Ausgewählte Objekte mit einprägsamen Geschichten

…sind in der ab heute, 4.6.2015, laufenden Gedenkausstellung „Einst Flüchtling – heute Tourist. 70 Jahre Kosakentragödie in Lienz“ im Lienzer Südbahnheizhaus zu sehen.

Bei der Ausstellungseröffnung am Mittwochabend, 3. Juni, erläuterte Univ.-Prof. Dr. Harald Stadler den Besuchern die Zielsetzung und den grundsätzlichen Aufbau der Schau, die er mit einem Team von vielen HelferInnen im Rahmen eines „sehr engen Zeitfensters“ in den vergangenen Monaten vorbereitet hatte. „Präsentationen wie diese sind immer auch Fangnetz für weitere neue Erkenntnisse und bringen die Wissenschaft weiter“, betonte Harald Stadler, der auch auf den Kontext zum Ausstellungsort, dem Lienzer Heizhaus, hinwies. Schienen und Waggons standen schließlich in unmittelbarer Verbindung mit den tragischen Geschehnissen im Juni 1945. Am 28. Mai brachten die Briten rd. 1.500 Kosakenoffiziere unter dem Vorwand, es solle eine Konferenz über das weitere Vorgehen stattfinden, nach Kärnten, am 1. Juni räumte die Besatzungsmacht überfallsartig die Lager um Lienz. Man verfrachtete die Kosaken per Eisenbahnwaggon in die Steiermark, wo sie, gemäß den Vereinbarungen der Konferenz von Jalta über die Auslieferung sowjetischer Staatsbürger, der Roten Armee übergeben wurden, die sie nach Sibirien deportierte.

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In der Kosakenausstellung im Heizhaus, die bis 15. September täglich von 10.00 bis 12.30 Uhr und von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet ist, erwarten die Besucher ausgewählte Funde und Gegenstände, wird Geschichte mit einprägsamen Schicksalen von Menschen verwoben, die direkt in die Tragödie eingebunden bzw. Teil davon waren. Grafiken und Kurztexte auf Schautafeln bieten fundierte Informationen zum historischen Hintergrund der Kosaken und der Rolle, die sie im II. Weltkrieg einnahmen. In drei Eisenbahnwaggons werden die Geschehnisse vor 70 Jahren aus verschiedenen Perspektiven unter die Lupe genommen. Die Verantwortung der Briten wird ebenso nachgezeichnet wie das Umfeld der Tragödie im Lienzer Talboden, die Wahrnehmung der Geschehnisse vor Ort. Fotos von Alltagsgegenständen der Kosaken, die im heutigen Bezirk Lienz gefunden wurden, sind zu sehen, auch das Leben von Kosakenkindern in der Region wird dokumentiert. Auf einer Folie am Boden symbolisieren 25.000 kleine rote Steine die Zahl jener Kosaken, die im Mai 1945 den Lienzer Talboden erreichten, und 35.000 graue Steine die damals in Osttirol lebende Bevölkerung. Vor dem Heizhaus bietet ein vierter Waggon, ein Bibliothekswagen, die Möglichkeit, in auf die Thematik abgestimmten Büchern (in vier Sprachen) zu schmökern.

Die Ausstellung „Einst Flüchtling – heute Tourist“ gilt nach der Einweihung der russich-orthodoxen Kapelle am Kosakenfriedhof als zweiter Höhepunkt im Gedenkjahr an die Tragödie vor 70 Jahren. Sie soll aber, wie Univ.-Prof. Dr. Stadler betonte, auf keinen Fall das Ende des Weges darstellen. „Es bleibt noch viel zu tun, um der Kosakentragödie auf Dauer jenen Raum zu geben, den sie verdient!“ Stadler definierte die Installierung eines Kosakenzentrums in Lienz sowie einer „Brücke der Erinnerung“ über die Drau als persönliche Wünsche für die Zukunft. Die Begrüßung der Gäste des Abends nahm Bgm. LA DI Elisabeth Blanik vor. Der Lienzer Vizebürgermeister Meinhard Pargger berichtete von einer gemeinsamen Reise mit Univ.-Prof. Dr. Stadler und Erika Pätzold auf den Spuren der Donkosaken nach Russland. Landtagsabgeordneter Martin Mayerl las aus Aufzeichnungen seines Vaters vor, der als Zeitzeuge seine Eindrücke von den damaligen Geschehnissen im Lienzer Talboden niedergeschrieben hatte.

Text: E. Hilgartner, Fotos: Brunner Images

05. Juni 2015 um