Regionalität wird im Vorderen Iseltal immer wichtiger

Am 10.11. fanden in Schlaiten der traditionelle Wursttag und der Hinterbergler Bauernmarkt statt. Im Mittelpunkt standen regionale Produkte, Nachhaltigkeit und Geselligkeit.

„Selbstgemachte Produkte und das Wissen, wo sie herkommen, sind heute keine Selbstverständlichkeit mehr“, so Leopold Gantschnig, gelernter Koch und früherer Adeg-Kaufmann des Dorfes. Aufgewachsen in Schlaiten auf dem Zaicherhof zusammen mit elf Geschwistern, waren für ihn „Zommhelfen“ sowie die Herstellung eigener Produkte und somit Nachhaltigkeit und Regionalität schon immer eine Selbstverständlichkeit. Heute, in unserer schnelllebigen Zeit, ist ihm dies mehr denn je ein Anliegen.

 

Die Tochter von Pold, Christina Hofer, servierte den Besuchern die frisch gekochten Würsteln.

 

Wie alles begann
Die Geschichte des „Schlaitner Wursttages“ beginnt im Jahr 2002. Damals fand der erste Wursttag statt. Leopold Gantschnig hatte die Idee, den Leuten zu zeigen, wie man ein Hausschwein verarbeitet und daraus Produkte wie Speck und Würstel erzeugt. Ein solches Vorhaben kann natürlich nicht alleine umgesetzt werden. Fachmännische Hilfe fand der Iseltaler bei Helmut Scherwitzel, einem gelernten Koch und Metzger, vielen auch als „Fischwirtskoch“ bekannt. Die zwei „Obermetzger“ begannen damit, den interessierten Besuchern das Würzen und Herstellen von sogenannten „grünen“ Würsteln vor Ort in der Vereinsküche in Schlaiten zu vermitteln. Neben dem „Fachsimpeln und Hoangaschtn“ kamen auch das gemütliche Beisammensein sowie das genussvolle Verkosten der hergestellten Bauernwürstel nicht zu kurz. Kurzum: eine Veranstaltung für Leib und Seele! Im Laufe der Jahre wurde der „Schlaitner Wursttag“ immer größer und bekannter. Schon längst kommen nicht nur Interessierte aus der Schlaitner Bevölkerung, sondern auch viele Menschen aus dem gesamten Bezirk, um vor Ort zu erleben, wie die Produktion abläuft, wie die hausgemachten Produkte schmecken – und um sich dann noch ein paar Würsteln zum Einfrieren nach Hause mitzunehmen.

Das Team des Wursttages
Das bewährte Team des „Wursttages“ besteht heute aus Leopold Gantschnig (62), Helmut Scherwitzel (73) und Ernst Riedl (75). Mit Letzerem konnte schon vor einigen Jahren ein weiterer qualifizierter Metzger aus Lienz gewonnen werden. Zur Seite stehen dem Dreiergespann ein junger Metzgergehilfe, zwei Schüler aus dem Ort sowie die Familie von Gantschnig, die sich um den Service und die Küche vor Ort kümmert. Beim Verkauf der Produkte steht man den Interessierten natürlich auch mit Tipps zum Kochen und Anrichten zur Verfügung. „Ohne das gesamte Team und meine Familie, die mich tatkräftig unterstützt, wäre dies alles natürlich nicht möglich“, zeigt sich der Organisator dankbar.

Ablauf des Wursttages
Beim Wursttag, der bereits um 10.00 Uhr am Vormittag beginnt, wird direkt vor Ort das beliebte Bauernprodukt produziert, verköstigt und auch in größeren Mengen zum Mitnehmen vorbereitet. Für diejenigen, die ihren Hunger und Gusto vor Ort stillen wollen, werden die Würsteln frisch gekocht und mit Sauerkraut und Vintschgerl serviert. Am besten dazu schmecken frischer Kren und Senf. Dank der Unterstützung der Gemeinde ist es möglich, dass der Wursttag jedes Jahr in der Küche des Vereinshauses direkt am Dorfplatz stattfinden kann. Schließlich gehören in Schlaiten ein gutes Miteinander und ein reges Vereinsleben einfach dazu.

 

Das ansonsten tätige „Dreiergespann” war am 10.11. als Duo vor Ort – im Bild Leopold Gantschnig und Ernst Riedl. Helmut Schwerwitzel schickte Grüße aus der Kur.

 

Regional produziert
Das Fleisch bezieht „Pold“, wie man ihn nicht nur in Schlaiten kennt, von einem Osttiroler Meisterbetrieb. Das Rezept für die Gewürzmischung stammt aus alter mündlicher Überlieferung. Schon Pold`s Großmutter würzte u.a. mit Salz, Pfeffer, Neugewürz und Knoblauch. Daher erinnert der Geschmack dieser Würsteln auch an frühere Zeiten. „Wir wollen den Leuten die Möglichkeit bieten, zu sehen, wie die Wurstproduktion anno dazumal ausgesehen hat. Heute gibt es am Markt meist nur mehr einheitliche Gewürzmischungen. Somit schmecken alle Würstel, egal, aus welcher Region sie kommen, gleich“, erzählt Pold. Das Fleisch, die Gewürze und die restlichen Zutaten, die den einzigartigen Geschmack ausmachen, vermengt der gelernte Koch selbst zu der rohen Wurstmasse. Danach werden aus dieser die kochfertigen Würsteln mit Hilfe der alten Wurstmaschine von Metzger Riedl in die Naturdärme gefüllt.

