Vorverlegung der Sperrstunde auf 22.00 Uhr sorgt für Diskussionen

In Tirol, Vorarlberg und Salzburg wird die Sperrstunde aufgrund der steigenden Corona-Zahlen ab kommenden Freitag auf 22.00 Uhr vorverlegt. Das sorgt für Diskussionen.

Gastronomiebetriebe müssen ihre Pforten zukünftig statt um 1.00 Uhr schon um 22.00 Uhr schließen. Die Regelung tritt in Tirol, Salzburg und Vorarlberg mit kommenden Freitag, 25. September, in Kraft und ist vorerst für drei Wochen befristet. LH Günther Platter, LH-Stv. Ingrid Felipe, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser und Elmar Rizzoli vom Einsatzstab Corona informierten am Dienstag darüber: „Die Landeshauptleute der West-Achse sind unter Einbeziehung der ExpertInnen übereingekommen, die Sperrstunde aufgrund der steigenden Infektionszahlen, die vielfach auf Infektionsketten in Zusammenhang mit Bar- oder Clubbesuchen bzw. sonstige Feierlichkeiten zurückzuführen sind, vorzuverlegen.“

Das sei eine durchaus strenge Maßnahme – vor allem für die bereits in der Vergangenheit von der Coronakrise hart getroffene Gastronomie. Die Vorverlegung der Sperrstunde gelte aber als Signal. „Über 50 Neuinfektionen pro Tag sind zu viel, ebenso 107 Corona-Infektionen, die z.B. in Zusammenhang mit einem einzigen Nachtlokal in Innsbruck stehen“, so LH Günther Platter.

Österreichische Hoteliervereinigung fordert „Schutzschirm“

In einer Presseaussendung fordert die Österreichische Hoteliervereinigung einen „Schutzschirm für das Gastgewerbe“. „Nach Monaten von Umsatzrückgängen und Stornowellen wurden die westösterreichischen Gastgewerbebetriebe mit der auf 22.00 Uhr vorverlegten Sperrstunde vor vollendete Tatsachen gestellt. Klar ist: Das reißt noch tiefere Löcher in die Kassen der Betriebe“, so ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer. Um Betriebsschließungen zu verhindern, brauche es rasch einen Schutzschirm. „Von 12 Mrd. Euro für den Fixkostenzuschuss wurden bis dato noch keine 300 Mio. Euro ausbezahlt. Ein Bruchteil davon reicht, um die programmierten Einnahmenausfälle zu kompensieren. Das muss jetzt genauso rasch und unkompliziert gehen, wie die Vorverlegung der Sperrstunde. Es geht um viele Arbeitsplätze“, so Reitterer.

FP-Nationalratsabgeordneter Gerald Hauser spricht von „undifferenziertem Drüberfahren“

„Diese Aktion der ÖVP-Landeshauptleute verschärft die ohnehin schon angespannte Situation in der Gastronomie noch weiter. Die Vorverlegung der Sperrstunde ist undifferenziert und betrifft auch all jene Landesteile und Bezirke, in denen Covid-19-Erkrankungen überhaupt nicht vorkommen“, so FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser in einer Aussendung. In Osttirol gäbe es laut Hauser nahezu keine Corona-Fälle. „Es ist absolut unverständlich, dass diese Maßnahme Osttirol gleich trifft, wie andere Landesteile. Dieses undifferenzierte Drüberfahren über Bezirke lehne ich ab. Die Umsatzverluste in der Gastronomie werden noch weiter steigen – das ist ja ruinös für diese Branche“, kritisiert der FPÖ-Tourismussprecher.

SPÖ will „heimische Betriebe vor Schnellschüssen der Bundesregierung schützen“

Kritisch sieht auch Georg Dornauer, Landesparteivorsitzender und Klubobmann der SPÖ Tirol, die heutige Entscheidung. „Erneut werden unsere heimischen Betriebe kurzerhand vor vollendete Tatsachen gestellt – mitsamt den entsprechenden unternehmerischen und finanziellen Konsequenzen. Unsere Betriebe haben sich auf die Versprechen der Bundesregierung verlassen und dementsprechend geplant – jetzt stehen sie vor der nächsten Katastrophe.“ Nach dem wirtschaftlichen Schock im März befürchtet Dornauer durch die erneuten Einschränkungen zunehmend existenzielle Bedrohungen in der gesamten Branche: „Die Vorverlegung der Sperrstunde hat auch eine Signalwirkung und wird dazu führen, dass viele auf den Lokalbesuch oder den gesamten Urlaub verzichten – und illegale Veranstaltungen und Partys werden möglicherweise zunehmen.“

Natürlich müsse man laut Dornauer alles daransetzen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. „Allerdings müssen wir auch daran arbeiten, dass unsere Wirtschaft diese schwere Zeit überlebt. Mit politischen Schnellschüssen ist dabei niemandem geholfen. Was unsere heimischen Betriebe jetzt brauchen, ist Planungssicherheit und Unterstützung“, betont Dornauer.

 

Text: Raimund Mühlburger, Symbolfoto: AdobeStock/davit85

22. September 2020 um