Seit 90 Jahren thront die Bonn-Matreier Hütte hoch über dem Virgental

Am 14. August 1932 wurde die Bonn-Matreier Hütte eröffnet. Seit 90 Jahren führen die Sektionen Bonn am Rhein des DAV und Matrei i.O. des ÖAV das Schutzhaus nun gemeinsam.

Von der Lasörlinggruppe über die Villgrater Berge bis in die Sextener Dolomiten und von der Schobergruppe und den Lienzer Dolomiten bis zum Triglav, dem höchsten Berg Sloweniens – Wanderern und Bergsteigern erschließt sich auf der so genannten „Hohen Ader“ auf der Sonnseite des Virgentales ein unglaublich beeindruckendes Panorama. Unter Andreas Girstmair, dem Langzeit-Obmann des Alpenvereins Matrei, hatte man im Jahre 1929 diesen Platz im Angesicht von Eicham, Sailkopf und Rauhkopf in der Gemeinde Virgen ausgesucht, um ein Schutzhaus zu errichten.

 

 

Es war eine wirtschaftlich sehr schwierige Zeit, und so musste man bald einsehen, dass das Hüttenprojekt die finanziellen Möglichkeiten der Sektion Matrei überstieg. Im Zuge der Suche nach Projektpartnern wurde am Matreier Rauterplatz ein Modell der geplanten Hütte aufgestellt. Der Vorsitzende der deutschen Alpenvereinssektion Bonn am Rhein verbrachte zu dieser Zeit gerade seinen Urlaub im Hotel Rauter, sah das Modell und konnte als Partner gewonnen werden. „Seitdem betreiben die Sektionen Bonn und Matrei die Hütte gemeinsam, teilen sich die Kosten und vor allem auch Freud und Leid, die mit dem Betrieb eines Schutzhauses im Hochgebirge immer verbunden sind. In der heurigen Saison bereitete uns vor allem die Wasserknappheit Probleme“, erzählt Lukas Brugger, seit 2019 Obmann des Matreier Alpenvereins.

 

Franziskanerpater Martin aus Lienz zelebrierte am 14. August 2022 – auf den Tag genau 90 Jahre nach der Eröffnungs- und Einweihungsfeier – wieder eine Bergmesse bei der Bonn-Matreier Hütte.

 

Die Einweihung der Hütte am 14. August 1932 gestaltete sich zu einem Fest für ganz Matrei und Virgen. Höhenfeuer und Konzerte kündigten das Ereignis schon am Vortag an. An die 300 Gäste wohnten der Bergmesse und Eröffnungsfeier hoch über dem Virgental bei. Die Musikkapelle Matrei gestaltete die Feierlichkeiten musikalisch. „Auf den Tag genau 90 Jahre nach der Einweihung feierten wir heuer am Sonntag, 14. August, wieder eine Bergmesse, die Pater Martin zelebrierte. Es werden wohl wieder an die 300 Bergfreunde gewesen sein, die bei prächtigem Sommerwetter das herrliche Panorama genossen“, freut sich Lukas.

 

Nahe der Bonn-Matreier Hütte wurde auch eine Felsenkapelle errichtet.

 

Die Bonn-Matreier Hütte liegt am Venediger-Höhenweg und ist nicht nur bei Bergsteigern, sondern auch bei Weitwanderern als Etappenziel sehr beliebt. In einer Stunde gelangt man von hier aus auf den Rauhkopf (3.070 m), und in rund 2,5 Stunden erreicht man den Sailkopf (3.209 m). Wer den 3.371 Meter hohen Eicham besteigen will, muss dafür etwa vier Stunden einplanen. Über die beeindruckende „Galtenscharte“ wandert man in rund 5,5 Stunden auf die Badener Hütte (2.608 m), die am Ende des Froßnitztales auf Matreier Gemeindegebiet liegt.

 

Per Materialseilbahn werden Lebensmittel & Co auf die Bonn-Matreier Hütte transportiert.

