Anita Mancini ist Sommelier mit viel Herzblut

Anita Mancini ist Dipl.-Sommelier und führt gemeinsam mit Spitzenkoch Chris Oberhammer das Gourmetrestaurant „Tilia“ in Toblach im Hochpustertal.

Anitas Großeltern waren Weinbauern in der italienischen Provinz Latium. „Die Gegend rund um den Nationalpark Monti Sabini ist für Wein und Oliven bekannt. Als Kind verbrachte ich meine Sommerferien immer auf dem Gut meiner Großeltern, die damals neben Wein auch Brot und Rohschinken selbst herstellten. Gerne half ich bei der Weinlese mit, wobei es für mich immer ein besonderes Highlight war, wenn die Trauben barfuß im großen Bottich zerstampft wurden“, erinnert sich die Toblacherin zurück. Im Weingut nördlich von Rom wurzelt auch Anitas Liebe zum Wein. Das vom Großvater vermittelte Wissen erweiterte sie später mit viel Leidenschaft und Herzblut.

 

 

„Wein wird in unzähligen Quellen der Antike erwähnt. Er diente unter anderem als Zahlungsmittel und war etwa aus dem Alltag der alten Römer nicht wegzudenken. Römische Soldaten hatten ein Anrecht auf ein ordentliches Tagesquantum. Sie erhielten mit Gewürzen angereicherten Wein, wohl auch,
um ihre Ängste und Hemmungen klein zu halten“, weiß die begeisterte Sommelier Interessantes aus der Geschichte zu erzählen. Mit dem Ziel, verschiedene Kellereien und Produzenten kennenzulernen, reiste sie später in berühmte europäische Weinbaugebiete. Rioja in Spanien oder Burgund in Frankreich nennt sie als Beispiele. Anita, die in ihrer gesamten bisherigen Berufslaufbahn in der Gastronomie tätig war, ließ sich zur Restaurant- und Barmeisterin sowie zur Dipl.-Sommelier ausbilden.

 

 

„Mein Lieblingsthema ist die Sensorik des Weines. Die Frage, warum gewisse Düfte und Bouquets zu bestimmten Speisen passen, hat mich schon immer fasziniert. Der richtige Wein unterstützt den Charakter eines Gerichtes, eine falsche Wahl kann sich hingegen sehr negativ auswirken“, so die Sommelier, die von der Vielfältigkeit des „Kulturgutes Wein“ schwärmt. „Alleine Italien zeichnet sich durch weit über tausend Rebsorten aus“, informiert Anita. Unterscheidungsmerkmale basieren auf differenten Zubereitungs- und Lagerungsarten (Stahltank, Holzfass etc.), hängen natürlich aber auch von der jeweiligen Bodenbeschaffenheit in den Anbaugebieten (Feuerstein, Lös, Kalk, Lehm, Schiefer etc.) bzw. von klimatischen Bedingungen ab.

 

 

„Die nördlichste Anbauregion Italiens ist die Region um Bozen. Hier gedeihen auch frühreifende Sorten, bei denen die Trauben viel Zeit zum Ausreifen benötigen. Spätreifende Sorten – wie etwa Aglianico, Cannonau oder Nerello Mascalese – brauchen hingegen viel Wärme und wachsen deshalb nur im Süden Italiens“, erklärt die Weinexpertin. In Südtirol sei die Lese in der ersten Oktoberhälfte schon abgeschlossen, in Sizilien etwa könne man zur selben Zeit bei rund 30 Grad noch gute Lese-Temperaturen nützen.

 

 

In Südtirol erlebt der Weingenuss, ebenso wie in Österreich oder Deutschland, schon seit einigen Jahren eine Renaissance. „Zusammen mit den Themen Kochen, Essen und Genuss kommt dem Wein eine zunehmende Bedeutung zu. Die Qualitätsansprüche an Fachpersonal und Produzenten sind gleichlaufend damit enorm gestiegen“, sagt Anita. Der Toblacherin ist die Wertschätzung gegenüber Weinbauern ein großes Anliegen. „Wir sollten den Weinbauern, die mit viel Mühe, mit ihrer Hände Arbeit und mit viel Kreativität Wein produzieren, mehr Respekt entgegenbringen. In jedem Glas Wein steckt ein Stück Natur und die Arbeitsleistung von Menschen“, hält die Weinexpertin fest. Die abschließende Frage, ob man über den Jahrgang 2017 in Südtirol schon Näheres sagen kann, beantwortet Dipl.-Sommelier Anita Mancini so: „Der Frost im Frühjahr und der Hagel im August haben den Ernteertrag heuer stark vermindert. Außerdem wirkt sich der viele Regen im August auch auf die Qualität der Trauben aus. Aus diesen genannten Gründen rechne ich mit einem eher schwierigen Jahrgang.“

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Privat/Mancini

05. November 2017 um