Wie starten die Osttiroler Schutzhütten in den Bergsommer 2020?

Auch für Bewirtschafter und Gäste von Schutzhütten wird die Sommersaison wegen der Coronakrise eine ganz besondere werden. Wir sprachen mit Hüttenwirtsleuten darüber.

„Wir haben den Saisonstart für das Pfingstwochenende um den 30. Mai geplant“, sagt Viktoria Maurer, die gemeinsam mit Christoph Schneider seit der Sommersaison 2007 die Sillianer Hütte am Karnischen Kamm, unmittelbar an der Grenze zu Italien, bewirtschaftet. Derzeit sind die beiden Wirtsleute vor allem mit Vorbereitungsarbeiten aufgrund der COVID 19-Bestimmungen für Gastronomie- und Beherbergungsbetriebe beschäftigt. „Für Schutzhütten gelten nach momentanem Stand die gleichen Vorschriften wie für Gastro-Betriebe im Tal. Es beschäftigen uns Hygiene-Fragen (z.B. Desinfektion) genauso wie die Einteilung der Lagerplätze, um die Abstandsregeln einzuhalten“, berichtet die Hüttenwirtin.

 

In der Gaststube der Sillianer Hütte werden nach derzeitigem Stand die gleichen Corona-Vorschriften wie in Restaurants im Tal gelten. Foto: Martin Lugger

 

Die Sillianer Hütte verfügt über knapp 70 Schlafplätze in Zimmern und Lagern. „Wir rechnen damit, dass wir die Übernachtungsplätze nur zu etwa der Hälfte belegen können, solange die Corona-Bestimmungen gelten.“ Weil noch sehr ungewiss ist, wie viele Tages- und Übernachtungsgäste überhaupt auf die Hütte kommen, hält sich Viktoria Maurer mit der Eindeckung mit Lebensmitteln und Getränken vorerst eher zurück. „Wir hoffen sehr, dass in diesem Sommer vor allem auch die Einheimischen die Schutzhütten in der eigenen Region besuchen werden und dass Österreicher verstärkt im eigenen Land Urlaub machen. Vielleicht können wir ein wenig davon profitieren“, so Viktoria Maurer abschließend.

 

Die Glorer Hütte liegt auf 2.642 Metern Seehöhe in Kals am Großglockner und befindet sich im Eigentum der Sektion Eichstätt des Deutschen Alpenvereins. Wolfgang Heinz, der neue Pächter des Schutzhauses in der Glocknergruppe, hat uns dieses aktuelle Bild übermittelt.

 

Wolfgang Heinz freut sich auf die neue Hüttensaison. Gemeinsam mit seiner Partnerin Christine Denk bewirtschaftet er heuer erstmals die Glorer Hütte in Kals am Großglockner. „Wir wollen mit 6. Juni in die Saison starten. Die Übergabe des Vorpächters an uns war sehr unkompliziert, vor allem Martin hat uns kräftig unterstützt“, sagt der 52-Jährige. Ob das Tuffbad im Lesachtal, die Bonn-Matreier Hütte in Virgen, die Sternalm in Lienz oder das Heinrich-Schwaiger-Haus in Kaprun – der gebürtige Steirer hat bereits zahlreiche Gastronomiebetriebe und Hütten geleitet. „Mir ist es wichtig, endlich wieder in einer Schutzhütte im Hochgebirge Gäste verwöhnen zu dürfen. Hüttenwirt zu sein ist für mich fast schon zur Lebenseinstellung geworden.“

 

Eine Aufnahme der Glorer Hütte vom August 2018. Foto: Raimund Mühlburger

 

Die Glorer Hütte wird über eine Materialseilbahn, deren Talstation in der Nähe des Lucknerhauses liegt, beliefert. „Derzeit sind wir mit den Vorbereitungsarbeiten und vor allem mit der Eindeckung mit Lebensmitteln und Getränken beschäftigt. Eine zusätzliche Herausforderung sind heuer natürlich die Vorschriften aufgrund der Coronakrise“, sagt der Hüttenwirt. Das Kalser Schutzhaus verfügt über knapp 50 Schlafplätze. „In den Gaststuben gelten für Schutzhütten die gleichen Vorschriften wie im Tal. Bei den Übernachtungen warten wir noch die genauen Regelungen ab. Die große Frage ist, wie wir die ca. 30 Schlafplätze in den Lagern belegen können. Wir sind zuversichtlich, dass wir den Hüttenbetrieb auch mit den Corona-Vorschriften gut bewerkstelligen können und freuen uns auf den Bergsommer“, so Wolfgang Heinz abschließend.

