Narrengilde Sillian: „Wir ziehen alle an einem Strang!“

Am „Unsinnigen Donnerstag“ übernehmen in Sillian wieder die Narren die Herrschaft. Wir sprachen mit Arthur Bucher über das Erfolgsrezept der „Narrenhochburg Osttirols“.

Der Startschuss für die Intensivphase des Sillianer Faschings fällt am „Unsinnigen Donnerstag“ mit der Schlüsselübergabe im Gemeindeamt. Höhepunkt des bunten Treibens wird natürlich auch heuer wieder der große Umzug am Faschingsdienstag sein. Für die Organisation zeichnet seit vielen Jahren die Narrengilde Sillian verantwortlich, die auch die beliebte Faschingszeitung „Rante Putante“ herausgibt. Wir haben bei Arthur Bucher, Obmann der Narrengilde, nachgefragt, was das Erfolgsrezept des Sillianer Faschings ist – gilt man doch weitum als die „Narrenhochburg Osttirols“.

 

Arthur Bucher, Obmann der Narrengilde Sillian: „Verrückt darf man ruhig sein auf dieser Welt, man muss es nur wissen!“ Foto: Martin Lugger

 

Nach alter Tradition werden am 11.11. jedes Jahres um 11.00 Uhr die Narren „geweckt“ – wenig verwunderlich, galt doch die Zahl 11 schon im Mittelalter als Schnaps-, bzw. als „närrische“ Zahl. An diesem Tag beginnt jedoch nicht der eigentliche Fasching, vielmehr bereiten sich die Narren ab dieser Zeit auf die so genannte „Fünfte Jahreszeit“ vor.  Auch in der Marktgemeinde Sillian, die weitum den Ruf, „Osttirols Narrenhochburg“ zu sein, genießt, ziehen die Mitglieder der Narrengilde am 11. November durch die Straßen und Lokale. „Wir stellen jedes Jahr ein anderes Thema in den Mittelpunkt“, informiert Arthur Bucher, der Obmann der Sillianer Narrengilde. „Am 11.11.2019 haben wir versucht, uns dem Abriss des örtlichen Schwimmbades humoristisch zu nähern“, meint er schmunzelnd.

 

Foto: Toni Außerlechner

 

Seit mittlerweile 25 Jahren leitet der gebürtige Sillianer, der in seinem „Brotberuf“ als Mitarbeiter beim Tourismusverband Osttirol beschäftigt ist, die Narrengilde. Die Frage, ob er ein passionierter Faschingsnarr sei, beantwortet Bucher sinngemäß mit einem Naja. „Ich bin kein typischer Faschingsfan und auch nur durch Zufall im Jahre 1988 zur Alt-Gilde, dem Vorläufer der heutigen Narrengilde, gestoßen. Seitdem ich aber Mitglied bin, setze ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Gilde alles daran, den Ruf unserer Marktgemeinde als Zentrum des Osttiroler Faschings hochzuhalten.“ Besonders stolz ist Arthur auf den Faschingsumzug, der jedes Jahr am Faschingsdienstag tausende Besucher aus der Region nach Sillian lockt.

 

Der Sillianer Fasching hat eine lange Tradition. Im Bild eine Aufnahme aus dem Jahre 1964. Die Schneelage dürfte damals wohl nicht zur Zufriedenheit aller ausgefallen sein. Foto: Archiv Marktgemeinde Sillian

 

„Die Tradition, in Sillian den Fasching zu feiern, reicht weit zurück. Ein erster Faschingsumzug ist für das Jahr 1921 belegt.“ Natürlich erlebte die närrische Zeit, wie der Obmann der Narrengilde betont, auch in seiner Heimatgemeinde Höhen und Tiefen: „Zu Beginn der 80er-Jahre war der Fasching mit Ausnahme einer Veranstaltung für Kinder an einem absoluten Null-Punkt angelangt. Einem engagierten Personenkomitee, zu dem Erwin Ortner, Gernot Vinatzer, Werner Stibellehner, Gerhard Holzer und Petra Mitteregger gehörten, ist es dann aber gelungen, dem Sillianer Fasching neues Leben einzuhauchen. Sie gründeten die so genannte Alt-Gilde, stellten die Sillianer Faschingszeitung `Rante Putante` auf die Beine und organisierten einen großen Umzug im Marktzentrum.“ Viele Jahre lang wurde die Gilde von den Mitgliedern der Theatergruppe Sillian unterstützt. Heute tritt man alleine als Organisator auf und ist „Hauptzugpferd“ des Faschingstreibens.

