Hubert Pucher: Jeder Knopf ein Unikat

Einblick in die wunderbare Welt des Knopfmachens gewährte uns Hubert Pucher am Sturm-Archehof in Heiligenblut, den er gemeinsam mit seiner Frau Angelina betreibt.

Die „Knopfmacherstube“ ist ein kleiner Laden inmitten des Hofensembles von Hubert und Angelina Pucher. 1998 haben die beiden den halb verfallenen Bergbauernhof im Heiligenbluter Ortsteil Winkl erworben und daraus ein ganz besonderes Stück Heimat geformt. Braune Bergschafe, Cröllwitzer Puten, Österreichische Landgänse, ein buntes Hühnervolk, Kaninchen, Katzen und Hunde – alle Tiere dürfen hier frei herumlaufen. Gleich neben dem Hof plätschert der Gut-Tal-Bach dahin, und sogar eine kleine Kapelle gehört zu dem wunderschön gelegenen Anwesen.

Hubert Pucher beherrscht das Jahrhunderte alte und heute selten gewordene Handwerk des Knopfmachens.

Hubert Pucher beherrscht das Jahrhunderte alte und heute selten gewordene Handwerk des Knopfmachens.

Auf der Kröll-Alm lernte Maschinenbauer Hubert Pucher einst seine Frau Angelina – sie stammt aus dem kleinen Städtchen Murrhardt bei Stuttgart – kennen. „Ich wollte damals einmal als Senner auf einer Alm arbeiten. Aus einem Sommer wurden zehn, und auf der Alm ist mir auch die ,Frau fürs Leben‘ über den Weg gelaufen“, schmunzelt Hubert, nachdem wir in sein Reich – die Knopfmacher-Werkstatt – vorgedrungen sind. „Jeden lässt Hubert hier nicht herein. Ich muss erst einmal nachfragen“, hat uns Angelina mit einem Augenzwinkern zugeflüstert, nachdem sie uns an diesem idyllischen Ort auf 1.300 Metern Seehöhe empfangen hatte.

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Seit mehr als 20 Jahren fertigt Hubert Pucher Knöpfe – runde und eckige, asymmetrische und ovale. „Ursprünglich habe ich Knöpfe aus Holz produziert und sie auf einem Weihnachtsmarkt angeboten. Als die Leute später wieder nach den Knöpfen fragten, begann ich mich intensiver mit diesem Handwerk zu beschäftigen. Als Grundmaterial kamen Hirsch- und Kuhhorn zum Einsatz, aber auch Steine, Fliesenscheiben oder Kokosnussschalen“, erzählt er uns von den Anfängen. Das Kuhhorn bezieht er bis heute vom örtlichen Metzger. „Besonders interessante Strukturen weist das Horn von Tierrassen mit schwarzen Hornspitzen auf, z.B. beim Pinzgauer oder Grauvieh. Ich habe aber auch schon das Horn des Chinesischen Wasserbüffels sowie von Stein- oder Ziegenböcken zu Knöpfen verarbeitet“.

Angelina und Hubert Pucher haben 1998 den Sturm-Hof erworben und ihn behutsam saniert und renoviert. Heute betreiben sie ihn als Archehof.

Angelina und Hubert Pucher haben 1998 den Sturm-Hof erworben und ihn behutsam saniert und renoviert. Heute betreiben sie ihn als Archehof.

Um uns zu zeigen, welch geheimnisvolle Strukturen im Horn verborgen sind, erhitzt er ein Stück Kuhhorn und presst es zu einer Platte. „Wenn man Horn erhitzt, verändert sich seine Struktur. Oft überhitze ich es absichtlich. Dabei muss man aber aufpassen, dass man es nicht zerstört.“ Es sei interessant, mit den Materialien zu spielen, meint Hubert Pucher, der die Platten weiterverarbeitet, indem er sie schleift und poliert. „Wenn sich eine besonders interessante Struktur ergibt, forme ich ein Schmuckstück“, erklärt der Knopfmacher, während er uns eine Hornplatte mit einem gelblich-goldenen Landschaftsmotiv zeigt. Er hört von seinen Kunden oft, dass gewisse Knöpfe heute nicht mehr oder nur sehr schwer erhältlich seien. Neulich habe ein Mann bei ihm schwarze Kuhhornknöpfe für seinen Tiroler Anzug gekauft, nachdem er diese vorher vergeblich in Geschäften in Innsbruck gesucht hatte.

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Den Trend hin zu altem Handwerk beobachten Hubert und Angelina seit einigen Jahren: „Immer mehr Menschen erkennen, dass Produkte aus der Natur und von Hand bearbeitet eine ganz andere Energie ausstrahlen als industriell Gefertigtes. Kuh- und Hirschhorn sind seit jeher ein traditionelles Knopfmaterial gewesen. Von Hand gefertigte Knöpfe waren früher in gewissen Kreisen sogar so etwas wie ein Statussymbol.“ In der kleinen Werkstatt von Hubert Pucher entstehen neben Knöpfen auch viele andere Kunstwerke aus natürlichen Materialien. Man findet hier Kugelschreiber, Schreibtischständer und Holzschüsseln ebenso wie Krippen oder Anhänger. Der Mölltaler hat auch alle Möbelstücke und diverses Inventar für die Ferienwohnung am behutsam sanierten und renovierten Bergbauernhof selbst gefertigt, darunter auch Lampenschirme oder Handtuchhalter aus Horn.

Die Knopfmacherstube ist ein kleiner, ganz besonderer Laden inmitten den Hof-Ensembles.

Die Knopfmacherstube ist ein kleiner, ganz besonderer Laden inmitten des Hof-Ensembles.

„Die exakte Wiederholung ist allem Lebendigen fremd“, philosophiert Angelina Pucher, die in jungen Jahren Medizin und Psychologie studiert hat. Gemeinsam mit ihrem ältesten Sohn Jonathan – er ist inzwischen 25 Jahre alt und arbeitet als Berufsjäger in der Steiermark – hat Angelina vor Jahren das Buch „Wir Kinder von Sturm-Archehof“ publiziert. Mit ihrem Enkelkind Amelie, das auch hier am Archehof aufwächst, verbringt sie viele Stunden im Stall bei den Tieren. „Der Erhalt von alten Haustierrassen, der Schutz der Natur und die Begegnung von Mensch zu Mensch sind für uns hier am Sturm-Archehof die Essenz des Lebens“, meint die Bäuerin abschließend. „Und nicht zu vergessen der Erhalt von altem, traditionellem Kunsthandwerk“, ergänzt ihr Mann Hubert, bevor sich die beiden von uns verabschieden.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute/Hotzler

16. Juni 2016 um