Stadttheater Bruneck: Ein Vierteljahrhundert Kultur vom Feinsten

Unmittelbar verbunden mit der kulturellen Institution, die 2019 ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert, ist der Name Klaus Gasperi, der das Stadttheater Bruneck durch alle Höhen und Tiefen geführt hat.

2019 feiert das Stadttheater Bruneck sein 25-jähriges Bestehen. Es ist ein „Silber-Jubiläum“, das eine Auszeichnung in Gold verdient! Denn das, was seit Ende der 90er-Jahre im Haus in der Dante-Straße 21 in Bruneck an Eigenproduktionen, Co-Produktionen und Tourneen, an Klassikern, satirischen Stücken, modernem Volkstheater, Musik, Kabarett, Literatur und Talkabenden geboten wurde, ist ohne Zweifel einzigartig. Untrennbar verbunden mit der kulturellen Institution ist der Name Klaus Gasperi. Der nimmermüde Theaterpionier hat das Stadttheater durch alle Höhen und Tiefen der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte geführt. Zum ersten Vierteljahrhundert des Stadttheaters Bruneck hat Joachim Gatterer eine Chronik verfasst, die einen Blick zurück auf die wechselvolle, mitunter abenteuerliche, aber letztlich erfolgreiche Geschichte wirft. Erfolgsautor Felix Mitterer meint darin in einem Beitrag „Wer kann ohne das Stadttheater Bruneck auskommen? Keiner. Nicht die Brunecker, nicht die Südtiroler, nicht die Nordtiroler, überhaupt weithin die Österreicher nicht. Ich auch nicht!“ und bringt damit nicht nur seine hohe Wertschätzung, sondern auch die enge Verbundenheit mit dem Stadttheater und Klaus Gasperi zum Ausdruck.

 

 

Begonnen hat alles vor 25 Jahren, im Jänner 1994, im Pub Hotel Bruneck. Klaus Gasperi, zuvor jahrelang am Innsbrucker Landestheater beschäftigt, suchte nach seiner Rückkehr aus Kuba, wo er ein Jahr lang als Bühnenbildner tätig war, ein neues Tätigkeitsfeld. Über Umwege und im wahrsten Sinn des Wortes „über Nacht“ wurde, gemeinsam mit Mitstreitern, im Pub Hotel Bruneck ein neuer Theaterverein und das „Theater im Pub“ aus der Taufe gehoben. An die 80 Theaterbesucher fanden hier Platz. Die Bevölkerung nahm das neue kulturelle Angebot gut an, was auch die steigende Anzahl an Mitgliedern, Förderern und Sponsoren bewies. Von Beginn an gab es aber auch Probleme, insbesondere von Seiten der Behörden. Nach drei Jahren war wegen baurechtlicher Mängel Schluss mit dem Pub. Für Klaus Gasperi und sein Team stellte dies jedoch kein unüberbrückbares Hindernis dar.

 

 

Vorerst öffnete das „Theater im Zelt“ seine Tore – erneut „über Nacht“. Trotz fehlender Genehmigung schritt die Stadtgemeinde nicht ein, schließlich waren Presse und TV-Anstalten bereits informiert. Um auf die Geringschätzung von Seiten der Politik hinzuweisen, hängte der Theaterpionier über dem Zelteingang ein Schild mit der Bezeichnung „Stadttheater Bruneck“ bewusst schief auf – der bis heute bestehende Name war „geboren“. Von Gemütlichkeit konnte im Zelt allerdings keine Rede sein. Das Zelt war während der Veranstaltungen nur zeitweise, meist in den Pausen, beheizbar. Trotzdem wurde bei Wind und Wetter, auch über die Wintermonate, Theater gespielt. Erst zwei Jahre später konnten geeignete Räumlichkeiten gefunden werden. 1999 erfolgte der Umzug in die ehemaligen Räumlichkeiten einer Elektrofirma. Seit damals hat das Stadttheater im Haus in der Dantestraße 21 seine Heimat. Im Laufe der Jahre wurde auch das Obergeschoss adaptiert, in welchem sich die Wohnung für die Regisseure sowie Wohnräume für die wechselnden Schauspieler befinden. Im Keller konnten die Werkstatt und eine Probebühne untergebracht werden.

 

 

Wenn man heute ins Stadttheater Bruneck kommt, fühlt es sich an, als betrete man eine andere, eine faszinierende Welt. Die Räumlichkeiten haben etwas von Großstadtflair, Theaterluft umhüllt einen. Im Nu ist man angekommen in der fabelhaften Welt von Klaus Gasperi. Bei unserem Besuch in Bruneck führt uns der Initiator und Chef des Stadttheaters in Personalunion, vom Eingangsbereich, vorbei an der gekonnt gestalteten Bar, hinein in den Zuschauerraum. Die Bestuhlung stammt übrigens aus dem Innsbrucker Landestheater – Nostalgie vom Feinsten! Die Bühne ist großzügig in einem Zubau eingebettet. Sie beeindruckt durch ihre Einfachheit, lässt aber in technischer Hinsicht kaum Wünsche offen. Und das Programm des Stadttheater Bruneck selbst? Es fasziniert und hat für Jeden – von 5 bis 100 Jahre – etwas zu bieten. Wer modernes Volkstheater liebt, kommt hier genauso auf seine Rechnung wie derjenige, der gerne mehr über aktuelle gesellschaftspolitische Themen erfährt. Aber auch Klassiker und neuzeitliche Werke gelangen im Stadttheater zur Aufführung. Im Gespräch erklärt Gasperi, der vorrangig für das Programm verantwortlich zeichnet, dass es ihm wichtig ist, „dass Theater unterhält, dass es die Zuschauer bewegt, dass es Fragen aufwirft und Denkanstöße gibt.“ Wenig verwunderlich hat er sich so in den vergangenen 25 Jahren nie „nur“ auf das Theater beschränkt, sondern sprichwörtlich auch Platz geschaffen für Kabarett, Musik und Literatur.

