„Die Schuhe sind meine Heimat“: Neues Patterer-Buch

Am 18. November 2018 stellt die Osttiroler Mundartdichterin Gertraud Patterer ihre 25. Publikation vor. Die Buchpräsentation findet ab 20.00 Uhr im Tirolerhof in Dölsach statt.

„Schuhe sind wichtige Mittel für die Bewegung – vorwärts, rückwärts, aufwärts, abwärts und nach allen Seiten. Als Heimat gilt normalerweise eine seit langem vertraute Lebenswelt, ein Ort sozialer Zugehörigkeit, also etwas Bleibendes. Auf Heimatliches wird im Untertitel dieses Werkes auch mit dem Bezug auf Osttirol angespielt“, meint Univ.-Prof. Dr. Walter Methlagl, langjähriger Leiter des Brenner-Archivs in Innsbruck, in seinem Vorwort zu Gertraud Patterers neuestem Werk, das im Heyn-Verlag erschienen ist. Dass im Haupttitel „Schuhe“ mit „Heimat“ identifiziert werden, weise, wie er erklärt, auf den Ausgleich von etwas ursprünglich Gegensätzlichen hin – auf bleibend Bewegendes und auf bewegend Bleibendes. Von solchen Kontrasten seien die in dem Buch enthaltenen fünfundzwanzig Erzählungen, zwanzig Gedichte und sechzig Aphorismen vielfach geprägt.

„Ich will bis zu meiner letzten Stunde schreiben und hoffe, dass mir das auch gelingt“, betont die Autorin selbst und verdeutlicht, dass sie darin eine Lebensaufgabe sieht. Sie möchte eine Botschaft mitgeben, sagt sie und berichtet, dass sie an dem Buch „Die Schuhe sind meine Heimat“ knapp zwei Jahre gearbeitet habe. Erzählerische Bewegung entsteht in den Texten der Dölsacherin oftmals durch Gegensätze, einige Male auch durch die Widersprüchlichkeit zwischen deutscher Hochsprache und Osttiroler Mundart. Walter Methlagl verweist diesbezüglich darauf, dass Gertraud die Mundart, die sie seit ihrer Kindheit beherrscht und die sich auch in zahlreichen Schriften, vor allem in ihrer Autobiographie „Heint isch die Sunne zum Boch trinken gong“ (2001), widerspiegelt, literarisch, oft auch lyrisch, einsetzt.

Als „sprechendes“ Beispiel dafür nennt er die erste Erzählung, die den Titel „Im Ringlogarten“ trägt. Darin thematisiert die Autorin, zum Teil autobiographisch, einen Besuch der elfjährigen Traudl und ihrer Großmutter bei der Schwester ihres Großvaters in Innsbruck. „In dieser Schilderung erweitert sich die Mundart auf die Hochsprache hin und wieder zurück, hin auf die Mundart“, so Methlagl, der weiter meint, dass „… nicht nur der Inhalt, sondern auch die weithin klangliche Darstellungsform dieses Textes ein gleichzeitiges Schreiten zurück in eine sprachlich verinnerlichte Vergangenheit und voraus zu einer, auch für uns Lesende, sprachlich spannend sich erneuernden Gegenwart repräsentieren.“

Dass bei Gertraud Patterer jedes Wort „gewachsen“ ist, unterstreicht sie selbst mit dem Hinweis auf das, was man hinlänglich Lebenserfahrung nennt. So be- und verarbeitet die heute 72-Jährige Selbsterlebtes ebenso wie ihre ganz persönliche Sichtweise auf einstige wie gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen. In ihren Texten sind Kurzszenen aus früheren Zeiten, aber auch aus der jüngsten Vergangenheit in die heutige Perspektive umgesetzt. „Der Geheimplatz“, „Der Bub“ oder „Kinderparty“ sind Beispiele dafür. Hier wird unter anderem auch das Schicksal von Flüchtlingskindern konkret sichtbar und empfindbar gemacht.

Für das erzählende Ich, in dem, wie es der studierte Philosoph und Germanist Walter Methlagl interpretiert, Gertraud Patterer selbst zuweilen, aber nicht immer in ihrem Einst und Jetzt erkennbar ist, zeigen sich als „Dialogpartner“ fast immer Phänomene der Natur als gegenwärtig. Dazu passen folgende Textzeilen aus Gertraud Patterers Erzählung „Enzianblau“: „Auftauchen und eintauchen – in einer Sekunde los! Jetzt die Gruppe Enziane da. Die Wiese – ihre Stirnfransen sind gekämmt – als brauner Spiegel. Ich, wie man mit zwölf nur ist, unberührbar schön, die erste Bluse, die enge Schoß an. Stauden zeigen Waden. Eschen Figur. Eichen Kontur. Durchsichtige Waldesseele.“

Gehalt und Gestalt des Buches prägt die wohl bewusste Entscheidung der Osttiroler Autorin, den Fokus auf kürzere Texte zu legen. Mit Ausnahme der ersten Erzählung überschreitet kaum ein Text die Hälfte oder höchstens zwei Drittel einer Seite. Meistens handelt es sich um Anekdoten oder – wie Gertraud sie nennt – um „Osttiroler Miniaturen“. Auch die Gedichte sind, wie es Walter Methlagl abschließend zusammenfasst, „… in kurzen Verszeilen und überschaubaren Strophenfolgen geformt und die Aphorismen auf einen oder höchstens zwei Sätze beschränkt. Schweigen und Stille nehmen zu. Folge: `Ein Buch hat Schwimmflügel aus Ewigkeit`.“

 

Buchpräsentation Gertraud Patterer:
„Die Schuhe sind meine Heimat“
18. November 2018, 20.00 Uhr, Tirolerhof, Dölsach
Musikalische Umrahmung durch die „Patterer Musikanten“

 

Text: E. Hilgartner, Foto: Osttirol Journal

13. November 2018 um