 

Die Schützenkantine wurde auch geöffnet, um mehr Platz für die vielen Gäste zu schaffen.

 

Verkauf hausgemachter Spezialitäten
Leopold Gantschnig, der seine Produkte während des Jahres regelmäßig auch beim Bauernmarkt in Schlaiten anbietet, verkauft beim Wursttag auch hausgemachte Sulze, Tiroler Knödel, Leberknödel, Kaspressknödel und natürlich auch „grüne“ (frische) und „angeselchte“ (geräucherte) Würstel. „Jedes Jahr produzieren wir mehr Würstel, weil wir inzwischen aus Erfahrung wissen, dass der Besucherstrom zunimmt“, zeigt sich der Schlaitener erfreut über die Beliebtheit der schmackhaften Produkte, die in seiner Kindheit zur „Schlachtigerzeit“ auf den Tisch des Zaicherhofes kamen. Aber wie schmeckt das hausgemachte Produkt nun eigentlich? „Saftig, würzig und einfach lecker“, schwärmt eine Kundin. „Für uns ist es jedes Jahr eine Freude, wenn wir wieder Würsteln vom Pold holen, weil sich unsere Verwandten aus Wien so darüber freuen, wenn wir die mitbringen. Die kennen sowas ja gar nicht“, so eine Besucherin aus Lienz.

 

Thomas Pedarnig aus Oberlienz bietet beim Bauernmarkt seine selbstgemachten Naturseifen an.

 

Der Hinterbergler Bauernmarkt
Direkt neben dem Schlaitner Dorfplatz fand am 10.11. auch der „Hinterbergler Bauernmarkt“ statt. Der Bauernmarkt wurde erstmals im Herbst 2015 veranstaltet. „Als damals die neue Wohnanlage im Dorf mit Geschäftslokal fertiggestellt wurde und sich für die Geschäftsräume leider kein Mieter fand, suchten wir nach einer Alternative. So entstand die Idee, einen Bauernmarkt zu organisieren“, erzählt Bürgermeister Ludwig Pedarnig. Honig, Brot, Weihnachtsschmuck, Schlipfkrapfen, Holzschüsseln oder Ziegenkäse sind nur einige wenige Beispiele aus der breitgefächerten Palette der Erzeugnisse aus regionaler Produktion.

 

Das Team vom Schlaitner Wirt mit Mary Tabernig, Kevin Berger und Margit Dirnhammer sorgte für das leibliche Wohl der Bauernmarktler.

 

Die Bewirtung übernimmt, wie schon von Beginn an, das Team des Schlaitner Wirtes. Mit Getränken und – passend zum Herbst – einer „gschmackigen“ Suppe werden die Bauernmarktbesucher verköstigt. Pedarnig betont besonders, dass dies von allen sehr geschätzt wird und dass es keine Selbstverständlichkeit sei, den Betrieb gleichzeitig im Gasthaus und beim Bauernmarkt aufrecht zu erhalten. Ein weiteres Zeichen für die gute Gemeinschaft im Dorf!

 

Die Schlaitner „Gridling-Bäuerin” Birgit Bichler verkaufte Joghurts, Ziegenkäsebällchen und auch selbst gebackenes Brot.

 

Manuela Thaler und Hannah Lumaßegger teilten sich ein „Standerl”. Die Aineterin Manuela Thaler stellt selbst Speck, Brot, Marmeladen und Joghurts her, Hannah verkauft selbstgemachten Apfelsaft.

 

Berni Gantschnig beliefert nicht nur die Gasthäuser mit ihren köstlichen Schlipfkrapfen.

 

„Für uns ist es eine großartige Möglichkeit, unsere Produkte zu verkaufen und auf uns aufmerksam zu machen. Viele wollen nicht direkt zu den Bauern fahren und Produkte kaufen, und so mancher weiß nicht, wie breit das Angebot ist. Der Bauernmarkt stellt daher für Produzent und Konsument eine optimale Lösung dar“, meint ein Verkäufer, der schon seit 2015 jedes Mal ein „Standerl“ am Dorfplatz aufstellt. Mittlerweile werden regionale Produkte aus Schlaiten, Ainet, St. Johann, Oberlienz und aus Thurn angeboten.

 

Vom schönen Weihnachtsschmuck von Waltraud Waldner war Sophie sofort begeistert und half ihrer Mama gleich beim Verkauf.

 

Josef Plattner vertreibt sich seine Zeit im Ruhestand mit dem Drechseln von Holzschüsseln. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.

 

Das Vater-Sohn-Gespann Kratzer aus Ainet begeisterte die Bauernmarktbesucher mit handgemachten Holzarbeiten.

 

Pold und Selina verkauften die Produkte vom Bauernmarkt zum Mitnehmen.

 

Alle zwei bis drei Monate wechseln sich die Gemeinden des Vorderen Iseltals mit der Ausrichtung des Bauernmarktes ab. Die nächsten Termine sind schon fixiert: am 15. Dezember 2018 in St. Johann i.W., am 2. Februar 2019 in Ainet und am Palmsamstag, 13. April 2019, in Schlaiten. Auf den nächsten traditionellen Wursttag müssen sich die Besucher noch bis November 2019 gedulden.

 

Text: Elisabeth Gantschnig, Fotos: Brunner Images

16. November 2018 um