Kirchturmdecker Andreas Mayerl: Altes Handwerk in luftigen Höhen

Der Mariendom in Linz ist derzeit Arbeitsplatz von Andreas Mayerl und seinem Team. Die Osttiroler zeichnen für statische Arbeiten, Bleiabdeckungen und Vergoldungen verantwortlich.

Die Arbeit hoch über den Dächern von Städten und Gemeinden ist für Andreas Mayerl Alltag. Schon mit acht Jahren stand der heute 43-Jährige erstmals in Kärnten auf einem Kirchturm. Sein Vater, Kirchturmdecker und Firmengründer Sepp Mayerl, hatte ihn in luftige Höhen mitgenommen und ihm einen ersten Einblick in die traditionsreiche Profession des gerüstlosen Kirchturmdeckens ermöglicht. „Für mich war es immer klar, dass ich Handwerker werden wollte“, sagt er uns bei unserem Besuch in seinem Wohnhaus mit angeschlossener Werkstätte in Dölsach. Hier lebt Andreas mit seiner Familie. Seine Frau Kathrin arbeitet in der Firma mit, führt das Büro und ist die Expertin, wenn es um Vergoldungsarbeiten geht.

 

Diözesanbischof Manfred Scheuer holte am 14. Mai 2019 die „Zeitkapsel” aus der Kugel des Kirchenkreuzes im Mariendom Linz. Andreas Mayerl aus Dölsach war ihm dabei behilflich.

 

Andreas hat seine Lehre zum Dachdecker-und Spenglermeister in Lienz absolviert und ist, nach beruflichen Erfahrungen auswärts, 1996 in den väterlichen Betrieb eingestiegen. Drei Jahre später hat er die Leitung übernommen. Heute beschäftigt der Dölsacher zwischen acht und 10 Mitarbeitern. Aufträge führen ihn und sein Team quer durch ganz Österreich, seltener auch ins benachbarte Südtirol. Über 500 Gotteshäuser hat der Unternehmer schon bestiegen und mehr als 1.500 Objekte bearbeitet. „Wir sind für die Kirche und öffentliche Institutionen, aber auch für private Besitzer von Schlössern oder anderen historischen Bauten tätig. Unsere Hauptarbeitszeit erstreckt sich, abhängig von der Witterung, von Mai bis November. Im Winter stehen Arbeiten in der Werkstatt, die Angebotserstellung oder die Ausarbeitung von Gutachten auf dem Programm.“

 

 

Die Firma Sepp Mayerl & Sohn GmbH ist als Spezialbetrieb für das gerüstlose Kirchturmdecken weitum bekannt. „Das Verfahren geht auf Johann Pondorfer zurück“, informiert Andreas. „Ich habe die Technik verfeinert und weiterentwickelt. Mit unseren elektrisch betriebenen Pendelsitzen und Hängebühnen spart man viel Zeit und Kraft.“ Im Gegensatz zu den meisten, von den Dölsachern ausgeführten Aufträgen wird am Mariendom in Linz mit einem Gerüst gearbeitet. Die Entscheidung dafür hat die Dombauhütte Linz getroffen. Der Mariendom ist die nach Fassungsvermögen größte, aber nicht höchste Kirche Österreichs. 1901 fertiggestellt, ist der Turm nur um rund zwei Meter niedriger als jener des Stephansdomes in Wien. Mayerl und seine Mitarbeiter haben im heurigen Frühjahr mit ihren Arbeiten am Dom begonnen. Am 14. Mai begleitete der Ostttiroler den oberösterreichischen Diözesanbischof Manfred Scheuer bis zur Turmspitze, um die „Zeitkapsel“ aus der Kugel des Kirchenkreuzes zu holen. „Wie seit Jahrhunderten üblich, hat man auch 1901 in der Kugel, die aus etwa zwei Millimeter dickem Messingblech gefertigt ist, diverse Dinge deponiert, um an den Bau zu erinnern bzw. Unheil von der Kathedrale abzuwenden. Reliquien sollten Gebäuden Schutz geben“, weiß Andreas von dieser vielerorts gepflegten, religiös motivierten Tradition zu berichten und spricht damit die in der Kugel enthaltenen, verschiedenen Exponate an.

 

 

In der Dölsacher Werkstatt lagern inzwischen viele Teile der Turmspitze des Linzer Doms. Sie werden hier vor Ort restauriert und später wieder an der richtigen Stelle montiert. Die Werkstatt ist, neben dem Büro, auch der Arbeitsplatz von Kathrin Mayerl. Hochkonzentriert widmet sie sich der Vergoldung von Kugeln, Turmspitzenemblemen und vielem anderen mehr. „Wir setzen dafür das so genannte `Sturmblattgold` ein. Dabei handelt es sich um ein auf Seidenpapier aufgebrachtes, 23-karätiges Blattgold, das für die Verwendung im Außenbereich bestens geeignet ist“, klärt sie auf. „Früher hat diese Arbeiten meine Schwiegermutter ausgeführt. Von ihr habe ich vieles über die richtigen Arbeitsweisen und Techniken erfahren.“

 

 

Neben dem Mariendom in Linz ist die Firma Mayerl aktuell auch mit anderen Projekten beschäftigt. Mehr als 40.000 Kilometer legt Andreas im Schnitt pro Jahr mit dem Firmenfahrzeug zurück, ist er doch persönlich immer an jeder einzelnen Baustelle anwesend. „Derzeit führen wir Auftragsarbeiten an der Kirche in Gaimberg ebenso aus wie am Hanusch-Krankenhaus in Wien, an einer Kirche im oberösterreichischen Mühlkreis oder an einem Gotteshaus in Metnitz/Kärnten.“ Ob denn seine Arbeit manchmal nicht auch gefährlich sei, wollen wir abschließend von ihm wissen. „Höhenangst sollte man keine, dafür aber viel Respekt haben“, meint er dazu und betont, dass er seinen „spannenden, immer wieder herausfordernden, aber zugleich auch sehr abwechslungsreichen Beruf“ sehr zu schätzen weiß.

 

 

 

Text: Elisabeth & Josef Hilgartner, Fotos: Mariendom Linz/wolfstudios, Brunner Images

22. Juni 2019 um