Zukunft Land: 80 Gäste diskutierten über innovative Ideen für Osttirol

Zum Auftakt der Vortragsreihe „Zukunft Land” diskutierten auf Einladung von Vordenken für Osttirol im Leisacher Gemeindesaal rund 80 Gäste mit Expertinnen und Experten.

Mit Mut, innovativen Ideen und Weltoffenheit für eine positive Zukunft sorgen – so lautete der Grundtenor der Veranstaltung am Mittwoch, 27. November, in Leisach. Mit Beispielen aus anderen Regionen konnten Denkanstöße für die anwesenden Bürgermeister und Bürger gegeben werden. „Entscheidend, um auch in Zukunft wirtschaftlich mithalten zu können, ist die Bevölkerungsentwicklung. In den letzten Jahren gab es in Osttirol eine positive Entwicklung hinsichtlich der Arbeitslosenzahlen. Bis zum Jahr 2018 sank diese im Bezirk auf 7,2 Prozent, was unter dem österreichischen Durchschnitt liegt”, so Gastgeber Michael Hohenwarter einleitend. Der Geschäftsführer des Regionsmanagements Osttirol verwies jedoch auch auf den prognostizierten Rückgang der arbeitenden Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahre und bezeichnete dies als Zeitwende: „Bis zum Jahr 2030 verlieren wir rund 3.500 erwerbsfähige Personen. Insgesamt 2.800 Fachkräfte fehlen uns bis dahin. Deshalb gilt es, Lösungsansätze zu finden und den Faktor Mensch als eine knappe, wertvolle Ressource anzusehen.“

 

 

Für eine Rückkehr der „Ausheimischen” setzt sich der Verein „Zukunftsorte“ ein. Unter Zukunftsorten versteht man Gemeinden, die die Lebensqualität der BürgerInnen in den Mittelpunkt stellen oder mit innovativen und kreativen Projekten Menschen aus anderen Regionen zurück in die eigene, ländliche Gemeinde holen möchten. Obmann Josef Mathis, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Zwischenwasser, verwies auf den Blick von außen: „Uns ist es wichtig, Ausheimische zu Wort kommen zu lassen. Sie sollen Ideen geben, um Trends zu erkennen und das Wissen in die Zukunftsorte bringen.“ Dafür brauche es laut Mathis Mut und Ausdauer sowie die richtigen Rahmenbedingungen. Für Osttiroler Gemeinden sieht er nicht 33 unterschiedliche Lösungen, sondern plädiert für eine Zusammenarbeit innerhalb des Bezirkes: „Die Ebene der Region bekommt eine immer stärker werdende Bedeutung. Wenn man an den größeren Schrauben drehen will, muss man sich zusammentun. Die Region Osttirol wäre eine sehr gute Mitgliedsgemeinde. Es gibt in jeder Dorfgemeinschaft innovative Leute, die sich um die Zukunft kümmern. Diese Ressourcen gilt es zu nutzen.“

 

 

Sofern sich Ausheimische für eine Rückkehr entscheiden, muss die Wohnsituation stimmen. Großes Interesse zeigte das Publikum hier an den Ideen und Kritikpunkten zu Wohnmodellen von Roland Gruber vom Architekturbüro nonconform. „Im ländlichen Raum gibt es kaum Alternativen zu Einfamilienhäusern oder Wohnblöcken. Den Menschen ist das Zusammenleben verloren gegangen. Es braucht mutige, moderne Wohnformen am Land für Rückkehrer“, so Gruber. Um die Arbeit am Land mit der bestmöglichen Infrastruktur (dazu zählen etwa Internet oder geeignete Büros) zu gewährleisten, gibt es sogenannte Coworking-Plätze. Unternehmen aber auch Einzelpersonen können sich dafür in Einrichtungen einen Platz mieten und müssen somit nicht in der Firma arbeiten, die unter Umständen weit weg ist.

 

Von ihren Erfahrungen mit „Coworkation” erzählten Veronika Müller und Roland Gruber.

 

Diese Idee des Coworkings hat Veronika Müller, Vorstand des Vereins Coworkation Alps, weitergesponnen. Ihre „Coworkation“ vereint nicht nur die gewöhnlichen Coworking-Angebote, sondern bietet Menschen, die im Urlaub sind und dringend einen Platz zum Arbeiten suchen, die Möglichkeit, sich in einem Gemeinschaftsbüro einzuquartieren. „Für Gemeinden besteht hier der Vorteil, nicht nur als Wohnort oder touristischer Ort wahrgenommen zu werden, sondern wirklich als Arbeitsstandort. Es entsteht zudem ein Austausch zwischen den unterschiedlichsten Leuten. Bei uns gibt es ein Coworking-Office, wo eine Versicherung, ein Grafiker und einige Coaches untergebracht sind”, berichtete Müller.

 

Für ländliche Ortschaften gab Roland Gruber zum Abschluss noch einen Denkanstoß: „Es gibt keine Grenzen für Gemeinden oder Orte. Diese Grenzen befinden sich im Kopf. Für mich ist ein Gemeindeamt nicht nur ein Gemeindeamt, sondern es könnte eine Mutmacherei für neue Ideen sein.“

 

Roland Gruber, der selbst in einem Coworking-Büro im Kärntner Moosburg arbeitet, brachte zahlreiche Ideen ein, etwa um die Bindung zu den Urlaubern in touristischen Orten zu erhalten. „Wie wäre es, wenn die Bürgermeister die Gäste zu sich zum Frühstück einladen und bewusst ansprechen, dass sie hierbleiben sollen. Also ein proaktives Organisieren, für Zuzügler“. Bei den Erfolgsfaktoren waren sich die Vortragenden einig: Aktive Heimkehrer, mutige Projekte, Weltoffenheit oder der Win-Win-Wille sind unabdingbar, um in ländlichen Regionen voranzukommen. Die Veranstalter zeigten sich mit der Auftaktveranstaltung zufrieden. „Der Gemeindesaal brummte vor Ideen, wir hatten eine tolle Stimmung und freuen uns schon auf die nächsten Veranstaltungen, in denen wir die heute aufgekommenen Impulse vertiefen und konkretisieren wollen”, freute sich Michael Hohenwarter.

 

Text: Redaktion, Fotos: Brunner Images

02. Dezember 2019 um