Olala-Tag 2: Ausgelassene Festivalatmosphäre in und um Lienz

Von Langeweile kann derzeit in Lienz wahrlich keine Rede sein: Die Straßen und Plätze der Innenstadt bilden die Bühne für faszinierende Open-Air-Produktionen verschiedener Genres.

Quer durch die Stadt lockten so auch an Tag 2 internationale Straßenkünstler mit ihren Darbietungen hunderte von Zuschauern an. Am Hauptplatz begeisterte das Duo E1NZ mit „Le Bistro“. Die beiden Schweizer und ihr Programm mit wenigen Worten zu beschreiben, ist gar nicht so einfach, denn Esther und Jonas Slanzi passen in keine Schublade. Genreübergreifend bringen die beiden Performancekünstler Schnelligkeit und Leichtigkeit, Akrobatik, Tricks und Theater in Einklang. Im Lienzer Stadtzentrum lud das Duo gestern zum Besuch in ihr altes, in die Jahre gekommenes Restaurant „Le Bistro“ ein. Jonas in der Rolle eines schlecht gelaunten Kellners traf auf Esther, die eine extrovertierte Dame verkörperte. Basierend auf Theater und Artistk gestaltete das Paar Figuren und Geschichten, wie sie das Leben schreibt – und wie wir sie kennen, lieben und hassen. Das „Bistro“ diente als Spielwiese für Konflikte und exzentrische Artistik, untermalt von schwungvoller Swingmusik. Die vielen Zuschauer ließen sich trotz der sengenden Hitze nicht davon abhalten, die Jonglierkunst, Balanceakte und Akrobatik beinhaltenden Darbietungen mit besonders viel Applaus zu belohnen.

 

Auf einer uralten Riesenschildkröte reiten zu können – das gibt es nur bei Olala! Foto: Osttirol heute

 

Der Johannesplatz präsentierte sich an Olala-Tag 2 als Location für ein Rennszenario der etwas anderen Art: Die Truppe „Le Machienerie“ aus Belgien lud mit ihren den Galapagos-Schildkröten nachempfundenen Riesenschildkröten dazu ein, die legendäre Langsamkeit dieser Tiere live zu erleben – ein Riesenspaß vor allem für die jungen Festivalbesucher. Die Kinder durften auf den Schildkröten Platz nehmen, während jeweils ein Erwachsener auf einem Riesenrad in die Pedale treten musste. Dass „Entschleunigen statt Hetzen“ auch ein Motto für einen Wettkampf sein kann, wurde hier eindrücklich-humorvoll unter Beweis gestellt.

 

Haben Schweine Flügel? Die beiden Exzentriker aus Prag wollten gestern genau das glauben machen. Wer aber eine Sauerei erwartet hatte, lag falsch! Fotos und Video: Osttirol heute

 

Am frühen Nachmittag waren am Hauptplatz die „Trick Brothers“ zu sehen. Die Langlaufskier hatten sie vermutlich auf der Moosalm zurückgelassen, denn nun stand ein großes, rosa Schweinchen im Fokus ihrer Performance. Mit ihrem „Piggy Circus“ versuchten die beiden Exzentriker aus Prag das Publikum davon zu überzeugen, dass die Welt viel schöner wäre, wenn Schweine fliegen könnten. Mit Jonglierkunst, Objektmanipulation, Puppenspiel und Clownerie ist ihnen dieses Vorhaben in ihrer 30-minütigen Aufführung – wie auch unser Video zeigt – doch glatt gelungen!

 

„La Orquesta informal de Rosario“ unterhielt am Johannesplatz. Foto: Osttirol heute

 

Eine weitere, in diesem Fall musikalische Performance bot „La Orquesta informal de Rosario“ aus Argentinien am Johannesplatz. Hier brachten die Musiker die Passanten mit ihrem ausgelassenen Sommersound zum Mitschunkeln und Tanzen. Das Wanderorchester faszinierte mit einer musikalischen Mischung aus Latino-Rhythmen, Gypsy-Klängen, Rumba, Ska, Cumbia, Balkanbeats und Rock.

