seines Freundes Klaus Obermeyer, einer Ski-Sport-Legende aus dem Allgäu in Aspen/Colorado, auf. Obermeyer war u.a. Erfinder der Daunenjacke, des Ski-Stoppers und jahrelanger Privatskilehrer von Hollywood-Star Gary Cooper. Klaus äußerte gegenüber Rupert auch seinen Wunsch, „100 Jahre Skifahren“ noch erleben zu dürfen: „When I´m 103 years old, I will have skied 100 years!“ Dieser wohl weltweit einzigartige Wunsch ging am 2. Dezember 2022 tatsächlich in Erfüllung, bei seinem 103. Geburtstag. Und Rupert Oberlohr spielte wieder auf…

Rupert Oberlohr besaß früher auch ein Haus auf Hawaii. Dort besuchte ihn 1986 das „Goldried Quintett“, das beim „Oktoberfest“ in Honolulu aufspielte. Der Matreier Roland Mühlburger schwärmt bis heute von der besonderen Gastfreundschaft Ruperts.

 

Viele Jahre pendelte Rupert auch zwischen Vail und Hawaii hin und her, wo er ein eigenes Haus besaß, das er zwischenzeitlich verkauft hat. Roland Mühlburger, Leiter des Matreier „Goldried Quintetts“, war dort 1986 mit seinen Musikanten zu Besuch und schwärmt noch heute von der einzigartigen Gastfreundschaft Ruperts. „Franzi” Ruggenthaler aus Matrei, ein Gründungsmitglied des „Goldried Quintetts“, trat übrigens ab 1970 als „Austrian yodeling star“ mit den „Oberlohr Brothers“ während der Wintersaisonen auf. In den Sommersaisonen sang sie in Kansas City. Auch Sophia Nogler aus Lienz war als Jodlerin des Öfteren in Vail mit von der Partie. Rupert Oberlohr ist nach wie vor ein hervorragender Skifahrer, hatte nach seiner Musikkarriere wie seine Brüder geschäftlichen Erfolg als Unternehmer und lebt heute mit seiner Partnerin Shelley in West-Vail.

Hans Oberlohr erinnert sich noch gut daran, wie er und seine Brüder Ende der 1960er nach Vail gelangten: „Rupert war nach seiner zweiten Saison in Übersee ein paar Tage nach Hause gekommen und hatte uns damals wie folgt motiviert: ´Sou Manda, hetz wead Englisch gelernt und donn geht’s auf nach Amerika´!“ Anfang November 1969 reisten die vier Oberlohr-Brüder dann auch wirklich mit der Icelandic Air über Reykjavik, New York und Denver gemeinsam nach Vail. „Wir sollten im `Blue Cow` spielen, für das die Eigentümerfamilien auf der Suche nach traditionellem, österreichischem Entertainment waren. Vorweg mussten wir einige Cover-Tonbandaufnahmen nach Vail schicken. Diese waren zwar von der bekannten `Großglockner-Kapelle Kals´ mit Kapellmeister Sepp Huter sowie von den ´Original Oberkrainern` mit Gründer Slavko Avsenic, haben aber offenbar Eindruck hinterlassen“, schmunzelt Hans Oberlohr. „Obwohl wir schon Mitte der 1960er-Jahre im legendären Café Tyrol in Kals professionelle ´Tiroler Heimatabende´ gestaltet haben, war das dann schon eine spannende Herausforderung!“ Hans lebt heute mit seiner aus München stammenden Frau Karen in Edwards nahe Vail. Tochter Jennifer ist Assistant-Managerin der „Vail Resorts-Security“ in Beaver Creek, Tochter Nadia wohnt derzeit in Inzing und arbeitet in einem Thermenhotel in Längenfeld im Ötztal. Beide haben ihre touristische Ausbildung an der Tiroler Hotelfachschule Villa Blanka in Innsbruck absolviert. Hans besaß ein Bauunternehmen sowie ein Büro für geologische Bauaufsicht und wickelte zahlreiche Bauprojekte, wie z.B. Reihenhäuser, erfolgreich ab. Er erfand ein eigenes Sicherheitssystem, welches in rund 120 Skigebieten in Nordamerika zum Einsatz kam und war u.a. auch US-Generalvertreter für BIOSOL, das bekannte Produkt einer Nordtiroler Firma.

 

Hans Oberlohr, ein begeisterter Fischer und Windsurfer

Stolzer Vater: Konrad Oberlohr bei der Hochzeit seiner Tochter Verena

 

Auch im Bereich der Immobilienentwicklung war er tätig. Heute genießt er, wie seine Brüder, den verdienten Ruhestand. „Wir haben vier Pferde auf der Ranch und reiten gerne aus. Im vergangenen Winter war ich rund 60 Mal Skifahren und nehme auch an Masters-Skirennen teil“, erzählt der nach wie vor in den FIS-Punktelisten zu findende, frühere Rennläufer. Hans ist auch begeisterter Fischer und Windsurfer. Ausflüge führen ihn mehrmals pro Jahr bis nach South Padre Island in Texas. Konrad lebt mit seiner aus Sölden im Ötztal stammenden Frau Monika und seiner mittlerweile verheirateten Tochter Verena in West-Vail. Verena ist als mehrfach graduierte Paramedic bzw. Koordinatorin des SCA-Programmes an der University of Colorado Denver tätig. Konrad hat in Vail ein Malerei-Unternehmen aufgebaut und reist mit seiner Familie gerne in sein Feriendomizil nach Mexiko, um auch dort seinen Ruhestand zu genießen. Neben der betrieblichen Malerei hat er zwischenzeitlich seine Leidenschaft als künstlerischer Maler entdeckt, wobei seine besondere Begabung wohl auch auf seinen Onkel Simon Oberlohr zurückzuführen sein dürfte, den weit über Osttirol hinaus bekannten „Glockner-Maler“. Konrad Oberlohr freut sich, wie seine Brüder, auf künftige Heimatbesuche. „Es ist erstaunlich, was in der Heimat in den letzten Jahrzehnten gelungen ist, wobei die private Investorenfamilie Schultz der Region sicherlich gut getan hat“, so Konrad.

In Vail selbst treffen sich auch heute noch regelmäßig „The famous Oberlohrs“ zum gemeinsamen Musizieren und Singen, vor allem bei Familienfeiern oder „at Christmas“. Sie freuen sich über Besuche aus der alten Heimat und philosophieren bei einem guten Glas Wein gerne darüber, wie ihr persönlicher „American Dream“ einst begonnen hat.

 

Text: A.K., Fotos: © AdobeStock/Kevin Ruck, privat, EXPA Groder

16. Mai 2023 um