Andreas Schneider aus Abfaltersbach: Ein Leben für die Musik und die Heimat

74 Jahre lang war der 89-jährige Abfaltersbacher als Organist tätig. Für seine Heimatgemeinde hat er auch die Chronik aufgebaut, die er 57  Jahre lang betreute.

Die Liebe zur Musik wurde dem im Jahre 1929 geborenen Andreas Schneider praktisch in die Wiege gelegt. „Schon mein Großvater war Organist, mein Onkel Josef ebenfalls. Meine Begeisterung für das Instrument der Könige, wie man die Orgel oft auch nennt, wurde im Jahre 1942 geweckt. Damals  vermittelte mir der Domkapellmeister zu St. Stephan im Widum in Abfaltersbach im Rahmen einiger Harmoniumstunden die wichtigsten Grundkenntnisse über dieses Instrument. Zwei Jahre und viele Übungsstunden später habe ich dann schon in den Abfaltersbacher Kirchen die Orgel gespielt“, blickt er zurück.

 

 

Im Brotberuf war der Pustertaler, wie er uns wissen lässt, Lehrer und auch Schulleiter. „Im März 1946 besuchte der damalige Landesschulinspektor-Stv. Ladurner die VS Abfaltersbach und auch meinen Onkel Josef Ortner in seinem Haus in Abfaltern. Er hörte mich bei der Messe auf der Orgel spielen und meinte, ich sollte doch studieren und vielleicht Lehrer werden.“ Gesagt, getan. Im Juli 1946 nahm Andreas Schneider an der Aufnahmeprüfung in der Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck teil. „Dort bot sich uns ein düsteres Bild – vom Krieg hinterlassene Ruinen und Schutthaufen, französisches Militär, schlechte Lichtqualität, Stromausfälle. Auch die Zugfahrt gestaltete sich für uns Osttiroler sehr  abenteuerlich. Wir mussten zuerst nach Spittal, dann durch den Tauerntunnel nach Schwarzach-St. Veit und weiter über Hochfilzen und Wörgl nach Innsbruck fahren. Dabei querten wir drei  Besatzungszonen: die englische, die amerikanische und die französische. Es gab lange Aufenthalte an den Zonenübergängen mit Kontrollen, Verhandlungen und Rückfragen.“

 

 

Im Herbst 1946 trat Schneider, der gemeinsam mit einigen Klassenkameraden im Bauernbundheim in Pradl wohnte, in die Lehrerbildungsanstalt ein. „Hunger war damals mein häufiger Begleiter, besonders an Sonn- und Feiertagen“, meint er. „Ich musste mich größtenteils selbst versorgen und kann mich daran erinnern, dass ich mich im Turnsaal aus Kraftmangel oft kaum an den Stangen hochziehen konnte.“ 1951, nach fünfjähriger Ausbildung, legte der Osttiroler die Matura ab, um unmittelbar darauf an seinen ersten Dienstort, die Volksschule Erl, zu wechseln. „Die Gemeinde Erl suchte damals nicht nur einen Lehrer, sondern auch einen musikalischen Leiter für die örtlichen Passionsspiele. Ich wurde gefragt, ob ich auch diese Funktion übernehmen möchte und sagte zu. Leider ist es aus organisatorischen Gründen nicht mehr zu dieser herausfordernden Tätigkeit gekommen.“

 

 

In Erl war der junge Lehrer vielfältig engagiert. Er wirkte in den Schuljahren 1951/52 und 1952/53 nicht nur an der Schule und als Organist, sondern gründete auch einen Männerchor und übernahm im Spätherbst 1952 die Funktion des Kapellmeisters der örtlichen Musikkapelle. Der Ruf zurück in die Heimat ereilte ihn im Frühjahr 1953: Der damalige Abfaltersbacher Bürgermeister ersuchte den jungen Pädagogen per Postkarte, doch die Aufgaben des Schulleiters im Heimatdorf zu übernehmen. Diesem Wunsch kam Schneider nach und trat im Herbst desselben Jahres bereits sein neues Amt in der Volksschule Abfaltersbach an. Bis 1979 übte er die Funktion des VS-Direktors aus, um im Anschluss daran an die Hauptschule zu wechseln, der er bis 1990 als Direktor vorstand.

 

 

Seine Begeisterung für die Musik begleitete Andreas Schneider praktisch sein ganzes Leben: 74 Jahre lang war er ein äußerst verlässlicher Organist, davon zwei Jahre in Erl und 72 Jahre in Abfaltersbach. 46 Jahre wirkte er als Kapellmeister (2 Jahre MK Erl, 44 Jahre MK Abfaltersbach) und 32 Jahre als Bezirkskapellmeister des Musikbezirkes Pustertal/Oberland. Mit der MK Abfaltersbach konnte er in seiner Zeit als Kapellmeister beachtenswerte Erfolge feiern, sämtliche Wertungsspiele wurden mit ausgezeichnetem Erfolg absolviert. Die Frage, wie er denn all diese Aufgaben unter einen Hut bringen konnte, beantwortet er heute schmunzelnd so: „Besonders an Feiertagen oder wenn Prozessionen auf dem Programm standen, war es doch das eine oder andere Mal ziemlich anstrengend.“ Der 89-Jährige berichtet davon, dass er z.B. an Festtagen schon bei der Frühmesse immer die Orgel gespielt habe. „Weiter ging es mit dem Orgelspielen und dem Dirigieren des Chores und des Orchesters beim Hochamt. Dann habe ich bei der Prozession den Stab geführt und zwischendurch auch den Chor dirigiert. Am Nachmittag hat es dann oft noch ein Konzert im Pavillon gegeben“, erzählt der Abfaltersbacher von durch und durch mit Musik ausgefüllten Festtagen.

 

 

Die zweite Leidenschaft Schneiders galt immer schon der Geschichte, insbesondere jener seiner Heimatgemeinde. So verwundert es auch nicht, dass er sich diesbezüglich engagierte und in Abfaltersbach eine Gemeindechronik installierte. Von 1954 bis 2011 war er als Ortschronist tätig. „Als Volksschulleiter war man in früheren Zeiten dazu verpflichtet, auch eine Schulchronik zu führen. In diese fügte ich auch Geschehnisse aus dem Dorfleben ein und erweiterte diese aus eigenem Antrieb in Richtung einer Gemeindechronik“, informiert er. Einen besonderen Fokus legte der Ortschronist dabei auf das historische Handwerk in der Region und hielt schriftlich und in Bildern fest, wie Huf- und Wagenschmiede, Lodenwalker, Hafner, Drechsler, Schuster oder Buchbinder einst arbeiteten.

 

 

Eine große Rolle spielt im Leben des Abfaltersbachers natürlich auch seine Familie. 1960 heiratete er seine Frau Berta, die ihm stets den Rücken frei gehalten hat und die ihm sechs Kinder schenkte. Die drei Töchter und drei Söhne sind übrigens alle sehr musikalisch, spielen verschiedene Instrumente und sind zum Teil als Musikpädagogen und Chorleiter tätig. Heute sind die insgesamt acht Enkel der große Stolz und die Freude des 89-Jährigen.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger

09. August 2018 um