Mariloise Jordan aus Fusch fertigt kunstvolle Ostereier

Die 83-jährige Künstlerpersönlichkeit ist weit über den Pinzgau hinaus als Fahnenstickerin, Restauratorin und Kunstmalerin bekannt – jetzt sind vor allem ihre Ostereier gefragt.

Wie klein unsere Welt doch ist! Dies wird mir bei unserem Besuch im gemütlichen und mit vielen Schätzen ausgestatteten Heim von Mariloise Jordan wieder einmal bewusst. Mitten in ihrem Rückblick auf ihr abwechslungsreiches Leben und ein überaus reiches Kunstschaffen erzählt die Salzburgerin uns – der Redakteurin und dem Fotografen aus dem Bezirk Lienz – dass ihre Wurzeln eigentlich in der Iseltaler Marktgemeinde Matrei liegen. „Ich stamme von dem Matreier Alban Stampfer ab“, sagt Frau Jordan und berichtet davon, dass einer ihrer Vorfahren später nahe der Stadt Salzburg eine neue Heimat gefunden habe. Sie selbst ist mit rund vier Jahren gemeinsam mit ihren Eltern nach Fusch an der Großglocknerstraße übersiedelt und seitdem dort wohnhaft geblieben. In Fusch hat die heute 83-Jährige, so ihre Erinnerung, schon als Kind gerne gemalt.

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„Ich habe jede Gelegenheit dazu ergriffen, wenn ich nur irgendwo Papier und Stift in die Hände bekam.“ Mitten in den Wirren des Zweiten Weltkrieges aufgewachsen, war es für die 17-Jährige wenige Jahre nach Kriegsende dann aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit, eine kreative Karriere einschlagen zu können. Ihr Wunsch, eine Kunstschule zu besuchen, erfüllte sich nicht. Dafür fand sie eine Lehrstelle im nahen Zell am See, wo sie sehr vieles über das Handwerk eines Grafikers lernte – eine nicht unwesentliche Basis für ihr später eigenständiges Künstlerdasein. Nach ihrer Lehre hatte sie schon eine Jobzusage außerhalb des Pinzgaues in der Tasche – doch wollte es das Schicksal anders. Der Auftrag, eine neue Vereinsfahne für die Saalfeldener Eisschützen anzufertigen, ließ sie zu Hause bleiben. „Schließlich handelte es sich dabei um eine handwerkliche Herausforderung, die mich rund ein Jahr beschäftigte. Derart große Seidenfahnen waren früher im Mittelteil gemalt und rundherum aufwändig bestickt!“, berichtet sie.

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Die Bilder von ihrem ersten großen Auftrag, dem rasch viele weitere folgen sollten, hat sie noch heute. Über 60 Fahnen hat Mariloise im Laufe der nachfolgenden Jahrzehnte angefertigt. Bis heute treten immer wieder Vereine mit dem Wunsch an sie heran, notwendige Restaurierungen der kostbaren Einzelstücke durchzuführen. 1962 wurde sie – seit 1951 als selbstständige Malerin in Fusch tätig – in die Berufsvereinigung der bildenden Künstler aufgenommen. Ein Besuch im Haus der Natur in Salzburg setzte den Startschuss für eine vielfältige Ausstellungstätigkeit, die sie und ihre Familie auch ins Ausland führte. Dort, z.B. in den Niederlanden, aber auch in vielen Orten Österreichs, weckten die mit außergewöhnlicher Genauigkeit und Detailtreue gemalten Bilder von Pflanzen und Blumen aus der Pinzgauer Bergwelt die Begeisterung der Menschen.

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Wie sie eigentlich sprichwörtlich „aufs Ei“ gekommen ist, wollen wir von der rüstigen Salzburgerin wissen, als sie uns durch ihre Malerstube in einem Schupfen direkt neben dem Wohnhaus führt. Hier wird das umfassende künstlerische Talent der Fuscherin deutlich sichtbar: Neben gravierten und wertvollen Schatullen, Ölgemälden, Zeichnungen und Wandmalereien, sakralen Wachsfiguren unter Glasstürzen sowie Perlenstickereien finden sich auch hunderte jener wunderbaren Unikate, die Frau Jordan aus den verschiedensten Eiarten – von kleinen Wellensittich-Eiern bis hin zu großen Nandu-Eiern – fertigt. „Mein erstes `eingerichtetes` Ei habe ich als Siebenjährige für meine Mutter gemacht und später – mit meinen eigenen Kindern – Eier bemalt und gefärbt!“

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Im Laufe der Zeit reifte der Wunsch, mehr über die Kunst des Eiermalens zu erfahren. Aus der intensiven Beschäftigung heraus wuchsen die große Fertigkeit und das umfangreiche Wissen um die verschiedensten Techniken und Verfahren, die sie heute beherrscht. Mariloise Jordan zeigt uns kunstvolle Gebetseier und Godn-Eier ebenso wie Freundschafts-, Hochzeits- oder Trosteier. Die ausgeblasenen Eier hat sie mit Aquarellen oder Tuschzeichnungen in Miniaturform bemalt, mit Scherenschnitt oder Kratztechnik verziert, mit Sprüchen in feiner gotischer oder deutscher Schrift versehen oder mit Perlen, Seide oder Gold- und Silberfäden geschmückt. Als Sinnbild für die Auferstehung Jesu hat sie Eierschalen aufgebrochen und darin Figuren aus Wachs oder kleine Büchlein eingebettet. Bei anderen Eiern kann man z.B. an einer Kurbel drehen und damit ein Spruchband sichtbar machen.

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Vielen der kleinen Kunstwerke liegt, wie uns unsere Gastgeberin berichtet, die christliche Symbolik zu Grunde, und eine tiefe, ungekünstelte Religiosität strahlt Mariloise Jordan auch aus. Aus ihrem Glauben, der Natur ihrer Heimat und ihrer reichen Phantasie bezieht sie die Ideen für ihre Arbeiten, die sie am liebsten in ihrer Stube ausführt. Dass sie sich ihre ruhige Hand, ihre guten Augen und ihre außerordentliche Kreativität noch möglichst lange bewahre kann, das wünschen wir ihr von Herzen!

Die „Osterschau“ in der Malerstube von Mariloise Jordan in Fusch a.d.G. ist übrigens noch bis 28. März.2016 zu sehen – und wirklich empfehlenswert!

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: Journal/David Hotzler

24. März 2016 um