Historischer Umzug krönte das Jubiläums-Marktlfest

Tausende säumten am 14.7. die Straßen und Plätze im Zentrum von Innichen. Begleitet von Musikkapellen stellten Festwägen und Fußgruppen Geschehnisse aus der Geschichte nach.

Aus allen Himmelsrichtungen strömten die Besucher am späten Sonntagvormittag ins Zentrum der Südtiroler Marktgemeinde, um sich entlang des Streckenverlaufes des historischen Umzuges einen Platz mit möglichst guter Sicht auf die Festwägen und Fußgruppen zu sichern. Begleitet von den Klängen und Trommelwirbeln der teilnehmenden Musikkapellen, startete der Umzug pünktlich kurz nach 11.00 Uhr von der Bahnhofstraße und über die Peter-Paul-Rainer-Straße in Richtung St. Michaelsplatz. Von dort ging es über den Alten Markt und die Freisinger-, die Herzog-Tassilo- und die Draustraße im Rundkurs über die Franz-Josef-Rudigier-Straße retour auf den St. Michaelsplatz und schließlich zum Endpunkt am Innichner Pflegplatz/Alter Markt.

 

 

Mädchen und Buben in Dirndl, Tracht und Lederhosen trugen die Tafeln der insgesamt 32 Festzugteilnehmer, allen voran jene der Musikkapelle Innichen. Auf die Musikantinnen und Musikanten der jubilierenden Marktgemeinde folgte der Festwagen der Ortsgruppe Innichen der Südtiroler Bauernjugend.

 

 

Sie stellten in alten Gewändern eine Szene nach, in der Herzog Tassilo III., umgeben von Adeligen und Beratern, dem Abt des Klosters Scharnitz, Atto, die Gründungsurkunde des Benediktinerklosters Innichen überreicht.

 

 

Den Freisinger Dom in Miniaturform führte der nächste Festwagen mit sich. Die bayrische Kreisstadt Freising ist seit 2007 Partnerstadt von Innichen. Das Kloster Scharnitz, dessen Abt Gründerabt von Innichen war, gehörte einst zur Grundherrschaft des Bischofs von Freising, und somit war auch Innichen mit all seinen Gebieten Teil dieser Grundherrschaft. Auf diesen historischen Konnex verwiesen auch Mitglieder der Laienbühne Freising, die – als nachfolgende Fußgruppe – eine Szene darboten, in der Bischof Arbeo von Freising Benediktinermönche in das Kloster Innichen geleitet.

 

 

Aus der bayrischen Kreisstadt waren auch die Protagonisten der 5. Festumzugsgruppe – ein Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Freising – angereist.

 

 

Einen Hinweis auf die von den „Gründervätern“ für das Kloster Innichens vorgesehenen ureigensten Aufgaben – die Missionierung der heidnischen Slawen sowie die Urbarmachung und Rodung der Region – boten die beiden nächsten Fußgruppen: Mitglieder des Amateurfußballclubs Hochpustertal erinnerten in alten Gewändern an Batho von Freising, der ab dem Jahre 1000 als Mönch vom Kloster Innichen aus missionarisch wirkte bzw. zeigten als Waldarbeiter und Zimmerleute, begleitet von Abt und Vogt, die Rodungs- und Siedlungstätigkeiten im Frühmittelalter auf.

 

 

Als Nächste waren im historischen Festumzug die „Gitschn aus Vierschach“ und die Mitglieder der Ortsgruppe Innichen des Landesverbandes der Handwerker an der Reihe. Sie führten mit ihren beiden Festwägen die Bildungsaufgaben des Klosters Innichen sowie dessen Künstlerstube anschaulich vor Augen. Auf sie folgten die Musikkapelle Vierschach und der Festwagen mit Fußgruppe der „Motofreunde“. Ihr „Thema“ war die Erhebung Innichens zur Herrschaft und die Verleihung der Immunität durch Kaiser Otto I. im Jahre 965. Damals, in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts, wurde Innichen ein selbstständiger Herrschaftsbereich – ein geistliches Fürstentum, dessen weltlicher Herr der Fürstbischof von Freising war.

 

 

Als Zwölfte des Festzuges marschierte die Musikkapelle Mühlwald durch die Innichner Straßen, gefolgt von einem Festwagen, besetzt mit Mitgliedern des Freizeitclubs „Rote Teufel“. Ihre szenische Darstellung stellte eine Reminiszenz an ein historisches Ereignis des Jahres 1142 dar: Damals wandelte Bischof Otto von Freising das Benediktinerkloster Innichen in ein von Freising unabhängiges Chorherrenstift um. Drei Jahre später, 1145, wurde mit dem Bau der Stiftskirche begonnen, die man nach einem Großbrand im Jahre 1208 zum heute noch bestehenden Sakralbau vergrößerte. Für die beiden nächsten Festwägen des Umzuges mit je einem Modell der Stiftskirche bzw. der St. Michaelskirche zeichnete der Tourismusverband Innichen verantwortlich, die nachfolgende Fußgruppe (Mitglieder der Senioren im Südtiroler Bauernbund) widmete sich dem einst wichtigen Pilgerwesen.