 

Foto: Toni Außerlechner

 

Die intensive Phase der närrischen Zeit in Sillian läutet jedes Jahr der „Unsinnige Donnerstag“ ein. An diesem Tag geht im Gemeindeamt die traditionelle Schlüsselübergabe an das Grafenpaar über die Bühne. Von da an hallt der Wahlspruch der Sillianer Faschingsnarren „Rante Putante“ besonders oft durch die Straßen und Gassen der Marktgemeinde. Den Ursprung des Wortgebildes, der sinngemäß so viel bedeutet wie „Auf geht’s“, erklärt Arthur so: „Rante Putante geht auf den Sillianer Hansl Kraler (vlg. Schmieda) zurück. Er soll, so die Überlieferung, in den 50er-Jahren bei Waldfesten beim Drehen eines knatternden Glücksrades ,Rante Putante‘ gerufen haben. Die Alt-Gilde hat den Namen übernommen und ihn damit
zum zwischenzeitlich weitum bekannten Slogan unseres Faschingstreibens gekürt. Heute ruft sogar unser Pfarrer am Faschingssonntag `Rante Putante` von der Kanzel.“

 

Foto: Toni Außerlechner

 

Wenngleich die früher so beliebten Sillianer Faschingssitzungen, welche ursprünglich von der Theatergruppe Sillian gemeinsam mit der Alt-Gilde ins Leben gerufen wurden, auch 2020 keine Wiedergeburt erleben werden – der große Faschingsumzug steht außer Zweifel. „Die Veranstaltung ist so beliebt, wir könnten es uns gar nicht leisten, den Umzug nicht zu organisieren. Die Vorbereitungen für die Auflage am 25.2.2020 laufen“, hält Obmann Arthur Bucher fest. „Details möchte ich keine verraten, aber wer im Jahresverlauf das überregionale wie regionale Geschehen verfolgt hat, kann erahnen, welche Themen im Fokus stehen werden.“

 

Die MS Sillian 550 – ein Highlight des Faschingsumzuges 2019. Foto: Toni Außerlechner

 

Besonders gerne erinnert er sich an die närrische Top-Veranstaltung im Vorjahr zurück: „25 Wägen und zusätzlich zahlreiche Fußgruppen zogen damals durch das Sillianer Ortszentrum und begeisterten die über 4.000 Besucher aus ganz Osttirol und dem benachbarten Südtirol. Wir als Narrengilde haben das 550-Jahr-Jubiläum der Marktgemeinde mit einem besonders spektakulären Wagen gewürdigt. Basierend auf einer Idee von Otto Trauner und umgesetzt in unzähligen Arbeitsstunden, hat das riesige Kreuzfahrtschiff MS Sillian 550 mit politischen und touristischen Vertretern an Bord nur knapp durch die engen Gassen unserer Marktgemeinde gepasst – ein absolutes Highlight, das uns so schnell keiner nachmacht!“ „Gelingen kann etwas derart Außergewöhnliches allerdings“, wie Arthur betont, „nur, wenn alle an einem Strang ziehen.“

 

Der „Rosenmontagsball“ im Sillianer Kulturzentrum ist neben dem Umzug ein Highlight des Faschingsspektakels in der Pustertaler Marktgemeinde. Organisiert von der Musikkapelle, findet er heuer am 23. Feber statt. Foto: Narrengilde Sillian

 

Aktuell zählt die Narrengilde Sillian 11 Mitglieder. Ihrem Engagement, scharfem Witz und nicht selten hintergründig-bösem Humor – in Sillian spricht man in diesem Zusammenhang von „späre sein“ – ist es auch geschuldet, dass die alljährliche Ausgabe der Sillianer Faschingszeitung begehrt ist wie die sprichwörtlich heiße Semmel. „Die 700 Stück, die wir jedes Jahr verkaufen, sind die Basis unseres Vereinskapitals. Nur damit und mit Unterstützung von Sponsoren können wir unsere Ausgaben stemmen. Allein für die Preise, die wir für die Prämierung der besten Faschingsgruppen bereitstellen, fallen jedes Jahr rund 4.000 Euro an!“

Zwei Besonderheiten des Faschingsumzuges will der Obmann der Narrengilde abschließend nicht unerwähnt lassen: „Ich freue mich als Moderator des Umzuges immer sehr, wenn ich eines unserer Faschings-Urgesteine, nämlich Anton Rainer-Pranter, unter den Teilnehmern begrüßen kann. Mit dabei ist jedes Jahr auch der deutsche Urlaubsgast Gerhard Scheer. Man könnte ihn auch den `Mann der 100.000 Faschingsbilder` nennen – schließlich fängt er das bunte Treiben am Faschingsdienstag in unserer Marktgemeinde schon seit über 30 Jahren mit seiner Kamera ein.“

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: Narrengilde Sillian, Martin Lugger, Toni Außerlechner, Archiv Marktgemeinde Sillian

17. Februar 2020 um