E-Bikes, Mountainbikes & Co: So profitiert Osttirol vom „Radboom“
Osttiroler Sporthändler sprechen von einer verstärkten Nachfrage nach Fahrrädern. Auch für den Drauradweg zeigen sich die Verantwortlichen optimistisch.
Der Radboom hält an – und könnte durch die Corona-Pandemie sogar noch verstärkt werden. Wir unterhielten uns mit Osttiroler Sporthändlern über das Geschäft mit E-Bikes, Mountainbikes, City-Bikes, Rennrädern & Co. Oskar Januschke vom Stadtmarketing Lienz erzählte uns vom Hype am Drauradweg, der schon seit mehr als zwei Jahrzehnten anhält.
„Jene Händler, die ein breites Sortiment und eine gute Warenverfügbarkeit haben und die Produkte neben dem stationären Geschäft auch online anbieten, sind sicher die Profiteure der Krise. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Geld in unsere Digitalisierung investiert und können nun die Früchte ernten. Wo andere Wirtschaftszweige Mitarbeiter abbauen, profitieren wir von Personalressourcen am Arbeitsmarkt. So konnten wir in den letzten zwei Monaten 10 zusätzliche Mitarbeiter einstellen“, berichtet Werner Zanier von der Firma Fitstore24.
Der Umsatz mit den Fahrrädern hätte sich in den letzten Jahren stets positiv entwickelt, seit dem 13. März 2020 sei das Geschäft aber förmlich explodiert. „Wir stoßen derzeit an unsere Leistungsgrenzen. Über hohe Umsätze durften wir uns auch im Fitnessbereich freuen. Sportbegeisterte haben viel in Fitnessgeräte investiert. Hier konnten wir in wenigen Wochen einen Jahresumsatz erzielen und sind in diesem Segment nun längerfristig ausverkauft.“
Die Gründe für die positiven Entwicklungen sind, so Werner Zanier, mannigfaltig. „Seit Jahren gibt es einen E-Bike-Boom. Durch den Shut Down wurden seit März viele neue Kunden zu Onlinekäufern. Wenn sie zufrieden sind, werden Sie auch weiterhin im Internet einkaufen. Urlaube wurden aus den Familienbudgets gestrichen, und man gibt stattdessen Geld für Investitionsgüter aus, so auch für Sportgeräte. Außerdem orte ich auch ein höheres Gesundheitsbewusstsein durch die starke Berichterstattung über die Pandemie.“
Werner Zanier sieht aufgrund der weltweiten Coronakrise aber auch Probleme für die Branche: „In den Monaten Dezember bis März wurde in Asien nichts produziert. Das wird sich nun auf die europäische Produktion im Zeitraum von Juni bis September auswirken. Eine extreme Knappheit ist zu erwarten. Die neuen Modelle werden später auf den Markt kommen. Außerdem könnte sich die hohe Arbeitslosigkeit mittelfristig auf das Konsumverhalten der Bevölkerung auswirken.“
Herbert, Irene, Matthias und Michael Prünster führen seit fast 20 Jahren die Firma „probike“ in Lienz. „Wir sind ein reiner Familienbetrieb. Egal, ob Mountainbike, Rennrad, E-Bike, Citybike, Kinderrad oder Einrad – wir sind ein Komplettausstatter und bieten natürlich auch das passende Zubehör und die perfekte Bekleidung, um Wind und Wetter zu trotzen“, erzählt Michael Prünster und bestätigt den schon seit Jahren anhaltenden E-Bike-Boom. „Der Trend hält schon seit einigen Jahren an. Durch die Corona-Pandemie wird der Boom mit den motorisierten Rädern sogar noch verstärkt. Unsere Kunden investieren derzeit auch in Räder für ihren Urlaub zuhause. Wir schätzen, dass der E-Bike-Trend nicht so schnell abreißen wird. Mit neuen Motoren und Akkus, besseren Bremsen und vielem mehr ergibt sich ständig etwas Neues. Aber auch die sogenannten ,Biobikes‘ (Räder ohne Motor) werden heuer verstärkt nachgefragt.“
Neben den gängigen Fahrradmarken bietet Sport 2000 Wibmer in Matrei i.O. auch ein breites Sortiment an Zubehör an. Martin Wibmer betreibt mit seinem Team zudem eine professionelle Servicewerkstätte, in der alle Radmarken gewartet und repariert werden. „Weiters sind wir als E-Bike-Spezialist für Bosch-, Shimano- und Panasonicmotoren klassifiziert und dürfen alle Wartungs- und Reparaturarbeiten durchführen. Wir bieten auch ein umfangreiches Sortiment an Verleihmountainbikes sowie E-Bikes der neuesten Generation“, sagt der Sporthändler.
