Gelungene Sanierung eines historischen Objektes in Matrei i.O.

Bis ins 14. Jh. reichen die Ursprünge des „Kesslerstadels“ mit Wohn- und Bauernhaus bzw. Schmiede zurück. Nun wurde das Anwesen einer schrittweisen Renovierung unterzogen.

„Der Kesslerstadel mit Baubestand aus dem 14. Jahrhundert und erster dokumentierter Erwähnung in den Quellen als Teil der Pfarrkirche mit `am Hof` wurde von meinen Urgroßeltern mütterlicherseits im Jahre 1891 erworben und als Gaststätte am Kirchplatz mit dazugehörigem Bauernhof betrieben“, berichtet Inhaberin Gertraud Brugger. Die Matreierin hat das Anwesen in dritter Generation im Jahr 2001 von ihren Eltern übernommen und sich schon früh mit den Plänen einer behutsamen Neugestaltung befasst. „Über Jahrhunderte diente der Kesslerstadel als landwirtschaftliches Nutzhaus, bis er 1988 mit Hilfe öffentlicher und privater Förderungen und dank des Engagements des Österreichischen Alpenvereins in ein Veranstaltungszentrum und zu einem Ort der alpinistisch-kulturellen Begegnung ausgebaut wurde“, informiert sie. Um dieses Prinzip beizubehalten, gleichzeitig den Kesslerstadel aber auch weiterzuentwickeln, holte sich Gertraud Brugger den gebürtigen Osttiroler Architekt Reinhard Madritsch vom Innsbrucker Architekturbüro Madritsch & Pfurtscheller ins Boot. Gemeinsam mit ihm gelang es, ein Konzept als Basis für eine in mehreren Schritten und auf die Anforderungen des Denkmalschutzes abgestimmte Modernisierung umzusetzen.

 

 

Multifunktionale Nutzung

In der ersten Bauphase Anfang 2019 wurde im Obergeschoss des Kesslerstadels, einer ehemaligen Scheune, eine elegante Bergsteigerwohnung für bis zu neun Personen eingerichtet. Das Apartment „BergsteigerSEIN“ umfasst zwei getrennte Schlafzimmer mit Bad und WC, eine geräumige Wohnküche, eine Terrasse und einen großzügigen Balkon als Rückzugsbereich. Die erdgeschossigen Veranstaltungsbereiche blieben erhalten und stehen mit voll ausgestatteter Küche, einer Bestuhlung für ca. 100 Personen, Leinwand und Beamer, Soundanlage mit Funkmikrofonen, Gratis-WLAN und Flipchart auch weiterhin als Vortrags- und Veranstaltungslokalität zur Verfügung. Im Rahmen von Bauphase zwei folgte 2020 der Ausbau der Ferienwohnung „SauWohl“ im ehemaligen Schweinestall und 2021 die Renovierung des Veranstaltungsraumes. 2022 schließlich gelang die Zertifizierung als CoWorking-Raum.

 

 

 

Die alte Schmiede

Ende 2021 schritt die engagierte Osttirolerin an die Realisierung des nächsten Aus- und Umbauprojektes, wobei dieses Mal die im Vorfeld des Kesslerstadels liegende „Alte Schmiede“ im Fokus stand. Sie wurde bis Ende des 19. Jahrhunderts auch als solche betrieben und später zunächst als Waschküche und dann als kleines Museum genützt. „Wie bei allen Sanierungsprojekten wussten wir zunächst nicht, was uns in dem alten Steingebäude erwartet und ob dieses überhaupt erhalten werden kann“, erinnert sich Gertraud zurück. Sie streicht die kompetente Arbeit des Architekten sowie die gute Abstimmung mit dem Denkmalamt besonders heraus. Wie zuvor bereits beim Kesslerstadel war ihr die Zusammenarbeit mit lokalen Handwerkern sehr wichtig. „Insbesondere in der Endbauphase war unter allen Beteiligten eine besondere Energie spürbar, als Matreier Teil einer langen Geschichte zu sein“, betont sie und erzählt, dass sich die eigentlichen Bauarbeiten, nach einer knapp einjährigen Planungszeit, von Mitte September bis Mitte Dezember 2023 erstreckten. „Um die originalen Mauern erhalten zu können, wurde der Eingang nach hinten verlegt und das Gebäude inklusive Dach um rund 2,7 Meter verlängert. Dadurch war es auch möglich, die Rohinstallationen problemlos einzubauen“, spricht Gertraud Details an. In das neue Nutzungskonzept flossen auch historische Bestandteile mit ein. „Wir haben eine alte Esse zu einem Waschtisch umfunktioniert. Der Tisch im Wohnbereich stammt aus dem Kesslerstadel und die Eingangstür aus dem Altbau des Hotels Hinteregger. Beide Möbel sind einige hundert Jahre alt.“

 

 

Ein ganz besonderes Urlaubsdomizil

Als ein „Tiny House der Extraklassse“ bezeichnet die Matreierin heute das fertiggestellte Projekt. „Aus der alten Schmiede ist eine gemütliche Wohnoase mit einer außergewöhnlichen Atmosphäre entstanden. Die reine Wohnfläche umfasst 36 Quadratmeter auf zwei Ebenen. Vom Eingangsbereich aus gelangt man über einen Aufgang zum Hochbett unter dem Dach. Im Erdgeschoss befinden sich ein Badezimmer mit DU/WC sowie eine Wohnküche mit großzügiger Sitz- und Liegebank. Geheizt wird mit einem neu installierten Ofen von Tonlodn und gekocht in einer außergewöhnlichen Küche mit Schmiedearbeiten des Matreier Kunstschmieds Alois Unterrainer.“ Die um- und ausgebaute Schmiede vermietet Gertraud Brugger als Ferienwohnung für bis zu zwei Personen. „Die Rückmeldungen meiner Gäste zeigen, wie richtig die Entscheidung zur Neugestaltung war. Wer kann schon behaupten, in einem rund 700 Jahre alten Tiny House mit Blick auf den Sternenhimmel übernachtet zu haben?“, lacht sie und freut sich, einen weiteren Beitrag zur Erhaltung der historischen Baukultur in Matrei i.O. geleistet zu haben.

Buchungsanfragen und weitere Informationen:
www.kesslerstadel.com

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: © Miriam Raneburger

04. April 2024 um