Große Herausforderungen für Österreichs Abfall- und Ressourcenwirtschaft

Der Ölpreisverfall und die Corona-Krise haben die Situation am Kunststoffmarkt verschärft. Probleme bereiten auch Tonnen von Fehlwürfen im Restmüll.

Im Bereich der Abfall- und Ressourcenwirtschaft zeichnet sich schon seit einiger Zeit eine rasante Entwicklung von der traditionellen Müllentsorgung hin zum modernen Ressourcenmanagement ab. Wie sehr das Hauptaugenmerk im größten Abfallwirtschafts-Unternehmen der Region, der Firma Rossbacher, auf die Themen Abfallvermeidung, -trennung und -recycling ausgerichtet ist, davon konnte man sich am 23.7. direkt vor Ort überzeugen. Anlass für die Führung durch das weitläufige Rossbacher-Betriebsareal war der Antrittsbesuch der Präsidentin des Verbandes der österreichischen Entsorgungsbetriebe (VOEB), Gabriele Jüly, in Lienz. Seit Juni 2020 im Amt, widmet sie sich der Interessensvertretung der rund 400 kommerziell geführten Abfallwirtschaftsbetriebe in Österreich, die Mitglied des VOEB sind. „Zusammen verfügen wir über circa 1.100 High-Tech-Anlagen, setzen einen Jahresumsatz von 4 Milliarden Euro um und beschäftigen österreichweit rd. 43.000 Menschen“, informierte Jüly. Sie verwies darauf, dass drei Viertel des gesamten Abfalls, der in Österreich anfällt, von der privaten Abfallwirtschaft gesammelt, behandelt, verwertet und entsorgt wird. „Unsere Vision ist es, dass Abfall ein Wertstoff ist“, so die VOEB-Präsidentin. „Darum haben wir uns das Ziel gesetzt, Ressourcen bestmöglich wiederzuverwerten und im Rohstoffkreislauf zu behalten.“ Jüly bezeichnete es als ihre erste große Aufgabe, gemeinsam mit den Vertretern der Bundesregierung das Kreislaufwirtschafts-Paket umzusetzen und auf die Erreichung der EU-Recyclingziele 2030 hinzuarbeiten. „Dazu gehört die Verdoppelung des Kunststoffrecyclings, die Einführung einer Quote für Sekundärrohstoffe sowie die korrekte Entsorgung von Lithium-Batterien, um Brände zu verhindern.“

 

Die Lithium-Batterie eines Rasenmähroboters war die Ursache des Brandes am 8.7.2020. Als Reaktion darauf und als präventive Maßnahme für die Zukunft hat man von Seiten der Firma Rossbacher in weitere Löschkanonen (aktuell insgesamt 12) und in ein neues Löschfahrzeug investiert.

 

Wie „brandgefährlich“ gerade diese Lithium-Batterien sind, musste man im Osttiroler Unternehmen Rossbacher erst vor Kurzem feststellen. Am 8.7. kam es infolge einer Selbstentzündung einer Lithium-Batterie zu einem größeren Brand in einem Elektroschrott-Lager. „Nicht wenige Lithium-Batterien sind direkt in die Geräte eingearbeitet, wie in diesem Fall in einen Rasenmähroboter, und lassen sich nicht ausbauen. Bereits kleine Zündquellen oder Beschädigungen können zu Bränden führen, die nicht nur an sich eine Gefahr darstellen, sondern auch sehr schwierig zu löschen sind“, berichtete dazu Lukas Rossbacher, der im familieneigenen Betrieb für die Bereiche Schrott- und Altstoffhandel verantwortlich zeichnet. „Rund 1,4 Millionen dieser Batterien landen pro Jahr österreichweit im Restmüll“, erläuterte er die große Anzahl an Fehlwürfen allein in dieser Sondermüll-Kategorie und betonte, wie wichtig es wäre, wenn es in Österreich eine einheitliche Richtlinie dafür gäbe, dass die Batterien aus den Geräten entfernt werden können. Dem stimmte vollinhaltlich auch Gabriele Jüly zu, die versprach, sich dafür bei Bundesministerin Elisabeth Köstinger einzusetzen.

 

Seit dem Jahr 1989 dient das Abfallwirtschaftszentrum am Standort in Nußdorf-Debant als zentraler Umschlagplatz für Tonnen von Müll verschiedener Sorten und Qualitäten. Durchschnittlich lagern 300 bis 400 Tonnen auf dem 7,5 Hektar großen Gelände.

