Schau mit Werken von Gottfried Fuetsch: Den Raum und die Seele erspüren …

Zum 110. Geburtstag bzw. 30. Todestag ist dem Virger Künstler Gottfried Fuetsch eine Sonderausstellung auf Schloss Bruck gewidmet, die bis 18.8. zu sehen ist.

„Raum und Seele“, so lautet der Titel der Werkschau in der altehrwürdigen Görzer Burg in Lienz. Beim Anblick der Kunstobjekte aus Holz, Metall und Stein, die, nach vier Themenkreisen geordnet, in den Räumen des Westtraktes einen Einblick in das vielfältige Schaffen des Iseltalers geben, werde ich an meinen Besuch in Göriach im Herbst 2018 erinnert. Klar und deutlich habe ich wieder die eindrucksvollen Arbeiten vor Augen, die in Wohnhaus und Atelier sowie im Garten der Familie Fuetsch darauf hinweisen, dass sich hier mittlerweile schon drei Generationen dem Handwerk und der Kunst der Bildhauerei verschrieben haben.

 

Sohn Michael und Enkel Lukas führen die künstlerische Tradition der Familie Fuetsch fort.

 

Auf Gottfrieds Enkel Lukas, dessen Schwester Ramina und Eltern Franziska und Michael treffe ich auch am Abend der Vernissage auf Schloss Bruck. Eröffnet wird die sehenswerte Schau von der Lienzer Bürgermeisterin Elisabeth Blanik. Sie lädt die vielen Anwesenden dazu ein, in Ergänzung zur Ausstellung, auch einmal mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. „Schließlich finden sich in Lienz, ähnlich einer Freiluftgalerie im öffentlichen Raum, zahlreiche wichtige Arbeiten Professor Fuetschs – beginnend mit der Monumentalplastik `St. Christophorus` an der Hofgartenbrücke, dem Steinfries `Die Amtsstunde` im Zugangsbereich des Amtsgebäudes oder dem `Flötenspieler` in der Friedensiedlung, um nur drei von vielen zu nennen.“

 

 

Gottfried Fuetsch hat der Nachwelt eine große Anzahl an Werken hinterlassen. Begonnen hat sein Lebensweg im Jahre 1909, hineingeboren in eine kinderreiche Osttiroler Bauernfamilie. Die Kindheit in Obermauern war von der Mitarbeit am elterlichen Hof und von ersten Versuchen, Holzstücke figural zu bearbeiten, geprägt. Nach dem Abschluss der Grundschule in Virgen verdiente sich der junge Iseltaler sein erstes Geld beim Straßenbau im Virgental bzw. war er später an der nur unter schwierigen Bedingungen möglichen Errichtung der Bonn Matreier-Hütte auf 2.750 Meter Seehöhe beteiligt. Schon zu dieser Zeit hatte sich in dem jungen Mann der Wunsch, sich zum Bildhauer ausbilden zu lassen, manifestiert. 1929 gelang es ihm, Aufnahme in die Schnitzschule in St. Jakob im Defereggental zu finden. Unterrichtet von dem aus einer ladinischen Künstlerfamilie stammenden Bildhauer Bruno Costa, traf Gottfried hier auch auf die beiden Prägratner Adrian Egger und Josef Troyer. Mit ihnen verband ihn nicht nur der insbesondere im Winter beschwerliche Fußmarsch ins Defereggental, sondern vor allem das gemeinsame Ziel einer künstlerischen Laufbahn.

 

 

Während Egger und Troyer nach Schließung der St. Jakober Schnitzschule nach Wien wechselten, führte die weitere Ausbildung den Virger nach Innsbruck und später an die Akademie der Bildenden Künste nach München. Die Jahre in der bayrischen Landeshauptstadt waren prägend. 1937/1938 erhielt der junge Bildhauer hier einen ersten wichtigen Preis für seine Plastik „Der Sämann“. Was folgte, war jedoch nicht der ersehnte akademische Abschluss, sondern die Einberufung in den Kriegsdienst. Sein Talent als Bildschnitzer verschaffte ihm ab 1944 die Chance, als Porträtist eingesetzt zu werden. Im Mai 1945 geriet Fuetsch in amerikanische Gefangenschaft. Er konnte aber, nach kurzer Internierung, gemeinsam mit einem anderen Osttiroler fliehen. Zurückgekehrt ins heimatliche Obermauern, überstand Gottfried die entbehrungsreichen und von familiärem Leid geprägten Nachkriegsjahre mit starkem Willen und Gottvertrauen.

