Lois Fasching erzählt mit seiner Kunst Geschichte

Der Bildhauer aus Leidenschaft arbeitet bevorzugt mit der Kettensäge und fertigt damit beeindruckende Skulpturen. Der Kunstschaffende setzt sich ernsthaft und intensiv damit auseinander, was immer er beginnt.

Sein derzeitiges Schaffen widmet sich einer historischen Leistung – der Weltumsegelung Magellans vor knapp 500 Jahren – und damit dem Beweis, dass die Erde keine Scheibe ist. Uns hat der Dölsacher erzählt, wie er an die Thematik herangeht, wofür die Skulpturen gedacht sind und warum er in seiner Arbeit auch den Bezug zur heutigen Zeit herstellt.

 

 

„Wenn ich mich auf eine Arbeit vorbereite, dann versuche ich, immer die Essenzen herauszufiltern, um zum Kern der Sache zu gelangen“, lässt uns Lois beim Besuch auf dem Hof seiner Familie hoch oben über Dölsach wissen. Hier hat er sich im ausgebauten Dachboden ein Atelier eingerichtet – und hier arbeitet der Bildhauer seit mittlerweile bereits fünf Jahren auch an einem neuen Skulpturenzyklus. „Der Umfang ist vergleichbar mit jenem der Landesausstellung auf Schloss Tirol im Jahre 2008 und auch dieses Mal wird der Ort der Präsentation ein Museum in Südtirol sein.“ Insgesamt sind, so Lois, etwa 15 lebensgroße Holzskulpturen geplant, die Menschen des 16. Jahrhunderts, aber auch Protagonisten aus unserer Zeit darstellen bzw. symbolisieren sollen. Ergänzt werden diese durch eine Serie von Alubildern, die Bezüge zum Thema herstellen.

Anlass für das umfassende Werk ist ein Jubiläum, das im Jahre 2022 ansteht und das eng mit einem Meilenstein der Menschheitsgeschichte – der ersten Weltumsegelung vor knapp 500 Jahren – verknüpft ist „Die Epoche des 16. Jahrhunderts war eine faszinierende Zeit. Mit grenzenlosem Selbstvertrauen und Mut sind damals Menschen zu neuen Ufern aufgebrochen und haben Kunst, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft revolutioniert. 1492 hat Kolumbus erstmals unbekanntes Land betreten, knapp dreißig Jahre später ist Magellan zu seiner Reise aufgebrochen. Diese, 1522 vollendet, erbrachte nicht nur den Beweis, dass die Erde keine Scheibe ist, sondern leitete auch einen tiefgreifenden Wandel ein, der in vielen Bereichen des Lebens Einzug hielt“, erläutert er Hintergründe.

Mit Magellan, dem portugiesischen Seefahrer, der im Auftrag der spanischen Krone unterwegs war, und mit Männern, die ihn auf seiner abenteuerlichen Reise begleiteten, hat sich der Dölsacher Künstler intensiv auseinandergesetzt: „Begonnen habe ich mit der Lektüre von Stefan Zweigs historischer Biographie über den Entdecker an der Schwelle zur Neuzeit, um dann zu Antonio Pigafettas Aufzeichnungen zu wechseln. Dieser, ein italienischer Entdeckungsreisender und Schriftsteller, hat als Chronist an der ersten Erdumsegelung teilgenommen und einen spannenden Bericht hinterlassen.“ Fernao de Magelhaes – Magellan, wie die Geschichte ihn nennt – wollte, wie Lois ausführt, ursprünglich eine Westroute zu den reichen Gewürzinseln der Molukken erkunden. „Mit ihm als Generalkapitän stachen 1519 fünf Schiffe mit insgesamt 234 Mann von Sanlúcar de Barrameda aus in See. Ende 1520 entdeckten sie die Magellanstraße und überquerten anschließend als erste Europäer den Pazifik. Die Fahrt artete zu einer Odyssee aus – und endete als erste dokumentierte Weltumsegelung. Die Tragik Magellans war es, dass er selbst die Reise nicht überlebte. Er starb 1521 auf den Philippinnen bei einem Gefecht mit Einheimischen. Sein Kapitän Juan Sebastian Elcano brachte die erste Erdumsegelung zum Abschluss und kehrte 1522 mit den verbliebenen Seeleuten in den Ausgangshafen zurück.“

