Silvano Soravia: Der „Eismacher“ aus dem Cadore-Tal

Seit dem Sommer 2019 führt Silvano Soravia gemeinsam mit seiner Frau Monia die Eisdiele „Deliziosa“ in der Lienzer Messinggasse.

Das „Eismachen“ hat in der Familie Soravia Tradition – schon Silvanos Urgroßvater, Großvater und Vater haben köstliches Gefrorenes hergestellt. „Ich stamme aus dem kleinen Dorf Venas in der Nähe von Cortina d’Ampezzo. Aus dem Valle di Cadore kommen viele Eismacher – so wie auch aus dem Paralleltal, dem Val di Zoldo“, erzählt Silvano. Sein Vater war 50 Jahre lang im deutschen Tübingen als Eismacher tätig. „Ausgeholfen habe ich dort schon als Jugendlicher und im Alter von 16 Jahren erstmals eine volle Sommersaison im Eisladen meines Vaters gearbeitet“, erinnert sich der heute 48-Jährige an seine Anfänge zurück.

 

 

In Italien hat der Elektrotechnik-Meister mit technischem Abitur bis vor etwa zehn Jahren ein Elektro-Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern geleitet. „Eigentlich wollte ich aber schon immer der Tradition unserer Familie folgen und Eis herstellen. Über Jahre habe ich zunächst in Stuttgart eine Eisdiele betrieben. Nachdem Monia und ich aber wieder näher an meine ursprüngliche Heimat und in die Berge ziehen wollten, fiel 2019 der Entschluss, unsere Zelte in Lienz aufzuschlagen. Hier ist es viel ruhiger, beschaulicher und gemütlicher als in der Großstadt. Ich habe diesen Schritt nie bereut und bin froh, dass unsere Töchter Elena und Giulia hier in Osttirol aufwachsen können“, betont der begeisterte Bergsteiger, der sich früher in seiner ladinischen Heimat auch als Bergretter engagiert hat.

 

 

Silvano ist es wichtig, Eis und Sorbet nach alter Rezeptur herzustellen und das moderne Wissen über gesunde Lebensmittel in die Produktion einfließen zu lassen. „Mein Eis soll vor allem natürlich sein. Ich stelle es ohne künstliche Zusatzstoffe, ohne Farb- und Geschmacksverstärker und ohne industriellen Zucker her. Ich süße mit Honig und mit Traubenzucker oder mit Zucker, der aus Mais gewonnen wird – also mit Maltodextrin.“ An der Università dei Sapori in Perugia hat Silvano viel über diese natürliche Form des Eismachens – ganz ohne Chemie – gelernt. Nach langem Tüfteln hat er sich in der Kreuzgasse in Lienz nun auch einen eigenen Raum für die Eiserzeugung eingerichtet.

 

 

Ob Schoko- oder Haselnuss-Eis, ob Zitronen-, Erdbeer- oder Mango-Sorbet – 50 bis 60 verschiedene Sorten bietet der Eismacher aus Italien in seiner Eisdiele an. Auf der direkt daran angrenzenden, kleinen, aber feinen Terrasse kann man auch Kaffee, Waffeln, Crepes sowie weitere Köstlichkeiten genießen.

 

 

Silvano Soravia weiß viel Interessantes über die Historie der „Eismacher“ aus Oberitalien zu erzählen: „In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen viele Eismacher – ursprünglich waren es hauptsächlich Konditoren – aus dem Cadore und dem Val di Zoldo nach Wien und Salzburg, um dort Eis zu produzieren. Wir Ladiner waren damals, als dieses Gebiet noch zur Monarchie gehörte, Österreicher. Eis konnten sich in früheren Zeiten nur reiche Leute in den Städten leisten – also etwa in Wien und in Salzburg. Es gab keine Kühlschränke und auch keine Eismaschinen. Zum Kühlen wurde Salz verwendet, das damals sehr teuer war. Im Raum Salzburg gab es aber genug davon. Erst später haben die Eismacher begonnen, auch in Deutschland Eis herzustellen.“

 

 

In seinem Eissalon „Deliziosa“ verwendet Silvano übrigens ausschließlich plastikfreie Löffel, Becher und Strohhalme. Sie werden aus Maisstärke, Bambus und Holz hergestellt. „Mir ist es wichtig, in meiner Eisdiele auf Natürlichkeit und Nachhaltigkeit sowie den ökologischen Fußabdruck, den meine KundInnen und ich als Produzent hinterlassen, zu achten. Die Entwicklung meiner neuen Art des Eismachens war nicht einfach, aber es hat sich gelohnt!“, hält er abschließend fest.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger/Osttirol Journal

30. Juli 2021 um