Sucheinsätze mit Suizid-Hintergrund fordern Bergretter immer mehr

121 Menschen verunfallten im Vorjahr in den Osttiroler Bergen, 13 konnten nur mehr tot geborgen werden. Anzahl der Sucheinsätze nach Vermissten steigt stark.

Bei der Jahreshauptversammlung im neuen Lienzer Bergrettungsheim zog die Osttiroler Bezirksstelle der Bergrettung Tirol am Donnerstag, 6. Juni, Bilanz. „Die Zahlen zeigen ein ähnliches Bild wie 2017. Im Vorjahr waren von den acht Ortsstellen 129 Einsätze abzuwickeln. 1.535 Bergrettungsmitglieder waren dabei im Einsatz, das ist etwas mehr als in den Jahren davor. 42 Einsätze wurden nicht verrechnet. Die Verrechnung ist eine Entscheidung der jeweiligen Ortsstelle. Bei Einheimischen oder bei schweren Schicksalsschlägen wird meist nicht verrechnet”, so Bezirksleiter Peter Ladstätter.

 

Bezirksleiter Peter Ladstätter: „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir in Osttirol über neun aktive Bergrettungsärzte verfügen. Bei gröberen Einsätzen ist immer mindestens einer dabei und sonst können wir stets telefonisch mit einem Mediziner in Kontakt sein.”

 

Was laut Ladstätter auffalle, ist die steigende Anzahl an Sucheinsätzen mit Suizid-Hintergrund. „Wir hatten noch nie so viele Einsätze mit Suizid-Hintergrund abzuwickeln wie im Vorjahr. Diese sind natürlich für uns Bergretter auch psychisch sehr belastend. Was mich dabei stört ist, dass das Thema Selbstmord in der Gesellschaft großteils tabuisiert wird”, so Ladstätter. Clemens Troyer berichtete über die Arbeit der Suchhundestaffel. „Wir verfügen über neun Hundeführer und zehn Suchhunde. Wir waren insgesamt elf Mal mit Hunden im Einsatz. Es gab drei Treffer, wobei eine Person lebend gefunden werden konnte, zwei waren leider tot. Bei zwei Lawineneinsätzen waren wir am Großglockner im Einsatz, bei einem am Thurntaler im Bereich der Skipisten”, so Troyer.

 

Clemens Troyer, Leiter der Suchhundestaffel: „Es fällt besonders auf, dass sich die Sucheinsätze nach Vermissten häufen. Das zeichnet sich auch schon 2019 ab. Jeder einzelne Hundeführer hat 2018 über 2.200 km zurückgelegt und opferte über zwei Wochen Urlaub für die Bergrettung bzw. die Hundestaffel. An dieser Stelle möchte ich mich einmal bei unseren Arbeitgebern für ihr Verständnis bedanken.”

 

Dr. Josef Burger ist der leitende Bergrettungsarzt im Bezirk, gleichzeitig auch Tiroler Landesbergrettungsarzt. „Wir sind in Osttirol in der glücklichen Lage, über neun Bergrettungsärzte zu verfügen. Fünf Anwärter absolvieren derzeit die Ausbildung bzw. stehen kurz vor der Prüfung. Wir waren bei 45 Einsätzen dabei und haben insgesamt 97 Übungen abgewickelt. Ein Höhepunkt war im Vorjahr sicher das Landesärztetreffen in Lienz. Alle Landesbergrettungsärzte der österreichischen Bundesländer und der Bundesarzt nahmen daran teil”, so Burger. Er berichtete auch von einer Reanimationsstudie, die am 17. und 18. Juni in Osttirol begonnen wird: „Dabei werden Bergretter zuerst hier im Bergrettungsheim Herzdruckmassagen durchführen und dann auf der Adlersruhe. Die Qualitäten der Herzdruckmassagen im Tal und am Berg werden dann miteinander verglichen.”

 

Bergrettung Tirol/Bezirk Lienz

8 Ortsstellen: Defereggen, Kals a.Gr., Lienz, Matrei i.O., Obertilliach, Prägraten a.G., Sillian, Virgen

514 Mitglieder, davon 18 Frauen

2018:
54 Einsätze mit Hubschrauberunterstützung
59 Einsätze unter Beteiligung der Alpinpolizei
38 Einsätze mit dem Roten Kreuz
14 Einsätze mit der Feuerwehr
1 Einsatz mit der Wasserrettung
1 Einsatz mit dem Bundesheer

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute/Mühlburger

07. Juni 2019 um