 

Lawine zerstörte 2019 Talstation der Seilbahn

Die Hüttenversorgung erfolgt seit 1993 über eine Materialseilbahn mit erweitertem Werksverkehr. 2002 wurde eine Abwasserbeseitigungsanlage installiert und 2007 ein Blockheizkraftwerk in Kombination mit einer Photovoltaikanlage für die Energieversorgung errichtet. „Im Jänner 2019 richtete eine Lawine großen Schaden an. Die Talstation des Aufzugs wurde fast gänzlich zerstört, die Aufzugstechnik blieb zum Glück von den Schneemassen größtenteils verschont. Das Gebäude selbst konnten wir wieder aufbauen. Auch die Abwasserbeseitigungsanlage haben wir modernisiert“, berichtet der Obmann von den jüngsten Investitionen.

 

 

Probleme bereitete den Betreibern der Bonn-Matreier Hütte im heurigen Sommer die Wasserknappheit. „Um Wasser zu sparen, haben wir zeitweise die Duschen gesperrt. Das Trinkwasser fassen wir derzeit im Bereich der Talstation und liefern es in Containern mit dem Aufzug zur Hütte. Um dem Problem Herr werden zu können, planen wir, den Brauchwasserbehälter, über den das Regenwasser gesammelt wird, zu vergrößern. Jedenfalls sind wir sehr froh, dass unser neuer Wirt mit seinem Team nicht nur die Gäste hervorragend bewirtet, sondern auch die technischen Herausforderungen zu unserer vollsten Zufriedenheit meistern kann.“

 

v.l.n.r.: Karin, Tamara, Marco, Hannah, Walter und Andreas Rainer (Pächter) mit Lukas Brugger (Obmann Alpenverein Matrei)

 

Neue Wirtsleute

Andreas Rainer aus Prägraten ist der neue Pächter der altehrwürdigen Alpenvereinshütte in der Venedigergruppe. Gemeinsam mit seiner Schwester Tamara sowie den Eltern Karin und Walter bewirtet er seit dem Beginn der heurigen Sommersaison die Gäste. Der 35-Jährige bringt als Obmann des Vereins „Prägraten alpin“ und als Bergretter jede Menge alpine Erfahrung mit. „Bergsteigen war immer schon meine große Leidenschaft. Nach 18 Jahren in einem technischen Beruf kann ich nun als Hüttenwirt meine Begeisterung für das Hochgebirge auch an die Gäste weitergeben“, erzählt der Prägratner. Seine Schwester Tamara arbeitete über 15 Jahre im Restaurant „Saluti“ in Matrei und kann somit eine große gastronomische Erfahrung einbringen.

„Unsere Gäste verwöhnen wir mit traditionellen Tiroler Gerichten und Osttiroler Spezialitäten. Unser Vater war jahrzehntelang Bäcker. Er bäckt für uns das Brot und gemeinsam mit Mama auch Mehlspeisen. Wir setzen auch auf Produkte vom eigenen Bauernhof“, informiert Tamara, die gemeinsam mit ihrem Partner Herbert eine Landwirtschaft in Prägraten betreibt.

 

 

Im Bereich Übernachtungen verfügt die Bonn-Matreier Hütte über 28 Matratzenlager, 16 Bettenlager und einen Winterraum. „Wenngleich die Nachfrage im Herbst etwas nachließ, waren wir in der heurigen Sommersaison äußerst gut gebucht und vielfach sogar ausgebucht. Auch mit dem Besuch von Tagesgästen sind wir sehr zufrieden. Ich habe es jedenfalls keinen Augenblick bereut, die Bonn-Matreier Hütte gepachtet zu haben“, hält der begeisterte Hüttenwirt abschließend fest.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: © Bonn-Matreier-Hütte, Alpenverein Matrei, Lukas Brugger, Raimund Mühlburger

10. Oktober 2022 um