Der E-Bike-Boom hätte laut Martin Wibmer durch die Einschränkungen während der Corona-Krise sogar einen zusätzlichen Schub erfahren. „Das E-Biken ist der ideale Ausgleich zu Homeoffice und eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Wir rechnen damit, dass durch die Reisebeschränkungen Gäste wie Einheimische in diesem Sommer speziell Aktiv-Urlaub in den Bergen machen werden“, freut sich der Matreier Unternehmer.
Seit 16 Jahren betreibt Gernot Strohmaier den Fahrrad Fachbetrieb „Rad Service Gernot“ in der Tiroler Straße in Lienz und deckt mit ausgewählten Radmarken aus Österreich, Deutschland und Italien den Bedarf an kultigen Stadträdern, Kinderrädern und sportlichen Bikes für Einsteiger.
„Seit etwa fünf Jahren gibt es nun den Boom bei den E-Bikes, vielleicht auch weil es keine Hemmschwelle mehr gibt. Niemand muss sich mehr ,schämen‘, ein E-Bike zu fahren“, so Firmenchef Gernot Strohmaier.
Er schätzt, dass der „Radboom“ auch in den kommenden Jahren anhalten wird. „Wir nehmen in der Bevölkerung ein Umdenken wahr. Der Stellenwert des Fahrrades hat sich extrem erhöht. Auch sonst eher unsportliche Menschen entdecken das großartige Erlebnis, unsere schöne Heimat per Rad kennenzulernen. Immer mehr schaffen sich bewusst ein Fahrrad an, um damit das Auto einzusparen und die Umwelt zu schonen“, so Gernot Strohmaier.
Der Lienzer Sporthändler berichtet, dass die ersten zwei Wochen nach dem Lock Down am 16. März sehr belastend waren. „Auch die 14 Tage mit kontaktlosem Verkauf waren alles andere als lustig. Die Öffnung am 14. April hat dann alle Erwartungen übertroffen. Der größte Teil der Kunden ist rücksichtsvoll und geduldig. Viele wollen sich nach dem Lock Down bewusst etwas gönnen. Einige sagen, dass sie im Sommer unsere Heimat beradeln wollen, weil der Urlaub im Ausland heuer ausfällt.“
„Im Jahre 1996 haben wir begonnen, Gäste zu motivieren, mit dem Fahrrad von Innichen nach Lienz und mit dem Zug zurück zu fahren. Heute muss ich sagen, dass wir damals auf das richtige Thema gesetzt haben“, sagt Oskar Januschke vom Stadtmarketing Lienz über den 48,5 km langen Drauradweg zwischen Toblach/Innichen und Lienz. In der Sommersaison fahren täglich fünf Sonderzüge mit Doppelstockwagen von Lienz nach Innichen, um die Sportler mit ihren Rädern zurück nach Südtirol zu bringen. Zusätzlich steht für die Radler der Südtiroler Taktverkehr zur Verfügung.
„Die Sehnsucht nach Natur sowie der Trend zum ökologisches Leben und Konsumieren, der Klimawandel, die wunderschöne Landschaft entlang der Drau, unsere Dörfer, das mediterrane Flair von Lienz, unser Kulturangebot, die Traditionen und die kulinarischen Genüssen – das alles hat dazu beigetragen, dass der Drauradweg inzwischen so bekannt – und vor allem auch so beliebt – ist. Die Italiener sind Genussradler, und es spielt für sie auch emotional eine wichtige Rolle, dass sie über die Grenze in Arnbach in ein anderes Land radeln“, so Januschke.
Rund 150.000 Radler sind alljährlich im Sommer am Drauradweg zwischen Innichen und Lienz unterwegs. Oskar Januschke spricht von einer hohen „Wiederbesuchsrate“. „Der Umsatz pro Radler beläuft sich auf 43 bis 46 Euro. Viele kommen immer wieder und wollen ein umfassendes Angebot inklusive Essen, Unterkunft, Radservice und Mobilitätslösungen nutzen. Manche besuchen sogar im Winter den Adventmarkt, weil sie Lienz von einer Radtour im Sommer kennen. Der Hype um den Drauradweg hat die Bekanntheit unserer Destination enorm erhöht“, betont Oskar Januschke.
Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Tirol Werbung/Bauer Frank, Fitstore24, probike, GSALLER Media, Rad Service Gernot