 

 

1413 war Innichen, darunter auch die Stiftskirche, durch einen Großbrand großteilig zerstört worden. Ungeachtet der Dramatik dieses an sich schrecklichen Ereignisses erhielt der Markt jedoch unerwartete neue, auch wirtschaftlich bedeutende Impulse: Infolge der Brandhitze war nämlich aus dem alten hölzernen Corpus der Kreuzigungsgruppe Pech ausgetreten, was als Blut Christi interpretiert wurde. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile, und Innichen avancierte schon bald zu einem der beliebtesten Wallfahrtsorte des Ostalpenraumes.

 

 

Als 17. des Festumzuges unterhielt die Musikkapelle Niederdorf die Zuschauer mit ihren Klängen, als 18. war die Ortsgruppe Innichen des Hoteliers- und Gastwirteverbandes an der Reihe, die die Verleihung des Wochenmarktrechtes thematisierte. 1303 hatte König Albrecht II. Innichen dieses Privileg zuerkannt. Passend dazu stellte die nächste Fußgruppe (Anras Brass) so genannte Marktankündiger, begleitet von Trommler und Trompeter, nach. An das für den Ort nicht nur im Mittelalter wichtige Handwerk erinnerten Mitglieder des Amateursportvereins Triathlon und Schwimmen Hochpustertal. Sie zogen als Zunft der „Lederer“ (Rot- und Feingerber, Schuster, Sattler, Säckler, Kürschner und Hutmacher) durch die Straßen. Einen Marktstand mit Pelzwaren, Schuhen, Taschen u.a. führte der an 22. Stelle folgende Festwagen der Volkstanzgruppe Innichen mit sich. Vor ihnen marschierte die Musikkapelle Winnebach auf.

 

 

Die Verurteilung zweier Marktler wegen Betruges um 1590 konnte man auf dem an 23. Stelle durch Innichen ziehenden Festwagen (Gustav, Edi und Freunde) nachvollziehen. Über das Schicksal der Delinquenten entschied der Pflegrichter der Hofmark Innichen als Marktrichter, gemeinsam mit den Mitgliedern seines Gerichtsausschusses.

 

 

Durchreisende Kaufleute mit südländischen Waren stellten die Mitglieder der Alpinivereinigung Innichen dar, gefolgt von der Musikkapelle Niederrasen und der Schützenkompanie Hofmark Innichen. Letztere führten als Landsknechte, in Begleitung von Schwegeln spielenden Schützen, das Emblem eines großen Tiroler Adlers mit sich.

 

 

Um die Zeit Maximilians I., des oft als „letzten Ritter“ und „ersten Europäer“ bezeichneten Herrschers – 2019 wird aus Anlass seines 500. Todestages als Jubiläumsjahr zelebriert – ging es bei der nächsten Fußgruppe, dargestellt von Mitgliedern des Amateurtennisclubs bzw. Wintersportvereins Innichen. Den Kaiser begleiteten Landsknechte, hatten sich doch das Wesen der zu Fuß kämpfenden, zumeist deutschen Söldner des späten 15. und 16. Jahrhunderts vor allem während der Regierungszeit Maximilians I. entwickelt.

 

 

Die in ihrer Tradition bis in das 18. Jahrhundert zurückreichende „Wurzelkapelle Wahlen“ aus Toblach, von Kindern mit der Tafelnummer 29 angekündigt, schritt dem letzten Festwagen des Stiftschores Innichen voraus. Die Sänger traten als Propst, Kanoniker und Chorknaben auf und verwiesen damit auf die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts.

 

 

Den Abschluss des historischen Festumzuges bildeten schließlich eine Fußgruppe (58° Club Frecce Tricolori Innichen-Pustertal), die die Stände von Innichen um 1850, angeführt vom Bürgermeister mit seinen Räten, thematisierten und die Musikkapelle Pichl aus Gsies.

 

 

Viel beklatscht von den begeisterten Zuschauern – unter ihnen Einheimische und Urlaubsgäste ebenso wie viele Festbesucher aus dem benachbarten Osttirol – fand der historische Umzug auf dem Pflegplatz bzw. Alten Markt sein Ende. Ein bestens organisiertes und dem 1250-Jahr-Jubiläum würdiges Event!

 

 

Text: J. & E. Hilgartner, Fotos: Brunner Images

14. Juli 2019 um