 

Edith und Rupert Tembler bewirtschaften seit 15 Jahren die Karlsbaderhütte, ein Schutzhaus der Sektion Karlsbad des Deutschen Alpenvereins. Foto: Osttirol Journal

 

Edith und Rupert Tembler, die Bewirtschafter der Karlsbaderhütte in den Lienzer Dolomiten, wollen mit 13. Juni in die Sommersaison starten. Das Schutzhaus liegt idyllisch am Laserzsee und war 2019 der Tiroler Vertreter in der ORF-Fernsehshow „9 Plätze – 9 Schätze“. Die Hütte wird nicht nur von Bergsteigern und Alpinisten, sondern insbesondere auch von einheimischen Mountainbikern gerne besucht und ist auch bei der Kletter-Community äußerst beliebt. Für Alpin-Ausbildungskurse (z.B. Polizei oder Bergrettung) wird das Felsgebiet rund um die Hütte gerne genutzt. Rupert Tembler schätzt, dass er im heurigen Sommer sicher Einbußen bei den Einnahmen haben wird. „Ich gehe aufgrund der Corona-Vorschriften und des geänderten Reise- und Freizeitverhaltens von einer Auslastung zwischen 50 und 70 Prozent im heurigen Sommer aus“, so der Hüttenwirt.

 

Die Karlsbaderhütte (2.260 Meter) und das beliebte Klettergebiet rundherum war am 21. Mai neben der Bezirkshauptstadt Lienz in der ORF-Sendung „Ein Sommer in Österreich“ mit Marcel Hirscher zu sehen. Foto: Ingemar Wibmer

 

Etwa 100 Personen können in der Karlsbaderhütte übernachten. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir über viele Zimmer verfügen. Die Lager werden wir versuchen, so zu vergeben, dass möglichst eine Familie in einem Lager nächtigen kann. Ich schätze, das wird sich ausgehen, weil wir aufgrund der Vorschriften sowieso weniger Gäste aufnehmen dürfen“, so Tembler. Dass man auf Schutzhütten seinen Schlafplatz reserviert, sei größtenteils schon zur Normalität geworden. „Deswegen ist der Umgang mit der Reservierungspflicht für uns nicht neu. Wir gehen optimistisch in die heurige Saison. Der Umgang mit den Corona-Vorschriften wird sich in der Praxis zeigen, und vielleicht kommt es auch noch zu Anpassungen im Laufe des Sommers“, so der Hüttenwirt abschließend.

 

Die Erzherzog-Johann-Hütte auf 3.454 Metern Seehöhe ist das höchstgelegene Schutzhaus Österreichs. Foto: Ingemar Wibmer

 

Toni Riepler bewirtschaftet seit dem Sommer 2017 die Erzherzog-Johann-Hütte in Kals am Großglockner. Das Schutzhaus im Eigentum des Österreichischen Alpenklubs ist das höchstgelegene Schutzhaus Österreichs und wird landläufig auch als „Adlersruhe“ bezeichnet. Mit 11. Juni will Toni Riepler in die Sommersaison starten. „Natürlich beschäftigen mich derzeit auch Fragen rund um die COVID-19-Vorschriften. Ich mache mir aber keine großen Sorgen, weil ich glaube, dass wir den Betrieb auf der Adlersruhe recht gut handhaben können. Im Gastraum gelten die gleichen Vorschriften wie im Tal. Mit der Tischbelegung könnten wir an Spitzentagen sicher an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen. Wir überlegen, dass wir das Essen an solchen Tagen in mehreren Schichten servieren“, so der Kalser.

