Harald Weiskopf: Wenn Skulptur und Form zum Nachdenken anregen

Der junge Bildhauer aus Virgen will mit seinen Werken den Betrachter nicht nur erfreuen, sondern auch zur tieferen Auseineinandersetzung mit Themen unserer Zeit anregen.

„Gefangen im System“ – ich bin zu Besuch bei Harald Weiskopf im Bildhauer-Atelier in der Messinggasse in Lienz und betrachte eines seiner Werke: eine Indianer-Figur, eingeschlossen in einer großen Flasche mit engem Flaschenhals. „Ich möchte mit dieser Arbeit auf das Verdrängen der Indianer und ihrer Kultur, auf unseren Umgang mit Minderheiten und die Sinnlosigkeit von Rassismus hinweisen“, erklärt der 22-Jährige die Botschaft hinter diesem Werk. Schon von klein auf habe ihn, wie er erzählt, das Arbeiten mit Holz und Stein fasziniert. „Mein Papa Ewald ist Hobby-Bildhauer. Als Kind konnte ich ihm stundenlang beim Arbeiten in der Werkstatt zuschauen.“

 

 

Nach der Hauptschule besuchte Harald die Fachschule für Kunsthandwerk und Design in Elbigenalp. Diese schloss er 2015 ab, um sich in der Folgezeit auch noch an der Fachschule für Steinbearbeitung in Laas im Südtiroler Vinschgau weiterzubilden. Krastaler Marmor, Laaser Marmor, Serpentin, Terracotta, Ton, Holz – Werke aus den unterschiedlichsten Materialien sind im Gemeinschaftsatelier in der Lienzer Messinggasse zu sehen. „Ich kombiniere gerne verschiedene Materialien und arbeite Dinge ein, die ich einfach irgendwo finde. Bei meinen Spaziergängen im Wald nehme ich oft Altholz mit. Vor Kurzem habe ich ein rostiges Metallstück aus der Isel eingearbeitet. Besonders gerne bearbeite ich Findlinge.“

 

 

Ende 2018 wagte der junge Virger den Schritt in die Selbstständigkeit. „Ich bin Michael Lang und Gerold Leitner sehr dankbar, dass sie mich dabei unterstützt haben. Hauptsächlich arbeite ich hier im Gemeinschaftsatelier in Lienz, im Sommer bin ich aber auch oft in der Steinbildhauerwerkstätte auf der Tratte in Virgen anzutreffen. Meine Bildhauer-Kollegen und ich arbeiten dort auch am Skulpturenpark, der mit den Werken, die alljährlich hinzukommen, kontinuierlich wächst. Das Arbeiten in Gemeinschaft bietet viele Möglichkeiten, und der Austausch – auch mit den Künstlern, die zum SkulpTour-Festival nach Osttirol kommen – ist äußerst befruchtend.“

 

 

Gesellschaftskritisch zeigt sich Harald nicht nur mit dem eingangs erwähnten Werk. Auf den respektlosen Umgang mit der Natur weist er mit „Elfenbein“ – einer Arbeit aus Terracotta – hin. „Natürlich will man den Kunden mit einem Werk eine Freude bereiten. Mir ist es aber auch sehr wichtig, dass sich jemand mit der Arbeit und dem Thema verbunden fühlt.“

 

 

Bereits während der Schulzeit nahm der Virger an verschiedenen Symposien im In- und Ausland teil. Vor Kurzem wurde eine Ausstellung im Kulturzentrum der Republik Aserbaidschan in Wien eröffnet, bei der neben Othmar Trost und Peter Paul Bundschuh auch Harald Weiskopf seine Werke präsentiert. „Derzeit arbeite ich bevorzugt mit Stein“, sagt der 22-Jährige. „Stein ist ein sehr edles Material – hart und trotzdem formbar. Das fasziniert mich. Ich schaffe mit einer Steinskulptur etwas, das von Dauer ist und freue mich, wenn ich durch mein Schaffen einen kleinen Fußabdruck in der großen Spur des Menschen hinterlassen kann“, meint er abschließend und bringt damit auch zum Ausdruck, dass er mit der Bildhauerei schon in jungen Jahren seine Erfüllung gefunden hat.

 

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger

21. November 2019 um