Pflege Tirol 2030: Plus 26 Millionen Euro pro Jahr für Altenwohn- und Pflegeheime

Durch ein neues Tarifmodell werden einheitliche Qualitätsstandards in den Tiroler Heimen geschaffen. Bis 2030 sollen 7.000 zusätzliche Pflegekräfte zur Verfügung stehen.

Aktuell sind knapp 140.000 Menschen in Tirol über 65 Jahre (18,5 Prozent), 2040 werden es bereits 26,3 Prozent sein. Die Zahl der über 85-Jährigen wird sich sogar verdoppeln – von aktuell 18.400 Personen auf 36.000. Die Tiroler Landesregierung fasste am Dienstag, 20. April, einen Grundsatzbeschluss, mit dem massiv in das Tiroler Pflegesystem investiert und die Qualität weiter ausgebaut wird. Dies betrifft vor allem die Bereiche Pflegepersonal (neue Ausbildungsmöglichkeiten, Maßnahmen für Um- und WiedereinsteigerInnen, Verbesserung Vereinbarkeit von Familie und Beruf), pflegende Angehörige (Entlastung, Beratung und Weiterbildung) sowie die Pflegestruktur (Ausbau Mobile Pflege, generationsübergreifende Wohnformen, Förderung der Digitalisierung).

Landeshauptmann Günther Platter, LH-Stv. Ingrid Felipe, Gesundheits- und Pflegelandesrat Bernhard Tilg, Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf und Georg Berger, Vorstand der ARGE Tiroler Altenheime, stellten die Eckpunkte des Programms „Pflege Tirol 2030“ vor, dessen Kernstück ein neues Tarifmodell ist: Damit stehen allen Tiroler Altenwohn- und Pflegeheimen jährlich 26 Millionen Euro mehr für eine einheitliche Versorgungsqualität zur Verfügung. Die Kosten tragen Land Tirol, Tiroler Gemeinden und Stadt Innsbruck.

„Auf Basis von bisher Erreichtem stellen wir heute die Weichen für die Pflege der Zukunft in Tirol. Denn jene, die Betreuung und Unterstützung benötigen, müssen sich darauf verlassen können, dass diese zur Verfügung steht – und zwar flexibel, wohnortnahe und in höchster Qualität. Tirol soll bis zum Jahr 2030 jenes Bundesland sein, das die qualitativ beste Pflege anbieten kann. Wichtig ist es nun, dass wir uns für die Herausforderungen der Zukunft noch besser rüsten. Dafür werden in den kommenden zehn Jahren 4,7 Milliarden Euro in die Pflege investiert“, so LH Günther Platter.

 

v.l.n.r.: LR Bernhard Tilg, LH Günther Platter, LH-Stv. Ingrid Felipe, Gemeindeverbandspräsident Bgm. Ernst Schöpf

 

Tarifmodell neu: mehr finanzielle Mittel, mehr Zeit, mehr Sozialbetreuung

Mit den zusätzlichen Finanzmitteln wird den Heimen auf Basis tirolweit einheitlicher Berechnungen ein wirtschaftlicheres Arbeiten ermöglicht – unabhängig davon, ob sich die Einrichtung in einer finanzstarken oder -schwachen Gemeinde befindet. „Unter anderem werden Führungskräfte in der Pflege freigestellt, um sich ihrer Leitungsaufgabe widmen zu können. Zudem können in einigen Heimen vielfach noch nicht angebotene Qualifikationen der ,sozialen und psychosozialen Betreuung‘ durch speziell ausgebildete Fachkräfte wie ErgotherapeutInnen angeboten werden. Auch die Bemessung der Nachtdienste wird neu gestaltet, wodurch mit einem Mehr an Personalflexibilität die Diensthabenden entlastet werden sollen“, erklärte Georg Bauer.

Konkret heißt das, dass die Dienstangebote vielfältiger gestaltet werden können und man zielgerichteter auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen – beispielsweise auch hinsichtlich ihrer Freizeitgestaltungspräferenzen – eingehen kann. Die Arbeitslast (beispielsweise durch Verwaltungstätigkeiten) innerhalb der individuellen Arbeitszeiten wird verringert, die frei gewordene Zeit kommt den einzelnen BewohnerInnen zugute.

Mit dem Strukturplan Pflege 2012 wurde der erste Rahmen zur Weiterentwicklung der Pflege in Tirol geschaffen. Tirol war das erste Bundesland, das die Gehälter in der Langzeitpflege an jene der Krankenhäuser angepasst hat. „Gleiches Geld für gleiche Arbeit war damals Zentrum unseres Ehrgeizes. Damit die Pflege weiterentwickelt wird, schließen auch wir uns als Kommunen der Finanzierung an. Denn damit können die Kosten der Tiroler Heimlandschaft für die nächsten Jahre abgedeckt werden – das ist im Sinne aller Tiroler Gemeinden“, sagte Ernst Schöpf.

7.000 zusätzliche Pflegekräfte

Bis zum Jahr 2030 sollen 7.000 zusätzliche Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Um diese zu finden, werden neue Ausbildungsmöglichkeiten initiiert und berufliche Umstiegsmöglichkeiten verbessert. Ziel ist es, ein Ausbildungssystem im Bereich 3- bis 5-jähriger Schulen als Ergänzung zu den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen zu etablieren. Auch Möglichkeiten – wie Stipendien oder neue Entschädigungsformen für Praktika – sind geplant. Um Teilzeitmodelle und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser zu fördern, sollen „Personalpools“ den MitarbeiterInnen ein breites und abwechslungsreiches Arbeitsfeld bieten.

Pflegende Angehörige in ihrer Aufgabe stärken

Die Pflege zuhause soll durch die Verschränkung von Gesundheit und Pflege noch verbessert werden. Dazu zählt unter anderem die vertiefende Einbindung der Gesundheits- und Sozialsprengel, deren Strukturen nun evaluiert werden. Unterstützung finden pflegende Angehörige auch bei den Care Management Bezirksstellen. Diese finden sich derzeit in Landeck, Kufstein, Imst und Reutte. Schwaz, Innsbruck-Land und Innsbruck-Stadt sollen 2022 folgen, die Gespräche mit Kitzbühel und Lienz laufen bereits. Mit der Einführung von Erholungswochen und -tagen sowie Schulungen werden pflegende Angehörige besser unterstützt. Dahingehend beschloss die Tiroler Landesregierung bereits die Richtlinie zur „Spezialisierten Kurzzeitpflege zuhause“, wodurch pflegende Angehörige je nach Bedarf Pflegeunterstützung für einen gewissen Zeitrahmen anfordern können.

Betreuungsformen erweitern – neue Modelle etablieren

Weiters soll verstärkt auf die Digitalisierung in der Pflege (Telemedizin, Hotlines, Telepflege) gesetzt werden, das Ehrenamt gestärkt und die 24h-Betreuung durch neue Qualitätsstandards gefördert werden. „Tirol verzeichnet österreichweit eine der höchsten Lebenserwartungen. Viele bleiben rüstig und fit bis ins hohe Alter. Dennoch wird unsere Gesellschaft insgesamt älter. Deshalb muss unser Augenmerk auch auf jenen Phasen des Lebens liegen, in denen die persönliche Fitness altersbedingt nachlässt“, so LH Günther Platter abschließend.

 

Text: Redaktion, Fotos: Fotolia/Andrey Propov, Land Tirol/G. Berger

20. April 2021 um