Innovationsvorsprung durch Zusammenarbeit

Auf Basis einer komplexen Software haben zwei Osttiroler Unternehmer das Know how der Membranarchitektur mit der Erfahrung eines Metall-Spezialisten gebündelt.

Die Zusammenarbeit der Firmen Frey Metalltech GmbH & Formfinder Software GmbH nahm ihren Ausgang in einer Empfehlung von INNOS-Mitarbeiter Stefan Wurzer. „2019 folgte ich einem Aufruf der Innos GmbH und stellte dort im Rahmen eines Vortrags die Formfinder Software vor. Stefan Wurzer riet mir, Kontakt mit DI Lukas Frey aufzunehmen, um meine Software direkt in neue Produktentwicklungen einfließen lassen zu können“, erinnert sich der gebürtige Osttiroler Dr. Robert Roithmayr, Gründer und Geschäftsführer der Formfinder Software GmbH mit Standorten in Wien und Lienz, zurück. Gesagt, getan: Aus einem ersten Treffen mit DI Lukas Frey, Inhaber der Lienzer Firma Frey Metalltech, resultierten intensive Gespräche, die in einer Kooperationsvereinbarung und in der gemeinsamen Weiterentwicklung hin zu einem neuen Produkt mündeten.

 

 

Hintergrund der innovativen Großschirme ist der Membranbau, also die Herstellung textiler Konstruktionen. „Die besondere Eigenschaft der textilen Bespannung ist es, dass die Membrane Lasten wie Wind oder Schnee ausschließlich über Zugkräfte abträgt“, erklärt Robert Roithmayr das Prinzip. „So wie eine Slackline, die, sobald eine Person drauf balanciert, eine Seillinie einnimmt, werden auch Membrane durch Lasten verformt und gekrümmt. Die Krümmungen einer Membrane sind aber vorteilhaft, da sie, wie bei unserem neuen Bionik-Schirm, dazu beitragen, die Lasten von Wind und Schnee aufzunehmen. Im Gegensatz zu flachen Schirmen sind bei uns die Stabilität und Dauerhaftigkeit wesentlich verbessert. Ein Prinzip, das wir von der Natur abgeschaut haben und mit einem hochwertigen Textil umsetzen konnten. Das transluzente Textil kann sogar über vier Tonnen Zugkräfte pro Laufmeter abtragen und ist überaus langlebig.“

Eine Herausforderung in der Membranarchitektur ist neben der Konstruktion selbst auch das Erstellen der Pläne. „Die Beherrschung dieser äußerst komplexen Materie benötigt Spezialwissen über die Berechnung geometrischer Freiformflächen sowie über Materialeigenschaften unter extremen Wetterbedingungen“, lässt Lukas Frey, ein studierter Maschinenbau-Diplomingenieur, wissen. Er war, wie er erzählt, von der Software Roithmayrs und der Idee, gemeinsam neue Lösungen zu entwickeln, von Beginn an begeistert und sieht, ebenso wie dieser, in den Großschirmen für Gastronomie und Hotellerie ein großes Marktpotenzial.

 

Der innovative Großschirm für Gastgewerbe und Hotellerie wird in der Firma Frey Metalltech in Lienz/Peggetz in Serienproduktion gehen.

 

Schritt für Schritt feilten die beiden Unternehmer an dem neuen Produkt, wobei bei der Realisierung der bionische Ansatz, in Kombination mit dem spezifischen Wissen der textilen Architektur, eine Rolle spielte. „Die Bionik beschäftigt sich mit dem Übertragen von natürlichen Phänomenen auf die Technik“, so Lukas Frey. „Und so stammt auch die Idee für unseren neuartigen Mechanismus zum Öffnen und Schließen eines wetterfesten Schirmes aus der Natur. Unser Großschirm verbindet die funktionalen Vorteile eines sommerlichen Sonnen- und Regenschutzes mit der Eleganz, die man in der Natur von Blütenblättern findet. Die elegante Form und die Leichtigkeit der Konstruktion können ein offenes städtebauliches Signet bilden.“

Als Konzeptionsvorgabe definierten Lukas Frey und Robert Roithmayr ein quadratisches Modell mit einer Seitenlänge von 12 mal 12 Metern. Eine Besonderheit sind die innovative Schirmkinematik und die Kombination von Aluminiumelementen mit Membranteilen. Dadurch können mit einem Schirm Flächen bis zu 144 Quadratmetern überdacht werden. Lukas Frey: „Unser Schirm erfordert speziell dreidimensional gekrümmte Flächen, welche mittels Laserschnitt vorgeformt werden. Der Hauptmast wird mittels Rohrlaser gefertigt. Anbindungen erfolgen über spezielle Laser- und Frästeile.“ Produziert werden soll das Ergebnis der innovativen Zusammenarbeit in einer neuen Halle, die die Firma Frey Metalltech bis Herbst 2021 im Lienzer Stadtteil Peggetz fertigstellen wird. Hier wird die Ableitung der projektbezogenen Einzellösung in einem multiplizierbaren, ästhetischen Serienprodukt münden.

„Das Planen und Bauen unter Zuhilfenahme der Leichtbautechnik ist in Zeiten von Klimaveränderung und Ressourcenknappheit von elementarer Relevanz“, verweist Robert Roithmayr auf Zukunftschancen. „Ein standhafter Witterungsschutz für Gastronomie und Hotellerie bringt klar einen wirtschaftlichen Mehrwert. Veranstaltungen im Freien können störungsfrei durchgeführt werden, die Ertragssicherheit wird unabhängig von der Wetterlage gewährleistet.“ Der Formfinder Software-Geschäftsführer hat das internationale Patent für den Bionik-Schirm im Jahr 2018 angemeldet. „Die Nutzungsrechte in Sachen Großschirme liegen exklusiv bei der Firma Frey Metalltech. Ich bin zu einem gewissen Prozentsatz am Umsatz beteiligt, wobei mein Erlös in die Weiterentwicklung fließen wird“, kommuniziert er Details der Kooperation mit Lukas Frey.

Dieser denkt einen weltweiten Vertrieb der Schirme an, die, wie er meint, sich bestens auch für Veranstaltungszentren eignen. „Unser Produkt punktet auch mit großer Flexibilität in der Anwendung. Die Schirme können rasch von einem Punkt zum nächsten transportiert werden. Nicht zu vergessen ist die Möglichkeit, sie mit diversen Features, wie z.B. einer LED-Beleuchtung, auszustatten.“

www.frey.atwww.formfinder.at

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: Martin Lugger

10. Mai 2021 um