Ausnahmekünstler Jos Pirkner: „Ich habe noch sehr viel vor!“

Rechtzeitig zu Beginn der diesjährigen Ausstellungssaison ist ein besonders markantes Kunstwerk nach Schloss Bruck zurückgekehrt: Jos Pirkners „letzer Bulle”.

Stillsitzen und nichts tun, das gehört wohl kaum zu den Stärken Jos Pirkners, dies fällt dem Osttiroler auch bei unserem Besuch sichtlich schwer. Wer ihm begegnet und dies dort tun kann, wo er arbeitet, dem bleibt nicht lange verborgen, warum dem Maler, Bildhauer und Architekturkünstler der Ruf eines unermüdlich Schaffenden vorauseilt. „Ich liebe meine Arbeit. Ohne Arbeit kann ich nicht“, erklärt er uns und berichtet von den vielen Projekten, mit denen er sich derzeit gleichzeitig beschäftigt.

Energiegeladen und hellwach, merkt man ihm sein Alter in keinster Weise an. Jos scheint ständig in Bewegung zu sein – und passend dazu erwähnt er auch gleich, dass er in der Nacht öfters aufsteht, um neue Gedanken in Skizzen umzusetzen. Diese Energie, die der 92-Jährige selbst ausstrahlt, zieht sich wie ein roter Faden auch durch sein Werk. Besonders eindrucksvoll spiegeln dies wohl die 13 „Bullen“ im Red Bull-Firmenkomplex in Fuschl wider. Eine 14. Bullenskulptur hat Pirkner für sich selbst nachgießen lassen – als Erinnerung an seine geliebte Frau Joke, die sein Leben, wie er wiederholt betont, so sehr bereichert hat. Und diesen Bullen, der zuletzt den Garten seines Wohnhauses in Tristach prägte, stellt er nun als Leihgabe an Schloss Bruck zur Verfügung. „Zunächst einmal für zwei Jahre“, sagt er und ergänzt: „Mit der Option auf Verlängerung!“

 

Am 2. Juli wurde Jos Pirkners 14. Bulle per Sondertransport durch die Firma Sussitz angeliefert und im Aufgangsbereich zum Schlosstor installiert. Nun kann das außergewöhnliche Kunstwerk von den BesucherInnen der Görzer Burg wieder vor Ort bewundert werden.

 

An 2015, als der Bulle bereits einmal auf Schloss Bruck zu sehen war, und an die damit verbundene Ausstellung seiner Arbeiten erinnert sich Jos gerne zurück. Im Innenhof des Schlosses erhielt er 2015 den Ehrenring der Stadtgemeinde Lienz. Bei der Verleihung im Schloss habe er damals, wie er uns erzählt, an seine Mutter, sein „Mamile“, und an ihre bescheidene Art denken müssen – und daran, was sie wohl zu seinem Werdegang gesagt hätte. Überhaupt sind die Erinnerungen an seine Eltern in ihm hellwach. „Nie vergessen habe ich die Worte, die mir meine Mutter, am Bahnhof stehend, auf den Weg mitgab, als mich meine Ausbildung und Arbeit nach Holland führten. ,Mit Gott fang an, mit Gott hör auf, das ist der beste Lebenslauf‘ – das habe ich mir oft gesagt, bevor ich mit einer großen Arbeit begonnen habe.“

 

1980 gestaltete Jos Pirkner diesen Bronzebrunnen (Bild links), der drei musizierende  Figuren darstellt, aus deren Harfen das Wasser
fließt. Ursprünglich stand dieses Werk am Sparkassenplatz in Innsbruck, 2004 kehrte das Werk nach Lienz zurück.

 

Unglaublich viele Werke, ob Öl-/Acrylbilder, Bronzeplastiken oder Architektur gehören heute zum außergewöhnlichen Oeuvre des Osttirolers, dessen Arbeiten längst schon international bekannt und begehrt sind. Anfragen, wie zuletzt von einer Galerie aus Deutschland, von den Berengo Studios aus Murano/Venedig oder der Porzellanmanufaktur Augarten aus Wien, erreichen ihn laufend. „Ich kann nicht alle Aufträge annehmen“, sagt er dazu. Aktuell  feilt er in seinem Atelier an mehreren Arbeiten gleichzeitig, unter anderem an Acrylbildern zu Themen, die ihn beschäftigen, wie der Hunger in der Welt oder die Corona-Pandemie. Gemeinsam mit zwei Mitarbeitern stellt er gerade auch in 30-facher Ausführung Skulpturen her, die für die Preisträger des „Taurus World Stunt Awards“ gedacht sind. Auftraggeber dafür ist Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz. Die Freundschaft mit ihm bedeutet Jos Pirkner viel. „Ich bin stolz, sein Freund zu sein und schätze ihn als Menschen sehr.“

 

Der „Taurus World Stunt Award“ wurde von Dietrich Mateschitz ins Leben gerufen und wird seit 2001 von der „Taurus World Stunt Awards Foundation“ vergeben. Es ist eine Auszeichnung für die international besten Stunt-Männer und -Frauen, die alljährlich von einer hochkarätigen Jury vergeben wird, ähnlich dem Oscar. Jos Pirkner hat für die Preisträger außergewöhnliche Skulpturen geschaffen.

 

Von Mateschitz stammt auch der Spruch „Jos, mach“ – und das tut Jos Pirkner. 100 Jahre möchte er, wenn möglich, werden, erklärt er lachend. „Schließlich hänge ich sehr am Leben und habe noch sehr viel vor.“ Die Erfahrung mit der Corona-Pandemie habe ihn, so Pirkner, auch nachdenklich gemacht. Dass so viele Menschen alleine im Krankenhaus sterben mussten, ohne ihre Angehörigen an ihrer Seite, findet er „fürchterlich“. Er selbst hat die Wochen der Ausgangsbeschränkungen zu Hause verbracht, bestens versorgt von Sohn, Schwiegertochter und Enkelin. Sie sind seine Familie und – neben der Arbeit – sein Lebensinhalt. Und für seine Enkelin behält Jos, wie er uns abschließend erklärt, auch nicht wenige seiner Arbeiten zurück. „Ich möchte ihr viel weitergeben – als Erinnerung an mich und sozusagen für die Nachwelt!“

 

Jos Pirkner arbeitet laufend auch an Acrylbildern zu Themen, die ihn beschäftigen – wie der Hunger in der Welt.

 

Text: J. & E. Hilgartner, Fotos: Martin Lugger, Osttirol heute

03. Juli 2020 um