 

Kunsthistorikerin Dr. Eleonora Bliem-Scolari, die Kuratorin der Ausstellung (rechts), mit Museumsleiterin Silvia Ebner im Westtrakt von Schloss Bruck

 

Im oberen Geschoß des an den Bergbauernhof angrenzenden Kornkastens schuf er sich ein erstes Atelier. Den Stil der Bildhauerarbeiten dieser Zeit beschreibt Kunsthistorikerin Eleonora Bliem-Scolari so: „In den 1940er- und 1950er-Jahren lag der Schwerpunkt seines Ausdrucksvolumens noch deutlich in der naturgefärbten Tradition schöngeistiger Schnitzkunst, deren gotisierende Elemente authentisch und voller Rhythmik mitschwangen.“ Diese naturnahe Verhaltenheit wurde jedoch in späteren Ausführungen“, so Bliem-Scolari weiter, „… von starker Expressivität unterstützt bzw. eingeholt.“ 40-jährig, entschloss sich der Iseltaler dazu, von 1949 bis 1950 an die Akademie der bildenden Künste nach Wien zu gehen und seinen Abschluss in der Bildhauermeisterklasse bei Franz Santifaller zu erlangen. Hier in Wien erhielt er jedoch insbesondere aus den Vorlagen des an der Akademie unterrichtenden Fritz Wotruba wichtige Impulse für seine spätere Entwicklung als Plastiker von Reliefs und Monumentalwerken, die bis in die 1980er-Jahre anhalten sollte. Als seine Diplomarbeit an der Akademie überzeugte ein Altarkreuz, das in der Herz-Jesu-Kapelle der LLA in Lienz seinen Platz fand. 1972 wurde Gottfried Fuetsch als einer der ersten Osttiroler Kunstschaffenden vom Bundespräsidenten mit dem Professorentitel ausgezeichnet.

 

Im Werk des Bildhauers finden sich auch zahlreiche Plastiken, die auf seine Verbundenheit mit der Musik im Allgemeinen und dem heimischen Musikwesen im Besonderen hinweisen.

 

Bereits 1951 hatte er ein Haus in Virgen angekauft, auf dessen Areal Gottfried einen eigenständigen Atelierskomplex errichtete. Hier gründete er mit seiner aus Wien stammenden Frau Therese auch eine Familie. Die Söhne Gottfried, Michael und Albert (†1993) wurden 1956, 1964 und 1967 geboren. Gemeinsam mit Therese, und begleitet von Adrian Egger, reiste der Bildhauer 1954 mit einem Stipendium in der Tasche für einen Studienaufenthalt nach Rom. Zurück in Osttirol erhielt er 1955, zusammen mit Franz Walchegger und Gertrude Purtscher-Kallab, den Auftrag, die künstlerische Ausgestaltung des Alten Rathauses in Lienz zu übernehmen. Weitere wichtige Auftragsarbeiten folgten und finden bis heute in den bereits erwähnten zahlreichen Werken im öffentlichen Raum in Lienz, aber auch in anderen Teilen Osttirols ihren Niederschlag. Überregionale Bedeutung und internationale Bekanntheit erfuhr der Kunstschaffende nicht zuletzt durch eine intensive Ausstellungspräsenz und durch Aufträge in- und außerhalb Österreichs. Bis Mitte der 50er-Jahre war organisch gewachsenes Holz, insbesondere von Zirbe, Lärche und Apfelbaum, das bevorzugte Ausgangsmaterial für die Figuren, Krippen, Reliefs und Arrangements des Bildhauers. Später setzte er, insbesondere bei den großen Plastiken, auf Stein und schließlich auch auf Bronze und Aluminium.

 

 

Das Fassadenrelief „Die Spitzkofler“ an einer Hauswand in der Schweizergasse zählt zu jenen Werken, die der letzten Arbeitsphase Professor Fuetsch’s zugeordnet werden. Schwer erkrankt, war es ihm bis zu seinem Tod im April 1989 nur mehr verhalten möglich, zu skizzieren, zu modellieren und plastische Ausführungen zu realisieren. Die Werke der 80er-Jahre spiegeln besonders deutlich den bemerkenswerten Entwicklungsprozess wider, den der Künstler durchlebte. Eleonora Bliem-Scolari, die auch die Ausstellung auf Schloss Bruck in bewährt-fachkundiger Weise kuratierte, fasst dies so zusammen: „Gottfried Fuetsch zählt ohne Zweifel zu den Vertretern der frühen Moderne. Lag zu Beginn der Fokus auf einem tradiert realitätsnahen Formenkanon, so gewann seine bildhauerisch-plastische Arbeit später zunehmend an stilistischer Authentizität. Die Reduktion auf das Wesentliche wurde mehr und mehr zum dringlichen informativen Merkmal. Nicht die runde Form mit weicher Kontur überwiegt, sondern eine auf das geometrische und die Flächenbrüchigkeit ausgerichtete.“

Die Ausstellung „Raum und Seele. Gottfried Fuetsch (1909-1989)“ auf Schloss Bruck in Lienz ist bis 18.8.2019 zu besichtigen und allen Kunstinteressierten sehr zu empfehlen!

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: Brunner Images

18. Juni 2019 um