Neues Buch über ein sakrales Kleinod in Lienz

In überarbeiteter, reich bebildeter Form beleuchtet die 2. Auflage einer Monographie die Geschichte, Architektur und Kunstschätze der St. Michaels-Kirche in Lienz. Am 26.5. wurde das Buch vorgestellt.

Im 13. Jahrhundert erbaut, diente die Michaels-Kirche seit dem frühen 16. Jahrhundert als Begräbnisstätte der Familie von Graben, deren wichtigstes Mitglied, Virgil von Graben, in der Regierungszeit des letzten Görzers eine bedeutende politische Rolle gespielt hatte. Die von ihm errichtete Stiftung war auch mit der Einsetzung eines Benefiziaten verbunden, der unter anderem „auf ewige Zeiten“ das Gedächtnis der Herren von Graben und deren Verwandtschaft am Leben halten sollte.

 

Rotary Club Lienz-Präsident Mag. Roland Hausberger konnte zur Buchpräsentation am 26.5. in der St. Michaels-Kirche die Lienzer Bürgermeisterin LA DI Elisabeth Blanik, Dekan Dr. Franz Troyer sowie die beiden Autoren Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini und Mag. Rudolf Ingruber begrüßen.

 

Anlässlich der umfassenden Restaurierung der Kirche erschien 1983 eine Monografie von Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini, der nicht nur die Erkenntnisse aus der Bauforschung und der Kunstgeschichte, sondern auch die Geschichte des Rindermarktes, dieses historisch bedeutsamen, außerhalb der Stadtmauern nördlich der Isel gelegenen Viertels von Lienz, detailliert eingearbeitet hat. Auf Initiative des Rotary Clubs Lienz wurde das Buch nun neu aufgelegt. Gegenüber der Erstauflage kann die Monographie „Die St. Michaels-Kirche in Lienz“ mit etlichen Neuerungen aufwarten: Das Buch ist durchgehend farbig bebildert und wirft seinen Blick auch auf Details, die bei einer Besichtigung des Gotteshauses nicht gleich ins Auge springen und auf Räume wie Glockenstube und Dachstuhl, die dem Kirchenbesucher normalerweise nicht zugänglich sind.

 

Spätromanisches Fresko aus der Zeit gegen 1300 an der südlichen Außenwand von St. Michael

 

An den Gründungsbau erinnern noch immer der Grundriss des Kirchenschiffs, vor allem aber zwei Fresken an der südlichen Außenwand, deren Beschriftung jetzt entziffert werden konnte. Der spätgotische Umbau durch Bartlmä Viertaler, einen Repräsentanten der „Görzer Bauhütte“, ist urkundlich bestätigt. Sein Nachwirken in dem kurz nach der Mitte des 17. Jahrhunderts erneuerten Chorgewölbe wurde vorbildlich für etliche Kirchenräume im Lienzer Talboden und darüber hinaus.

War man bisher gewohnt, das Ausbleiben der Renaissance als „höfische Kunst“ in Osttirol mit dem Aussterben der Görzer Grafen zu rechtfertigen, so erweist sich an den Grabmonumenten der Familie von Graben und deren Verwandten eine neue Formel als gültig: je weniger Hof, desto mehr Renaissance! Zugleich ist es Meinrad Pizzinini gelungen, durch eine sorgfältige  Neuinterpretation der Inschriften und Bilder seit den 1530er-Jahren reformatorisches Gedankengut nachzuweisen.

 

Blick auf den Hochaltar mit der monumentalen Figur des hl. Erzengels Michael im Zentrum und die beiden Seitenaltäre

 

Das 17. Jahrhundert steht im Zeichen der nach dem Konzil von Trient einsetzenden Gegenreformation, verbunden mit Reformen der Liturgie und des Priesteramts, die ihren Niederschlag in der künstlerischen Inszenierung des Presbyteriums finden. Kunsthistoriker Rudolf Ingruber erläutert in dem Kapitel über die „Kunstwerke des 17. bis 19. Jahrhunderts“ die Entwicklungen von den ersten katholischen Erneuerungen über das Erstarken der Volksfrömmigkeit bis zur Aufklärung, die das Erscheinungsbild des Gotteshauses nicht minder geprägt haben als seine spätgotische Architektur.

Mit dem Abbruch des ehemaligen Benefiziatenhauses in der Billrothstraße endet – vorläufig – auch die Geschichte der eigens für die St. Michaels-Kirche zuständigen Kleriker. Das Amt wird seit beinahe 30 Jahren, wie immer wieder im Laufe seiner Geschichte, von den Pfarrern von St. Andrä wahrgenommen. Heute, mehr als ein halbes Jahrtausend nach der Stiftung Virgils von Graben, kommen diese der Verpflichtung durch vier jährlich gehaltene Stiftsmessen immer noch nach.

Mit der Herausgabe des Buches verbindet der Rotary Club Lienz ein ehrgeiziges Vorhaben: Der Verkaufserlös wird zur Gänze den wieder einmal dringend notwendig gewordenen Restaurierungen dieses baulichen und künstlerischen Schmuckstückes zugutekommen!

Wer die Restaurierung der Michaelskirche unterstützen möchte, kann dies mit dem Kauf des Buches oder mit Spenden auf das Spendenkonto bei der Lienzer Sparkasse unter „Michaelskirche“ (AT03 2050 7010 2520 8784) tun. Die Monographie „Die St. Michaels-Kirche in Lienz“ ist im Journal Verlag/Lienz und per Mail: redaktion@journalverlag.com erschienen und unter der ISBN 978-3-902128-45-4 im gut sortierten Buchhandel (u.a. Tyrolia Lienz) sowie beim Rotary Club Lienz erhältlich.

 

Text: Redaktion/Ingruber, Fotos: Peter Märkl, Martin Lugger, Osttirol Heute

27. Mai 2021 um