Alte Mittersiller Markthäuser im Fokus: „Schüler erforschen Geschichte”

Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Mittersill beschäftigten sich SchülerInnen der NMS Mittersill mit alten Markthäusern und deren Geschichte.

Es war die Idee von Hannes Wartbichler, eine  Häuserchronik zu erstellen und die alten Markthäuser der heutigen Stadtgemeinde Mittersill, deren Besonderheit und individuelle Ausprägung zu erforschen und zu erfassen. „Es handelt sich dabei vornehmlich um alte Gebäude, deren Bestand bis in die Zeit um das 14./15. Jahrhundert zurück verfolgbar ist. In Mittersill finden sich rund 70 bis 80 derartige Häuser, eine Auswahl davon stand im Fokus des Schulprojektes“, erläutert Hannes Wartbichler. Die Häuser im Zentrum von Mittersill befinden sich heute durchwegs noch an den selben Standorten wie vor 500 Jahren. „Früher waren diese Objekte größtenteils Holzhäuser, nach dem großen Marktbrand von 1746 wurden sie als Steinbauten errichtet. Bis in die Zeit des II. Weltkrieges stellte der so genannte Markt nur einen kleinen Teil von Gesamt-Mittersill dar. Erst in den letzten 70 bis 80 Jahren entwickelte er sich mit den umliegenden Ortsteilen Burk, Felben, Lend und Klausen zum heutigen Hauptsiedlungsraum im Talboden. 2008 wurde Mittersill zur Stadt erhoben.“

 

 

Die SchülerInnen der Neuen Mittelschule konzentrierten sich im Wahlpflichtfach Geschichte auf zehn der alten Markthäuser. Eruiert und erfasst wurden unter anderem die einstigen Hausnamen, die Eigentümer/Vorbesitzer, die Nutzung der Häuser in früherer Zeit, Besonderheiten der Gebäude und berühmte Persönlichkeiten, die hier lebten. Dabei kam auch ein interessanter Bezug zu Osttirol zutage. Mit Hinweis auf das so genannte „Bildhauer-Haus“ erklärt der Stadtarchivar, dass der Name auf bekannte Bildhauer zurückreiche, die in Mittersill ansässig waren. „Bildhauer Petrus Schmid lebte von 1763 bis zu seinem Tod 1787 in diesem Haus. Er schuf auch Statuen für die Matreier Pfarrkirche St. Alban. Auf dem Weg über den Felbertauern ist er, überrascht von einem Wintereinbruch, mit seinen Gefährten ums Leben gekommen.“ Im „Bildhauer-Haus“ war in der Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts auch eine Krämerei untergebracht. „Die Arbeiter, die beim Bau der Straße über den Pass Thurn beschäftigt waren, haben hier eingekauft. Das heutige Rathaus war hingegen früher eine Metzgerei und ein Gasthaus. Erst 1901 wurde im Neubau die Gemeindeverwaltung untergebracht.“

Zu den ältesten Bauten Mittersills gehört das „Tildachhaus“ am Mittersiller Marktplatz. Heute befindet sich hier ein Spar-Supermarkt. „An dieser Stelle stand einst jener mittelalterliche Hof, aus dem sich der Ort entwickelte. In der rund 800-jährigen Geschichte wurde das Tildachhaus durchwegs von Kaufmanns- und Bürgerfamilien bewohnt. Interessant ist auch, dass das Gebäude und seine Nachbarhäuser von der großen Brandkatastrophe 1746 verschont blieben, 1837 dann aber doch durch ein Feuer teilweise zerstört wurden. Das war auch Anlass für eine neue Feuer-Ordnung und der Anstoß zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr 1881“, berichtet der Stadtarchivar von bemerkenswerten Details. Die Begeisterung, mit der die 14-Jährigen sich im Rahmen des Schulprojektes mit der Geschichte ihrer Heimatgemeinde auseinandersetzten, habe ihn, so Wartbichler, überrascht. „In der Ausstellung im Rathaus präsentieren wir nun auf elf Schautafeln das Ergebnis ihrer Arbeit. Ich bemerke oft, dass Mittersillerinnen und Mittersiller längere Zeit vor einzelnen Schautafeln verweilen. Die Geschichte und die Geschichten rund um das eigene Wohnhaus faszinieren viele. Einige haben auch schon nachgefragt, ob sie die Schautafeln nach Ende der Ausstellung käuflich erwerben könnten. Wir werden diesen Wünschen selbstverständlich nachkommen und kleinere Tafeln auch an den markantesten alten Markthäusern anbringen“, freut sich Hannes Wartbichler über das große Interesse aus der Bevölkerung. Abschließend ist es ihm noch wichtig, festzuhalten, dass die Forschungsarbeit rund um die alten Markthäuser fortgesetzt wird. „Im Rahmen der Mittersiller Stadtgeschichten werden wir eine Häuserchronik erarbeiten und darin 100 alte Markthäuser näher beschreiben. Auch die Geschichte über die Entwicklung der Ortsteile Äußerer Markt, Lendsiedlung und Felben soll in diese Chronik einfließen.“

 

GASTHAUS BRÄURUP

Das Bräurup-Anwesen gehört zu den jüngeren Gebäuden des Marktes. Es wurde erst nach dem großen  Brand 1746 an der heutigen Stelle erbaut. Die Besitzerreihe liest sich wie eine Sammlung der berühmten Oberpinzgauer Brauerfamilien. Zu den bekanntesten Persönlichkeiten gehörte etwa die legendäre Wirtin Maria Schwaiger (geb. Hochfilzer), die nach dem frühen Tod ihres Gatten Josef den Betrieb allein führte. Sie kaufte 1883 auch die Fischereirechte an der oberen Salzach und an deren Nebenbächen, mit Ausnahme des Stubach. Seit 1900 ist die Familie Gassner Besitzer des Bräurup.

 

 

MEILINGER TAVERNE

In der Hochblüte des Saumverkehrs über den Felbertauern dienten Haus und Lehen als Lager und Ausgangspunkt für den Salzhandel. Die Mittersiller Markthäuser hatten in früherer Zeit ein Salzmonopol inne und genossen im Oberpinzgauer „Bannmarkt“ Handelsfreiheit. Die Meilinger Taverne – auch „rotes Haus“ genannt – mit dem auffallenden barocken Giebel ist seit Jahrhunderten ein Gasthaus und gehört zu den wenigen Häusern in Mittersill, die vom Brand im Jahre 1746 verschont blieben. 1868 erwarb Anton Hochfilzer – Bruder der legendären Bräurup-Wirtin – das Anwesen. Heute ist die Meilinger Taverne als Hauben-Restaurant weit über die Grenzen des Pinzgaus hinaus bekannt.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Franz Reifmüller, Stadtarchiv Mittersill/H. Wartbichler, Prof. Krawarik

10. August 2019 um