Stromversorgung in Osttirol: Bürgermeister fordern „sichere Grundversorgung“

Die Bürgermeister der drei Planungsverbände fordern eine Bürgermeister-Konferenz mit der TINETZ und umfassende Investitionen, insbesondere auch in Verkabelungen.

Die Obmänner der Osttiroler Planungsverbände luden am Dienstagnachmittag zu einem Mediengespräch in den Kultursaal von Nußdorf-Debant zum Thema „Stromversorgung in Osttirol“. „Es besteht dringender Handlungsbedarf. Bei den jüngsten Starkschneefällen waren in unserer Gemeinde Bergbauern bis zu einer Woche lang ohne Strom. Wir brauchen endlich eine Stromversorgung auf modernem Niveau. Das gehört für mich zur Grundversorgung der Bevölkerung wie die Wasserleitungen“, so Bgm. Andreas Pfurner aus Nußdorf-Debant, der den Obmann des PV 36, Bgm. Josef Mair, vertrat.

 

v.l.n.r.: Bgm. Ing. Andreas Pfurner (Nußdorf-Debant), Bgm. Ing. Matthias Scherer (Obertilliach, Obm. PV 35), Bgm. Dr. Andreas Köll (Matrei i.O., Obm. PV 34)

 

Auch der Matreier Bürgermeister und Obmann des PV 34 schilderte die Situation während der vergangenen Woche. „In Matrei sind 55 von 76 Trafostationen ausgefallen. Exponierte Lagen – wie das Tauerntal – waren tagelang ohne Strom. Bauer Gerhard Steiner hat mir gesagt, dass er täglich tausend Liter Milch wegschütten musste. Während der Starkniederschläge im November 2019 waren einige Haushalte und Gehöfte sogar bis zu 12 Tage ohne Strom. Dort, wo Gemeinden eigene Kraftwerke betreiben – wie etwa in Assling oder Hopfgarten – funktioniert die Stromversorgung, dort, wo die TINETZ zuständig ist, funktioniert sie nicht“, so Köll.

 

Bgm. Dr. Andreas Köll: „Ohne ein massives Verkabelungsprogramm analog der Netze bei unseren bestens funktionierenden Gemeindekraftwerken wird es in Osttirol auch in den nächsten Jahren immer wider derartige Szenarien und damit eine immer größere Unzufriedenheit in der Bevölkerung geben. Das Mittelmeer erwärmt sich immer mehr, und als Folge davon kommt es im Südalpenraum zu Starkniederschlägen in immer kürzeren Abständen.“

 

Nach dem Starkschneeereignis im November 2019 hätten Vertreter der TINETZ am 28. Februar 2020 in Amlach medienwirksam ein Maßnahmenpaket für die kommenden fünf Jahr präsentiert. „Die TINETZ hat damals angekündigt, zu den bereits seit 2014 investierten 14 Mio. Euro bis 2025 noch einmal 5,8 Mio. zu investieren. Von positiven Auswirkungen diesbezüglicher Aktivitäten hat man aber bis dato nur sehr wenig gespürt. Einige kleinere Maßnahmen wurden zwar umgesetzt, das angekündigte Investitionspaket ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, betonte der Matreier Bürgermeister.

Gemeinsam mit den beiden anderen Bürgermeistern forderte Köll endlich eine Bürgermeister-Konferenz mit der TINETZ in Osttirol, um die Situation und eine Strategie zu besprechen. „Zugesagt war definitiv eine Besprechung mit allen 33 BürgermeisterInnen. Eingeladen waren am 28. Februar aber nur die drei Planungsverbandsobmänner, wobei Bgm. Josef Mair selbst TINETZ- und TIWAG-Mitarbeiter ist, außerdem auch Bezirkshauptfrau Dr. Olga Reisner und MedienvertreterInnen. Weitere Besprechungen hat es heuer trotz mehrfacher Ankündigung nicht gegeben“, so Köll.

 

Bgm. Ing. Andreas Pfurner: „Die Naturereignisse mit Starkniederschlägen häufen sich. Wir sind nun mindestens ein Mal im Jahr mehrere Tage ohne Strom. Ich bin der Meinung, dass in Osttirol rund 98 Prozent der Stromkabel unter die Erde verlegt werden können.“

 

„Nicht nur in Sachen Niederschläge haben wir in der vergangenen Woche ein Rekordereignis erlebt, sondern auch bei den Stromausfällen. Zehn Gemeinden des PV 35 waren flächendeckend betroffen, allein in Obertilliach fiel der Strom 218 Stunden aus. Ein wenig behelfen konnten wir uns mit eigenen Aggregaten“, so der Obertilliacher Bgm. Matthias Scherer. Er sprach auch das Thema Gesundheit der TINETZ-Mitarbeiter an. „In Kartitsch wurde ein Mitarbeiter bei Reparaturarbeiten schwer verletzt. Derart tragische Unfälle könnte man mit der Verlegung der Stromkabel unter die Erde verhindern“, so Scherer.

TINETZ reagiert mit Medienaussendung

Mit einer Aussendung reagierte die TINETZ noch während des Medientermins mit einem „klaren Bekenntnis zum Netzausbau in Osttirol“. Die massiven Schneefälle und die damit verbundenen Stromunterbrechungen in weiten Teilen Osttirols waren demnach der Inhalt einer Videokonferenz mit den Bürgermeistern der drei Planungsverbände, mit Bezirkshauptfrau Dr. Olga Reisner sowie Sicherheitslandesrat LH-Stv. Josef Geisler.

„Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit bei solchen extremen Wetterereignissen. Das zeigen auch die Netzausfälle in Kärnten und in der Steiermark. Trotzdem sind wir den Bürgermeistern in Osttirol im Wort. Wir haben das im Frühjahr vereinbarte Verkabelungsprogramm mit 15 Projekten gestartet und werden auch die nächsten planmäßig umsetzen“, so TINETZ-Geschäftsführer DI Thomas Rieder.

Insgesamt würden bis 2025 rund 47 Mio. Euro investiert. „Ein besonderer Fokus wird auf die zuletzt wiederholt betroffenen Gemeinden im Virgental, Defereggental und Lesachtal gelegt. Hier haben wir mit den Arbeiten bereits begonnen“, präzisiert TINETZ-Geschäftsführer Mag. Thomas Trattler. Im Frühjahr sollen die überarbeiteten Projekte sowie der neue Fahrplan mit den Planungsverbänden und den Bürgermeistern im Detail abgestimmt werden.

„Osttirol steht in der Prioritätenliste der TINETZ ganz oben. Es gibt einen Masterplan für die Versorgungssicherheit. Dieser wurde heuer zu Jahresbeginn präsentiert und wird konsequent umgesetzt. Darüber hinaus wird jetzt genau analysiert, wo im Netz es neuralgische Stellen gibt, die bisher nicht auf dem Radar waren“, wird LH-Stv. Josef Geisler in der Aussendung zitiert.

„Was den Verkabelungsgrad der Mittelspannungsleitung in Osttirol angeht, so werde dieser nach Abschluss der bereits geplanten Maßnahmen sogar über dem Tiroler Landesschnitt liegen. Einen wichtigen Beitrag für die Netzstabilität wird auch das neue Umspannwerk in Matrei i.O. leisten. Die TINETZ investiert und beauftragt den Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid AG für rund 38 Mio. Euro. Die Fertigstellung ist bis Ende 2024 geplant, die Genehmigungsverfahren sollen im Jahr 2021 abgeschlossen sein“, heißt es in der Aussendung.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Brunner Images, Osttirol heute/Mühlburger

15. Dezember 2020 um