 

Lukas Rossbacher: „In fast allen Bereichen der Müllwiederaufbereitung gibt es stabile Zahlen. Eine Ausnahme ist der Kunststoff-Sektor. Hier schwanken die Preise infolge des zuletzt stark gesunkenen Ölpreises und der sinkenden Nachfrage nach Kunststoff aufgrund der Corona-Krise stark – und hier braucht es staatliche Hilfe, damit die Kreislaufwirtschaft am Laufen gehalten werden kann.“

 

Gemeinsam mit Rossbacher-Geschäftsführer Ronald Pirker, seinem Bruder Franz und Betriebsleiter Bernhard Zanon führte Lukas Rossbacher durch weitere „Sammel-Inseln“ auf dem Firmengelände, wobei anhand der Kunststoff-Wiederaufbereitung der Kreislauf der Abfallwirtschaft ausführlich erklärt wurde. „Wir führen hier die Kunststoffsammlung und -aufarbeitung für ganz Osttirol und die Bezirke Hermagor und Spittal durch bzw. verfügen auch über einen Sortierauftrag für die Bezirke Feldkirchen und Villach Land. Unsere professionell geschulten Fahrer holen auf ihren regelmäßigen Touren den Hausmüll von mehr als 30.000 Haushalten, den Gewerbemüll, Leichtstoff- und Metallverpackungen, Altpapier, Altkarton und Biomüll von allen kommunalen Privat- und Geschäftskunden ab – in ganz Osttirol, in den Bezirken Hermagor und Spittal an der Drau sowie im angrenzenden Südtiroler Raum. Außerdem übernehmen wir auch Baustellenentsorgungen mit Abroll- und Absetzfahrzeugen.“

 

In der Rossbacher-Kunststoffsortieranlage sind aktuell 14 MitarbeiterInnen tätig. Die Arbeitsschritte reichen vom Sammeln, über das Sortieren am Förderband, bis hin zum Schreddern und Pressen der Ballen in Größen zwischen 150 bis 500 kg.

 

Bezüglich des Recyclings von Kunststoffen steht die Branche allerdings, wie Lukas Rossbacher ausführte, vor großen Herausforderungen. Aktuell ist die Nachfrage nach recyceltem Kunststoff sehr klein, die Kunststoffpreise sind um fast 50 Prozent eingebrochen. Ursache dafür ist der niedrige Rohölpreis sowie der sinkende Bedarf an Kunststoffen aufgrund der Corona-Krise. Das Problem ist allerdings nicht neu: Immer wieder war es für die Industrie auch schon in der Vergangenheit günstiger, Primärrohstoffe statt Rezyklate zu verwenden. Schon seit Jahren setzt sich deshalb die Abfall- und Ressourcenwirtschaft für die Schaffung eines robusten Binnenmarktes für Sekundärrohstoffe ein. Gabriele Jüly: „Dafür brauchen wir eine verpflichtende Quote für den Einsatz von Rezyklaten in der industriellen Produktion – und das kann nur eine politische Entscheidung sein!“

 

VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly: „Bei Kunststoff erzielen wir derzeit in Österreich nur eine Recyclingquote von 25 Prozent. Ziel ist es, diese Quote bis 2025 um das Doppelte zu erhöhen. Unsere Recyclingbetriebe verfügen bereits über das Know-how, um aus dem gesammelten Kunststoff Rezyklate in bester Qualität zu erzeugen. Um die neuen Mengen zu erreichen, sind jedoch enorme Investitionen in neue Sortieranlagen erforderlich – und dafür brauchen wir politische Rechtssicherheit sowie langfristige Rahmenbedingungen, um die Infrastruktur gemäß den EU-Vorgaben zu erneuern.

 

Die Firma Rossbacher ist auch Partner des Abfallwirtschaftsverbandes Osttirol beim Betrieb der MBA in Lavant. Alle Abfälle, für die eine Wiederverwertung möglich ist und die zu Sekundärrohstoffen aufbereitet werden können, werden auf die Anlage der Firma Rossbacher angeliefert. Nur der nicht verwertbare Restmüll kommt zur MBA nach Lavant. Dort wird mittels eines mechanischen Splittings Ersatzbrennstoff gewonnen. Nur ein kleiner Teil von ca. 2.000 Tonnen jährlich bleibt nach einer biologischen Behandlung auf der Lavanter Deponie.

 

AWV Osttirol-Geschäftsführer Bernhard Schneider unterstrich am 23.7. die gute Zusammenarbeit mit dem Familienbetrieb Rossbacher, der sich aus kleinen Anfängen heraus mittlerweile zum größten Abfallwirtschaftsunternehmen der Region entwickelt hat.

 

Text: J & E. Hilgartner, Fotos: Osttirol heute

24. Juli 2020 um