Wenn Japan auf Oberlienz trifft …

Der 19-jährige David Meixner hat 2015/16 zehn Monate in Japan verbracht. Derzeit hält sich die 17-jährige Junna Miake aus Toyota bei Davids Familie in Oberlienz auf.

David ist 19 Jahre jung und absolviert derzeit seine Lehre als IT-Techniker bei der Firma Loacker in Heinfels. Japan hat den jungen Osttiroler nach eigenen Angaben schon seit seiner frühesten Kindheit fasziniert. „Warum weiß ich nicht so genau. Ich wollte immer schon die Sprache dieses Landes erlernen. Irgendwann bin ich bei meiner Internet-Recherche auf das interkulturelle Austauschprogramm YFU gestoßen. ,Youth For Understanding‘ ist eine gemeinnützige österreichische Organisation für den weltweiten bildungsorientierten Schüleraustausch. Ziel von YFU ist es, das interkulturelle Verständnis, gegenseitigen Respekt und gesellschaftliche Verantwortung zu fördern. Die Gastfamilien können gemeinsam mit den Jugendlichen aus einem anderen Land eine schöne Zeit und die eigene Familie aus einem ganz anderen Blickwinkel erleben.“

 

Elisabeth Meixner und Kurt Zeiner mit David und Junna

 

David hat sich bei YFU beworben und wurde bei einem Gespräch in Innsbruck ausgewählt. „Und so befand ich mich schließlich irgendwann im Flugzeug und auf dem Weg nach Tokyo“, erinnert er sich lachend zurück. „In der japanischen Hauptstadt hielt ich mich eine Woche lang zu Vorbereitungszwecken auf, bevor ich dann von März 2015 bis Jänner 2016 bei meiner Gastfamilie in Matsue – einer Stadt mit etwa 200.000 Einwohnern – lebte. Ich besuchte dort die High School. Zunächst habe ich natürlich kein Wort verstanden, konnte dann aber, u.a. mit Hilfe von Übungsbüchern, die YFU zur Verfügung stellt, die japanische Sprache von Grund auf lernen“, so der Oberlienzer. Das Leben im Land der aufgehenden Sonne sei ein komplett anderes als jenes in Europa. „Schule und Arbeit dominieren den gesamten Lebensalltag. Am Anfang besuchte ich neben der High School auch so genannte Wissenschaftsclubs, die in Japan häufig verpflichtend sind. Im zweiten Halbjahr sang ich in einem Chor mit – eine völlig neue Erfahrung für mich, die mir aber sehr viel Spaß bereitet hat.“

Nach zehn Monaten kehrte er wieder mit unzähligen Eindrücken und Erlebnissen im Gepäck nach Osttirol zurück. Heute versucht David, sich auch in der Heimat in der japanischen Sprache weiterzuentwickeln. „Schon vor meinem Japan-Aufenthalt habe ich Shingo Fukuda aus Japan und seine Frau Gabi kennengelernt. Mit Shingo kommuniziere ich oft über Skype oder treffe mich mit den beiden zum Essen“, erzählt er. Seit vergangenem August hält sich nun die 17-jährige Studentin Junna Miake aus Toyota in Oberlienz auf. Elisabeth Meixner und Kurt Zeiner haben Junna, die den Unterricht am BORG Lienz besucht, im Austausch für Davids Aufenthalt in Japan als Gast für zehn Monate aufgenommen.

Wie wir bei unserem Besuch in Oberlienz feststellen können, liebt Junna die Musik. Es ist ein besonderes Erlebnis, sie auf dem dreisaitigen japanischen Instrument „Shamisen“ spielen zu hören. „Ich finde die alpenländische Blasmusik einfach super“, schwärmt sie uns vor und berichtet davon, dass sie beim Frühjahrskonzert 2017 der Musikkapelle Oberlienz mitwirken durfte. „Das war bisher eines meiner schönsten Erlebnisse hier in Osttirol!“ Den „Edelweißmarsch“, das Stück „Die Sonne geht auf“ oder „Salemonia“ nennt sie als Werke, die ihr aus dem Repertoire der MK Oberlienz besonders gut gefallen. Auch der Marsch „Tiroler Herz“, dessen Melodie sie leise nachzusummen beginnt, spricht sie besonders an. Neben musikalischen Werten hat die Elektronik-Studentin aus Japan inzwischen auch die kulinarischen Spezialitäten aus der Region zu schätzen gelernt. „Ich liebe Schlipfkrapfen, Kasspatzln, Gulasch und Apfelstrudel. Neben dem köstlichen Essen beeindruckt mich auch die wunderschöne Natur mit den vielen Bergen und Seen“, sagt sie und meint weiter, dass sie bereits viele Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung Osttirols unternehmen konnte.

„Mit Shingo und Gabi war ich mehrmals in Südtirol und mit David und Elisabeth in Venedig. Die Rialto-Brücke, San Marco und die Insel Burano mit den vielen Stickereien sind mir besonders in Erinnerung geblieben, ebenso wie der Besuch des Kunsthistorischen Museums in Wien. Auch die Tagesausflüge mit meiner Bekannten Paula Hainzer gehören zu den absoluten Highlights.“ Beim Deutschlernen in der Schule geht es der jungen Japanerin „ganz gut“. Sie kann dem Unterricht in den Fächern Biologie, Physik und Mathematik inzwischen einigermaßen folgen, und den Englisch-Unterricht findet sie sogar besser als jenen in Japan.

Wie David betont, ist die Sprache Deutsch schwieriger zu erlernen als Japanisch. „In Japan sind es vor allem die vielen verschiedenen Höflichkeitsformen, die etwas gewöhnungsbedürftig sind.“ Er schenkt zum Abschluss unseres Gespräches den Reiswein Sake in original japanischen Gläsern ein. Dazu gibt es Waffeln aus seinem Lehrbetrieb Loacker. „Die Waffeln passen übrigens ausgezeichnet zum Thema, weil Japan eines jener Länder ist, in denen ein Großteil der Produktpalette von Loacker angeboten wird“, berichtet er abschließend.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Brunner Images, Privat

29. Juni 2017 um