Unter den Skulpturen, die im Atelier in Dölsach entstehen, finden sich neben jener Magellans und seines Schiffes, der „Viktoria“, auch die Darstellungen Antonio Pigafettas und Juan Sebastian Elcanos. „Mich interessieren immer auch die Menschen in der zweiten oder dritten Reihe“, sagt Lois dazu und nennt als weitere Protagonisten aus der Zeit Hans Dietrich, einen Bergmann aus dem Tirol des Jahres 1492, und den Augsburger Bankier, Kaufherr und Montanunternehmer Jakob Fugger. „Sie sollen an den Umstand erinnern, dass Tiroler Silber die finanzielle Grundlage der damaligen Seereise bildete.“

 

 

In der Ausstellung in Südtirol werden 2022 aber auch Arbeiten zu sehen sein, die – als Pendants der historischen Persönlichkeiten – Menschen aus unserer Zeit darstellen. „Mit diesen Gegenüberstellungen ziele ich darauf ab, Aspekte wie das Scheitern oder – im Gegensatz dazu – den Erfolg im Leben von Menschen abzubilden. Der Portugiese Magellan verlor sein Leben, bevor die Reise zu Ende war. Der Amerikaner Michael Collins, Pilot der Kommandokapsel von Apollo 11, musste 1969 den Mond umkreisen, während Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen die Mondoberfläche betreten konnten. Kapitän Juan Sebastian Elcano erreichte das Ziel – und war damit letztendlich ebenso erfolgreich wie es Extrembergsteiger, Abenteurer und Buchautor Reinhold Messner in unserer Zeit war und ist.“ Nicht unerwähnt lassen möchte der Bildhauer auch den zeitgenössischen holländischen Schriftsteller Cees Nooteboom – als Pendant zu Antonio Pigafetta – oder, als Solisten, den großen, lebenden Mystiker David Steidl-Rast. „Seine benediktinischen Reflexionen über die Klosterglocke als Metapher für Zeit haben mich überrascht und dazu veranlasst, ihn in den Zyklus zu integrieren.“ Unglaublich viele Stunden hat Lois inzwischen in die Umsetzung des Skulpturenzyklus investiert. „Das funktioniert nur mit viel Disziplin, ohne die auch in der Bildhauerei kein Weiterkommen ist“, meint er dazu und berichtet, dass er natürlich gleichlaufend damit auch an anderen Projekten feilt. „Zurzeit arbeite ich beispielsweise an einer Tür für die St. Nikolaus-Kirche in Strassburg. Im fertigen Zustand soll diese 2021 als vollflächige Bronze, hoffentlich fest, in den Angeln hängen.“ Die abschließende Frage, wie er den Wandel der Zeit für sich selbst erfasst, beantwortet der Dölsacher Bildhauer so: „Der italienische Schriftsteller Cesare Pavese hat einmal gemeint, dass man die Wirklichkeit nur schätzt, wenn man sie durch eine andere filtert und sie in eine andere übergeht. Umgesetzt auf mich heißt das, dass sich mir durch meine bildhauerische Gegenwart eine neue Wirklichkeit erschließt!“

 

„Monochrome Alu-Kohle-Asche-Arbeiten erlauben mir“, so Lois Fasching, „einen ganz anderen Zugang. Die Alubilder stellen etwa mit der Thematisierung der Weite des Stillen Ozeans, mit Motiven aus Patagonien oder von den Molukken, weitere Bezüge zur Thematik rund um die historische Weltumsegelung her.”

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: Martin Lugger

13. Dezember 2020 um