Markus Pucher – Grenzgänger am Berg

Alleingänge sind die Spezialität von Markus Pucher. Der Oberkärntner ist bis dato der einzige Mensch, dem eine Free-Solo-Begehung des „Cerro Torre“ gelungen ist.

Aufgewachsen ist Markus Pucher im Maltatal. Im Klettergarten nur etwa 200 Meter entfernt von seinem Elternhaus unternahm er bereits als 12-Jähriger seine ersten Gehversuche am Fels. „Abenteuer, Risiko und das Erfolgserlebnis, eine Kletterroute zu schaffen – und wenn auch erst beim 10. Versuch – das alles hat mich schon damals sehr fasziniert“, blickt der heute 40-Jährige zurück. Im Maltatal, am nahen Millstätter See und auch in den Lienzer Dolomiten hat der Bergführer später seine Klettererfahrungen erweitert. Im Alter von 16 Jahren folgte eine erste Eiskletter-Tour, wobei ihn auch diese Spielart des Klettersports sofort fest in ihren Bann zog.

Seine erste große Expedition führte den Oberkärntner – Markus lebt heute mit seiner Familie in Gendorf bei Spittal an der Drau – im Jahr 2000 ins südamerikanische Patagonien. „Im Basislager
am Fuße des Fitz Roy lernte ich zwei Alpinisten aus den USA kennen. Spontan bildeten wir eine Seilschaft und bezwangen unter schwierigsten Verhältnissen den Fitz Roy über die Franco-Argentina-Route. Wir waren die einzigen, die es in dieser Saison schafften.“ Vier Jahre später erreichte Markus Pucher eine Anfrage des Kalser Bergführers Toni Ponholzer, ob er gemeinsam mit ihm versuchen
wolle, den Cerro Torre über die Egger-Maestri-Route zu besteigen. Der Oberkärntner sagte zu.

Seit damals war er bereits vier Mal mit Toni Ponholzer in Patagonien unterwegs. So auch 2012,
als die beiden Bergführer einen Kameramann für die Dreharbeiten zum Film „Cerro Torre – A Snowball’s Chance in Hell“ mit David Lama und Peter Ortner aus Nußdorf-Debant auf den Cerro Torre führten. Einen Tag vor Lama und Ortner stand Markus Pucher am 20. Jänner gemeinsam mit Toni Ponholzer und Lincoln Else am Gipfel der berühmten Granitnadel und erfüllte sich damit einen
Kindheitstraum. Ein Jahr später schaffte Markus Pucher dann im Alleingang die erste Free-Solo-Begehung des Cerro Torre. Er wählte für seinen Weg auf den Gipfel – wie bei den Filmaufnahmen ein Jahr zuvor – die Ferrari-Route.

Zu Weihnachten 2014 stellte er sich dann der nächsten Herausforderung – der Free-Solo-Begehung über die Westwand – und war erneut erfolgreich. Beflügelt von diesen „Siegen“ am Berg reifte in Markus der Wunsch, den Cerro Torre auch im Winter allein zu begehen. Sein erster Versuch 2015 – in Südamerika fällt der Winter auf die Monate August/September – endete etwa 300 Meter unterhalb
des Gipfels. „Eine Besteigung des Cerro Torre im Winter ist viel schwieriger als im Sommer. Es herrschen tiefe Temperaturen vor. Die Tage sind kürzer, und im Berg liegt wesentlich mehr Schnee und Eis.“ 2016 probierte er es erneut: „Ich kehrte rund 40 Meter unterhalb des Gipfels um. Es lag zu viel Schnee, und mir war das Risiko zu groß“, erzählt er. Kurzentschlossen trat Markus den Aufstieg auf den Cerro Pollone im Torre-Massiv an – und schaffte dort sowohl die erste Allein-, als auch die erste Winterbegehung.

„Ich habe großen Respekt vor der Natur und den Bergen. Für mich sind Fels und Eis keine tote Materie, sondern etwas Lebendiges. Beim Solo-Klettern bin ich absolut bei mir selbst. Ohne das 100%ige Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten geht es nicht“, betont der 40-Jährige. Entspannung findet der Bergführer daheim bei seiner Familie, bei Lebenspartnerin Tina und den Töchtern Emily (12) und Mia (10). Gerne hilft er zu Hause in Gendorf auch im Pferdestall mit, betreut gemeinsam mit Tina und den
Kindern den Familienhund und die Pferde. Neben dem Bergsteigen, Eisklettern und seiner Familie hat Markus Pucher übrigens noch eine weitere große Leidenschaft: das Armwrestling. In der Gewichtsklasse bis 100 kg hat er es in dieser Sportart schon drei Mal zum österreichischen Staatsmeister gebracht.


„Grenzen zu überschreiten, sich mit viel Ehrgeiz an schier unmögliche Projekte heranzutasten und immer wieder auszuloten, was möglich ist – das ist mein Leben! Wenn mir eine Solo-Begehung gelingt, dann bin ich glücklich. Genauso schön ist es, mit einem Bergkameraden am Gipfel zu stehen und sich im Angesicht der Einsamkeit und Erhabenheit der Berge über das Erreichte zu freuen“, so der
Oberkärntner Grenzgänger abschließend.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: ServusTV/Günther Göberl, Markus Pucher

16. April 2017 um