Felberturm Museum: Vom Saumhandel und der bewegten Geschichte Mittersills

Nach zweijähriger Planungs- und Umbauphase erstrahlt das Felberturm Museum in Mittersill in neuem Glanz. Ausstellungen widmen sich u. a. dem Saumhandel und der Gerichtsbarkeit.

Am 7. Juli 2021 öffnete das Felberturm Museum nach aufwändigem Umbau und durchdachter Neugestaltung wieder seine Pforten und bereichert nun als klar strukturiertes und lebendig gestaltetes Schwerpunktmuseum die heimische Museumslandschaft. Das Gebäude, mit Entstehungszeit im 12. Jahrhundert übrigens das älteste im Oberpinzgau, hatte im Laufe der Zeit oft den Besitzer gewechselt, bevor es 1936 von der Gemeinde Mittersill erworben wurde. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts erhielt der Turm ein neues Dach. Außerdem wurden eine Stiege und zwei Etagenböden eingezogen – die Grundlage dafür, dass 1969 das Heimatmuseum in den Felberturm einziehen konnte.

 

 

Ältester Bau der Region ist wie neu

Fünf Jahrzehnte später, 2019, fiel, in Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt, der Startschuss für eine neuerliche Sanierung. In den Umbau und in die Neuausrichtung des Museums flossen rund 1,5 Millionen Euro, finanziert durch das Land Salzburg, die Gemeinde Mittersill und unterstützt von Sponsoren und Partnern. Die baulichen Maßnahmen waren umfassend, vom alten Turm blieb im Wesentlichen nur die Mauer erhalten. Im Inneren wurden die Böden erneuert, die Stiege verlegt und ein Lift installiert. Auch das Dach ist neu. Viel Zeit und viel Liebe zum Detail wurde in eine zeitgemäße Gestaltung der Ausstellungsräumlichkeiten im Felberturm gesteckt. Hier haben BesucherInnen ausder Bevölkerung nun die Möglichkeit,  die eigene Region besser kennenzulernen. „Auch unseren Gästen aus dem In- und Ausland erlaubt das Museum einen Blick durch das Zeitfenster in die stolze Vergangenheit des Pinzgaus“, informiert Dr. Angelika Gautsch. Sie ist als Museumskoordinatorin neben dem Norikermuseum in Niedernsill und dem Keltendorf „Stoanabichl“ in Uttendorf auch für das Felberturm Museum in Mittersill verantwortlich.

 

v.l.n.r.: Hannes Wartbichler (Stadtarchivar Mittersill), DI Günter Berger (Design am Berg), Museumskoordinatorin Dr. Angelika Gautsch, BM Manuel Mitteregger (Baumanagement Hölzl)

 

„Sowohl die Stadtgemeinde Mittersill als Eigentümerin als auch die beteiligten Unternehmen, allen voran die Baumanagementfirma Hölzl und die Ausstellungsgestaltungsfirma Design am Berg, waren sich während der gesamten Dauer des Projektes der besonderen Sensibilität bewusst, die die Durchführung der Sanierungs- und Revitalisierungsmaßnahmen an einem so alten Gebäude erfordert“, erklärt Gautsch.

 

 

Die Geschichte des Saumhandels

Im Erdgeschoß des nun erfolgreich revitalisierten Felberturms befindet sich eine Ausstellung zum Thema „Saumhandel“. Hier werden die verschiedenen Saumwege über die Tauern und die schicksalhaften Geschichten der Säumer lebendig und nach modernsten museumspädagogischen Gesichtspunkten dargestellt. Gezeigt wird neben der Basisausrüstung der Säumer auch eine besondere Wetterstation, die Überraschungen für die Besucher bereithält. „Infolge der oft besonders gefährlichen Wetterverhältnisse haben sich am Felbertauern immer wieder menschliche Tragödien abgespielt. Allein in den Matriken der Pfarre Matrei in Osttirol scheinen im Zeitraum von 1650 bis 1900 insgesamt 80 so genannte ,Tauernopfer‘ auf“, lässt die Museumskoordinatorin wissen.

 

 

In einem Film, der im Museum ausgestrahlt wird, erzählen drei Säumer aus ihrem bewegten Leben. „Wir widmen uns in der Ausstellung außerdem auch den Waren, die über den Tauern transportiert wurden. Von Nord nach Süd waren dies vor allem Salz und Eisen. In umgekehrter Richtung trugen die Säumer große Lasten an Wein, Südfrüchten, Stoffen, Speiseöl, Gewürzen und anderes mehr über den Tauern“, so Gautsch, die darauf hinweist, dass weitere Ausstellungsbereiche über das Zollwesen, Märkte und die Straßen- und Wegeerhaltung informieren.