 

Besonders beliebt ist die Erzherzog-Johann-Hütte als Stützpunkt für den Normalanstieg auf den Großglockner. Von hier dauert die Tour auf den höchsten Berg Österreichs nur mehr 1,5 bis 2 Stunden. Foto: Ingemar Wibmer

 

Die „Adlersruhe“ verfügt über 130 Schlafplätze. „Ich rechne damit, dass wir die Hütte etwa zur Hälfte belegen können, solange die Corona-Vorschriften gelten. Derzeit überlegen wir, wie wir die Übernachtungen sinnvoll gestalten können. Die Einteilung ist bei uns grundsätzlich kein großes Problem, weil es die Bergsteiger sowieso gewohnt sind, einen Schlafplatz zu reservieren. Größtenteils kommen zu uns geführte Gruppen und viele Stammgäste.“

Aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt und im Freizeitverhalten hätte sich schon seit längerer Zeit eine gewisse Gleichmäßigkeit eingestellt. „Die Glocknertouren konzentrieren sich nicht mehr – so wie früher – nur auf das Wochenende. Diese gleichmäßigere Auslastung ist sowohl für den Gast, als auch für die MitarbeiterInnen ein großer Vorteil. Unser Bestreben war es immer schon, viel Gemütlichkeit und Ruhe in der Hütte zu schaffen. Bei gleichmäßiger Auslastung fällt beim Hüttenpersonal Druck weg, und die Bergsteiger können das Abenteuer Großglockner in vollen Zügen genießen“, betont Toni Riepler abschließend.

 

Ang Kami Lama Sherpa und seine Frau Pasang Ihamu Sherpa im Juli 2018 beim Start in ihre erste Saison als Pächter der Sudetendeutschen Hütte in Matrei in Osttirol. Foto: Osttirol Journal

 

Ang Kami Lama Sherpa bewirtschaftet seit der Sommersaison 2018 die Sudetendeutsche Hütte auf 2.650 Metern Seehöhe in der Granitspitzgruppe hoch über dem Tauerntal. Mit der Bewirtschaftung einer Schutzhütte in den Alpen ist für Ang Kami, der in Nepal geboren und aufgewachsen ist, ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Wir erreichen Ang Kami über Internet-Telefonie in Nepal, wo er derzeit aufgrund der Coronakrise festsitzt. „Ich bin am 13. März nach Kathmandu geflogen. Geplant war eine Annapurna-Umrundung mit Matreier Bergsteigern. Ich sollte die Tour führen und flog zwei Wochen früher als die Osttiroler nach Nepal, um Vorbereitungen zu treffen. Die Matreier sollten am 25. März hierher fliegen. Dazu kam es natürlich nicht“, erzählt der 35-Jährige.

 

Eigentümer der Sudetendeutsche Hütte ist die Sektion Schwaben des Deutschen Alpenvereins. Foto: Osttirol Journal

 

Nun sitzt Ang Kami in Nepal fest und unternimmt alles, um einen Flug nach Europa zu organisieren. „Aktuell wurde mir vom Österr. Konsulat in Nepal ein Flug für den 30. oder 31. Mai in Aussicht gestellt. Er würde um die 1.900 US-Dollar kosten. Ob ich wirklich fliegen kann, ist noch ungewiss. Unklar sind auch die Quarantäne-Bestimmungen, wenn ich nach Österreich zurückkehre. Ich würde natürlich auch gerne meine Frau endlich wiedersehen. Sie ist in Innsbruck geblieben“, erzählt er.

Die Hüttenöffnung der Sudetendeutschen Hütte war – so wie in den letzten Saisonen – für Mitte Juni geplant. „Nun ist der Saisonstart auf Anfang Juli verschoben. Ich hoffe, dass ich bald nach Europa fliegen kann, und würde gerne so bald wie möglich wieder Bergsteiger und Wanderer auf der Sudetendeutschen Hütte bewirten“, sagt der begeisterte Alpinist und Hüttenwirt abschließend.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger, Wolfgang Heinz, Raimund Mühlburger, Osttirol Journal, Ingemar Wibmer

22. Mai 2020 um