Regionalverein Großglockner: Kreative Wollverarbeitung im Oberkärntner Mölltal

Seit 1995 verfolgt der „Regionalverein Großglockner“ mit Sitz im Schmutzerhaus in Mörtschach das Ziel, altes Handwerk zu erhalten. Der Schwerpunkt liegt auf der Schafwoll-Verarbeitung.

„Die Schafhaltung hat bei uns im Mölltal eine jahrhundertealte Tradition, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts büßte sie jedoch stark an Bedeutung ein. Wir wollten das uralte Handwerk wiederbeleben. In vielen kleinen Schritten ist es uns gelungen, Produktions-, Verarbeitungs- und Verkaufsstätten zu schaffen, und so die Wollverarbeitung wieder in den Fokus zu rücken“, erzählt Silvia Göritzer, Obfrau des Regionalvereins Großglockner.

 

Margareta Göritzer näht u.a. Decken, die mit Schafwolle gefüllt sind.

 

Gegründet wurde der Verein im Jahre 1995 auf Initiative von zahlreichen Mölltaler Visionären und Schafbauern. Sitz des Vereines war zunächst ein uraltes Bauernhaus in Großkirchheim. In den frühen 1990er-Jahren erwarb die Gemeinde Mörtschach das „Schmutzerhaus“, revitalisierte es und führte es einer neuen Nutzung zu. Dort ist nun der „Bauern- und Handwerksladen“ des Regionalvereins Großglockner untergebracht. „Im Schmutzerhaus haben wir auch unsere Wollwerkstätte eingerichtet. Im Bauernladen verkaufen wir unsere Wollprodukte wie Decken, Pölster, Patschen, Teppiche, Strickwaren – und zusätzlich bäuerliches Kunsthandwerk sowie auch regionale Lebensmittel. Besonders stolz sind wir auf unsere handgefertigten Schafwollbetten mit Qualitätszertifikat, welches unseren Produkten eine schlaf- und gesundheitsfördernde Wirkung und eine hervorragende Strahlenabschirmung bescheinigt.“

 

 

Tierhaltung

Ein wichtiges Kriterium für die hohe Qualität der Produkte ist die Haltung der Schafe im Sommer auf der Alm. „Die Herbstwolle ist deshalb auch die wertvollste. Schon bei der Schafschur wird die Wolle gewissenhaft sortiert. Nicht nur Schafbauern aus der Nationalpark-Region lassen ihre Wolle bei uns verarbeiten, sondern Landwirte aus ganz Österreich und darüber hinaus.“

 

 

Wollwaschanlage

Mit kaltem Wasser und ausschließlich natürlichen Zusätzen wird die Wolle in der Wollwaschanlage in Mörtschach gewaschen. „Dadurch bleibt das hochwertige Lanolin erhalten und kann seine gesundheitsfördernde Wirkung entfalten“, erzählt Silvia, die die Wollwaschanlage selbst betreibt.

 

Franz Brandstätter betreut die Kardiermaschine in Großkirchheim.

 

Kardiermaschine

In Großkirchheim hat der Verein eine Kardiermaschine eingerichtet, die Franz Brandstätter betreut. Die getrocknete Wolle wird hier zu Vlies, Vorgarn, Strickwolle und Teppichdochten verarbeitet. Aufgrund der großen Nachfrage wäscht und kardiert der Regionalverein Großglockner nicht nur Schafwolle, sondern auch Lama- und Alpakawolle. „Wir können garantieren, dass jeder Kunde nach dem Waschen und Kardieren seine eigene Wolle wieder zurückerhält bzw. dass wir die Wolle separat verarbeiten.“

 

Herlinde Granig-Ruppitsch beim Filzen im Schmutzerhaus

 

Wollwerkstätte

In der Wollwerkstätte im Schmutzerhaus wird das Vlies weiterverarbeitet. Beim Filzen entstehen Patschen, Taschen, Schals, Sitzauflagen und vieles mehr. „Sehr beliebt ist auch unsere Strickwolle. Wir stricken damit nach Maß – Socken, Handschuhe und Kappen genauso wie Jacken oder Gilets.“

Webstube Heiligenblut

Familie Fellner hat auf ihrem Bauernhof (vlg. Christibauer) in Heiligenblut eine Webstube mit einem alten Handwebstuhl eingerichtet. Hier verarbeitet Elisabeth Fellner ihre eigene Schafwolle zu Teppichen. Familie Fellner verwebt in ihrer Webstube auch die Wolle anderer, unter anderem auch für den Regionalverein Großglockner. Beim „Christibauer“ hat man außerdem die Möglichkeit, Elisabeth Fellner beim Weben über die Schulter zu schauen oder unter fachkundiger Anleitung sein persönliches „Meisterstück“ zu weben.

 

 

„In vielen kleinen Schritten konnten wir die traditionelle Wollverarbeitung im Mölltal wiederbeleben. Wir freuen uns auch sehr, dass den uralten Mauern des Schmutzerhauses mit unserem Bauern- und Handwerksladen sowie mit der Wollstube wieder Leben eingehaucht wurde. Es hat sich zu einem beliebten Treffpunkt für Einheimische wie Gäste entwickelt, und nachdem es in Mörtschach kein Lebensmittelgeschäft mehr gibt, sind viele sehr froh, dass wir hier auch frische Produkte unserer Bauern (wie z.B. Käse, Butter, Speck, Milch oder Brot) verkaufen“, betont Silvia Göritzer.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute

26. Dezember 2020 um