 

In einem 15-minütigen Film wird der einzige Hexenprozess von Mittersill im Jahre 1575 thematisiert. Charly Rabanser hat zusammen mit Walter Grill das Drehbuch verfasst und mimt den Pflegsverwalter. Foto: Richard Pichler

 

Vom Bannmarkt bis zur Stadterhebung

Im Obergeschoß wird den MuseumsbesucherInnen die Geschichte und Entwicklung Mittersills vom Bannmarkt bis zur Stadterhebung im Jahr 2008 erklärt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei auch der Gerichtsbarkeit und dem Verhältnis der Menschen zu den Obrigkeiten zu. So wird u.a. der einzige Hexenprozess in Mittersill historisch aufgearbeitet und filmisch dargestellt. „Der Bramberger Pfarrer Rupert Ramsauer und seine Köchin Eva Neidegger wurden im Jahre 1575 wegen ,Schadenszauber und Wettermachens‘, so die Urteilsbegründung, zum Tode verurteilt.“ Das Drehbuch für den 15-minütigen Kurzfilm schrieben Walter Grill und Charly Rabanser. Letzterer ist vielen TV-Zuschauern aus der Fernsehsendung „4 Frauen und ein Todesfall“ bekannt. Er stellt im Film den Pflegsverwalter dar.

 

 

In der Ausstellung wird auch auf die Besonderheiten des Marktes Mittersill als frühes Zentrum des Eisen- und Lederhandwerks Bezug genommen. „Bekannt ist Mittersill bis heute auch für die Lebzelterei und eine hohe Dichte an gastlichen Wirtshäusern und Herbergen. Auch dies thematisieren wir in der Schau im Obergeschoß.“

 

 

Besondere Ausstellungsstücke

Besonders stolz ist Museumskoordinatorin Dr. Angelika Gautsch auf historisch wertvolle Ausstellungsstücke, die zum Teil Leihgaben anderer Museen sind bzw. von Privatpersonen zur Verfügung gestellt wurden. Aus dem Kunsthistorischen Museum Wien etwa stammt ein Römerstein (römischer Grabstein), der in der Felberkirche bis ca. 1820 eingemauert war. Zu den Beständen der Mittersiller Traditionskonditorei Pletzer gehört ein Waffeleisen aus dem Jahr 1560, das Christoph von Lamberg (Dompropst in der Stadt Salzburg) anfertigen ließ. Leihgaben des Salzburg Museums sind u.a. archäologische Fundstücke wie Münzen, Nägel und Fibeln, die im Gebiet des Felbertauern gefunden wurden, aber auch eine Zunftlade der Lebzelter, die zur Aufbewahrung wichtiger Dokumente und Objekte diente, sowie diverse Zunftzeichen und Zunftkrüge. An den grausamen Hexenprozess im Jahre 1575 erinnert der sogenannte Hexenstein, und die Nikolaus-Statue aus der Meisterhand des akademischen Bildhauermeisters
und Holzschnitzers Peter Volgger aus Uttendorf soll im Felberturm Museum auf den Schutzpatron der Säumer und Kaufleute hinweisen.

 

 

Mehrzweckraum, Museumsshop, Archivcafe

Im Obergeschoß des neu adaptieren Felberturms befindet sich ein multifunktionaler Mehrzweckraum für Veranstaltungen, Sonderausstellungen etc. Im angrenzenden Bauernhaus wird das Alltagsleben der Bauern, die oftmals als Säumer arbeiteten, dargestellt. Mitbringsel für Zuhause kann man im Museumsshop mit kleinem Archivcafe erwerben. Das eigentliche Archiv wurde übrigens im benachbarten Feuerwehrhaus untergebracht. Das ehemalige Schulgebäude dient als Vermittlungsraum und Spielwerkstätte. „Wir freuen uns auf viele BesucherInnen in unserem neuen Felberturm Museum. Für sie alle haben wir auch unsere Eintrittspreise besonders familien- und kinderfreundlich gestaffelt“, so Dr. Angelika Gautsch abschließend.

 

Text: Raimund Mühlburger/Elisabeth Hilgartner, Fotos: Franz Reifmüller, Richard Pichler

31. Juli 2021 um