 

Zum 25-Jahr-Jubiläum feierte am 6. Oktober „Antigone” von Sophokles Premiere. Foto: Stadttheater Bruneck

 

Größen der Szene wie Joesi Prokopetz, Robert Palfrader, Florian Scheuba, Leo Lukas und Simon Pichler, Alfred Dorfer, Felix Mitterer oder Ottfried Fischer holten sich bei ihren Auftritten im Stadttheater den wohlverdienten Applaus. Titlà, Willi Resetarits & Stubnblues oder etwa Saxofour unterhielten das Publikum mit ihrer Musik. Die Programmvielfalt machte auch vor Angeboten für Kinder und Jugendliche nicht Halt: Aus ganz Südtirol kamen und kommen Schüler, um sich hier fürs Theater begeistern zu lassen. Seit 2001 gibt es deshalb immer wieder auch eigene Produktionen für Kinder und Jugendliche. Über die Jahre sind, wie Klaus Gasperi berichtet, herausragende Theaterproduktionen gelungen. „Nächstes Jahr, gleiche Zeit“ von Bernard Slade mit Traumschiff-Bordarzt Nick Wilder, „Warten auf Godot“ mit Lucas Zolgar und Elmar Drexel, „Eine Mittsommernachts-Sexkomödie“ von Woody Allen mit Ulrike Lasta oder „Honig im Kopf“ von Hilly Martinek und Til Schweiger können als nur einige von vielen Beispielen genannt werden.

 

Der Vorwand (Je Táime), ein Schauspiel von Pierre Sauvil, ein Stück über die Freiheit, über Toleranz und Verzeihen, zusammengefasst, ein großes, kleines Stück über die Liebe, ist im November 2019 im Stadttheater Bruneck zu sehen. Foto: Stadttheater Bruneck

 

„Mein Ungeheuer“ von Felix Mitterer mit Julia Gschnitzer und Peter Mitterrutzner ging auf Tournee – mit weit über 120 Aufführungen. Auch ein Freilufttheater gab es zu organisieren – „Decamerone“ begeisterte in der Stadtgasse Bruneck. Immer wieder standen und stehen auch Co-Produktionen mit ausländischen Theatern auf dem Programm. Bautzen, Dresden, Wien, Salzburg oder Innsbruck fungierten als Partner. Hamburg kaufte, welch ein Erfolg, eine Theaterproduktion aus Bruneck an. Das Stadttheater konnte sich auch im Rahmen von unzähligen Gastspielen im In- und Ausland profilieren. Man machte in Südtirol und dem Trentino, in Österreich, Deutschland und der Schweiz, in Frankreich, Slowenien und Rumänien Station. Auch die Osttiroler Bezirkshauptstadt kam in den Genuss. Was das Sahnehäubchen „draufsetzt“ und das Stadttheater Bruneck in seiner Klasse bestätigt, hervorhebt und zusätzlich noch einmal mehr aufwertet: Die Künstler, egal, ob Schauspieler, Kabarettist, Musiker oder Literat – alle lieben es und kommen gerne immer gerne nach Bruneck zurück. So wie es auch das Publikum tut!

 

 

Wer den Wert von alldem erst spät erkannt hat, ist, wie Gasperi betont, die Politik. Die nicht selten zu geringen Subventionen flossen meist nur sehr zögerlich. „Die Eventkultur wird großzügig gefördert, für kulturelle Veranstaltungen bleibt oft nicht mehr viel übrig.“ Nicht nur mit Wehmut denkt er an die „Theaterschule“, die 2014 geschlossen werden musste. Aus seinem Unmut über viel zu viele vergebene Chancen hat der Südtiroler nie ein Hehl gemacht. Seine „offenen Briefe“ sind weitum bekannt, ebenso wie sein Charakterzug, sich kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Nichts desto trotz kann sich die treibende Kraft hinter dem Stadttheater Bruneck über das Erreichte und das hohe Niveau im Angebot auch freuen. „Vieles ist mit der Zeit gewachsen. Von unbezahlbarem Wert sind auch die Kontakte, die wir knüpfen konnten!“ Und die Zukunft? Die scheint gesichert! 2022, so der Visionär, soll das Stadttheater in neue Räumlichkeiten wechseln – ins Kolpinghaus Bruneck, nur einige hundert Meter vom heutigen Standort entfernt. Die Pläne für u.a. zwei Theatersäle (70 bzw. 200 Sitzplätze) stehen, die Finanzierung auch.

Somit besteht die berechtigte Hoffnung, dass das Stadttheater Bruneck auch in Zukunft die Herzen vieler kulturell Interessierter erfreut. Sehr treffend hat diesen Wunsch Alfred Dorfer als einer von vielen Prominenten im Jubiläumsbuch „Sternstunden & Skandale – Erinnerungen an 25 Jahre Stadttheater Bruneck“ ausgedrückt: „Das Stadttheater Bruneck ist ein lieb gewordener Wegbegleiter geworden. Und wenn Wegbegleiter jubilieren, dann jubilier ich gerne mit und sag: Danke! Danke für eure Professionalität, euer Herzblut und eure Energie. Und ich sage auch: Bitte! Bitte macht noch ganz lange weiter so!“ Dem ist nichts hinzuzufügen!

 

Text: Johanna Kraler, Fotos: Martin Lugger, Stadttheater Bruneck

24. November 2019 um