 

In der Lienzer Messinggasse diente ein Schaufenster als Schauplatz einer interessanten Tanzdarbietung. Foto: Osttirol heute

 

Der Tango repräsentiert nicht nur ein Stück argentinische Kultur, sondern ist auch die universelle Ikone des Glamours und der raffinierten Verführung. Eigentlich ist dieser Tanz nicht dafür gedacht, in eine Toilette zu passen. Doch Rodrigo Pardo bringt das Außergewöhnliche in das Gewöhnliche: Als eine Art umgekehrter Duchamps „Ready Made“-Effekt schuf der Performancekünstler aus Argentinien in der Lienzer Messinggasse ein humorvolles und zum Nachdenken anregendes Ereignis mit kontrastreichen Bildern.

 

„Fanfare van de eerste Liefdesnacht“ lockte wieder Einheimische wie Gäste und Groß wie Klein an. Foto: Osttirol heute

 

In der Lienzer Fußgängerzone war auch wieder das Orchester „Fanfare van de eerste Liefdesnacht“ anzutreffen, das den Festival-Besuchern schon von Tag 1 auf der Moosalm bekannt sein dürfte. Auch hier sorgten die Amsterdamer MusikerInnen mit ihrem kunterbunten Auftritt für eine ausgelassen-beschwingte Stimmung.

Sicher ist nur die Unbeständigkeit: Vincent Martinez und seine Soloperformance „Culbuto“ auf einem überdimensionalen Kreisel. Fotos: Osttirol heute

 

Vor der Liebburg am Hauptplatz schwang und drehte sich der französiche Soloartist Vincent Martinez mit „Culbuto“ sprichwörtlich in die Herzen der Olala-Fans. Ein überdimensionaler Kreisel katapultierte den Künstler auf spektakuläre Weise von rechts nach links, von oben nach unten. Zwischendrin erklomm der Franzose die sechs Meter hohe Stange oder schwang sich haarbreit am Boden vorbei. Als Begleiter hatte er eine Puppe dabei, die ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Damit zeigte er, auf irrsinnig komische Weise vor, was er selbst am großen Kreisel machen will.

 

„Cirque la Compania“ aus Frankreich. Fotos: Brunner Images, Video: Peter Märkl

 

Das Abendprogramm – dieses Mal waren die Dolomitenhallen Schauplatz des Geschehens – bestritten „Cirque la Compania“ aus Frankreich, „Gravity & Other Myths“ aus Australien sowie „Le G. Bistaki“, ebenfalls aus Frankreich. Bei der Österreich-Premiere von „Cirque la Compania“ stürmten vier Akrobaten die Bühne. Die Franzosen verbanden bei ihrem „L‘Avis Bidon“ artistische Höchstleistungen auf dem chinesischen Mast, dem Teeterboard und Messerwerfen mit Musik von Wagner bis Noir Desir. Mit Spott und Humor fusionierten sich bei ihnen Körper und Worte in physischer und verbaler Auseinandersetzung.

 

„Gravity & Other Myths“ aus Australien. Fotos und Video: Peter Märkl

 

Dass Schwerkraft nur ein Mythos ist – das bewiesen die sieben sympathischen Akrobaten von „Gravity & Other Myths“ aus Australien. Locker bewegten sie sich ganz dicht bei ihrem Publikum, nicht als distanzierte Zirkusnummer mit Glanztrikots und Schminke, eher wie die guten Freunde von nebenan. Sie bauten dreistöckige Menschentürme auf, hüpften von Kopf zu Kopf und wirbelten durch die Luft. Dazu brauchten sie nichts als ihre unglaubliche Körperkraft und katzengleiche Wendigkeit, kaum irgendwelche Requisiten. Immer wieder zogen sie die Zuschauer hinein in ihr spielerisches „Schneller – Höher – Weiter“.

 

In einer Mischung aus Tanz, Objekttheater und Jonglage kreierten „Le G. Bistaki“ fantastische Szenen und eine surreale Welt. Fotos: Brunner Images

 

Auf eine atemberaubend choreographierte und musikalische Reise nahmen schließlich „Le G. Bistaki“ die Olala-Begeisterten mit. Die vier Männer in weißen Anzügen und ausgestattet mit Schneeschaufeln und anderen Requisiten setzten 300 Kilogramm Mais als „Diskussionsquelle“ für ihre Performance ein.

 

Text: Maria Hofer und Elisabeth Hilgartner

25. Juli 2019 um