Lienz: Museum Schloss Bruck zeigt erstmals Werke einer bedeutenden Privatsammlung

In der Ausstellung „Sammlerleben. Privat wird öffentlich“ sind unter anderem Werke von Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Alfons Walde, Max Weiler und Markus Prachensky zu sehen.

Wenn die unbändige Liebe zur Kunst zum Lebensinhalt wird, entstehen oft faszinierende Sammlungen. Nicht alle finden den Weg in die Öffentlichkeit. „In Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker Elio Krivdic zeigt Schloss Bruck nun erstmals Teile einer solchen bedeutende Privatsammlung einem breiten Publikum. Unsere Sonderausstellung fasziniert unter anderem mit Werken von Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Markus Prachensky, Bruno Gironcoli, Alfons Walde, Artur Nikodem, Max Weiler, Fritz Wotruba, Oswald Oberhuber, Rudolf Wacker und vielen mehr“, so Museumsleiter Stefan Weis.

 

Blick in die Wohnung des Sammlers aus Nordtirol, der einen Teil seiner Werke erstmals für die Ausstellung im Museum der Stadt Lienz zur Verfügung gestellt hat. Foto: Johannes Plattner

 

Wer aber eine klassische museale Aufarbeitung mit Themenräumen erwartet, wird überrascht werden: Schloss Bruck verwandelt sich für die Ausstellung in das künstlerische Wohnzimmer, in dem die Besucher die Bilder beinahe „in ihrem natürlichen Umfeld“ erleben können. Durchblicke und Hängung ziehen den Betrachter dabei geschickt durch die Räume und lassen beinahe vergessen, dass die faszinierende Kunst von 800 Jahre alten Mauern umgeben ist.

 

Kurator Elio Krivdic: „Viele heute bedeutende Museen sind erst aus Privatsammlungen hervorgegangen – wie z.B. das Leopold Museum in Wien. Ein Grund dafür ist, dass sie Werke von hervorragender künstlerischer Qualität beinhalten. Oft werden sie auch durch einen vom jeweiligen Sammler bestimmten thematischen Schwerpunkt definiert. Die künstlerischen Qualitäten und nicht selten auch die kunsthistorische Relevanz machen diese Werke so interessant. Auch temporär werden solche Kollektionen sowohl in öffentlichen als auch privaten Museen gezeigt.“

 

„Die Präsentation von Privatkunstsammlungen nimmt in der letzten Zeit stark an Bedeutung zu. Nicht nur auf lokaler Ebene wird zu privat Gesammeltem und ins Verborgene gegriffen, sondern auch große Museen – wie z.B. die Albertina oder das Museum moderner Kunst (mumok) in Wien – integrieren Präsentationen von Privatsammlungen in ihre Programme“, so Kurator Elio Krivdic. Eine kleinere, jedoch durch die Anzahl der darin vertretenen überwiegend österreichischen Künstler bedeutende Sammlung wird ab Freitag, 26. Mai, im Museum Schloss Bruck einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Entdeckt wurde sie vom Kunsthistoriker Elio Krivdic bei einem aus Nordtirol stammenden Sammler, der anonym bleiben will.

 

Museumsleiter Stefan Weis: „Füße abstreifen, Türe öffnen, rein in die Wohnung – und nur noch staunen. Natürlich wusste ich, welche Kunstwerke in der Nordtiroler Wohnung des Sammlers auf mich warten. Doch wenn man direkt hinter der Türe auf einen Oswald Oberhuber trifft und dann Werke von Max Weiler, Arnulf Rainer, Markus Prachensky und Fritz Wotruba an den Wänden entdeckt, dann ist man für einige Momente einfach nur überwältigt von so viel großer Kunst!“

 

Die Ausstellung zählt insgesamt 62 Arbeiten verschiedener österreichischer Künstler in den Techniken der Malerei, der Plastik sowie der Graphik. Die meisten kommen aus Tirol, wobei die künstlerischen Leistungen mancher von ihnen mittlerweile auch als österreichischer Beitrag zur Zeit der Moderne gelten: Albin Egger-Lienz, Alfons Walde oder Artur Nikodem. Zu sehen sind auch Werke von Wilhelm Nicolaus Prachensky, Hans Weber-Tyrol, Rudolf Nissl, Herbert Gurschner, Alphons Schnegg, Magda von Lerch, Andreas Einberger oder Rudolf Wacker.

 

Auch dieses Werk von Arnulf Rainer hat der Sammler für die Sonderausstellung im Museum Schloss Bruck zur Verfügung gestellt. Foto: Johannes Plattner

 

Auch die Kunst der Zeit nach 1945 ist in der Sammlung mit wichtigen sowohl für die Kunst Tirols als auch für die österrreichische Kunstgeschichte relevanten Vertretern präsent: Max Weiler, Helmut Rehm, Karl Plattner, Oswald Oberhuber, Markus Prachensky, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Ernst Fuchs, Karl Stark, Rudi Stanzel, Helmut Schober, Anton Tiefenthaler, Anton Christian, Wilfried Kirschl, Bruno Gironcoli oder Fritz Wotruba.

 

Das „Schüttbild mit Kasel“ von Hermann Nitsch und Skulpturen von Bruno Gironcoli sind im Rittersaal des Schlosses zu bestaunen.

 

In der Sammlung sind dank der besonderen Intention des Sammlers besonders interessante, sich dem jeweiligen Oeuvre der Künstler entziehende Werke vertreten, auch solche, die man oft als Raritäten oder Spezialitäten bezeichnen möchte. „Wir zeigen z.B. eine informelle Plastik von Oswald Oberhuber um 1950, ein großformatiges Stillleben von Max Weiler aus dem Jahr 1942 sowie eine wunderschöne, farbig exzellent kombinierte, abstrakte Komposition desselben Malers von 1959″, so der Museumsleiter.

Auch eine hervorragende „Fingermalerei“ von Arnulf Rainer, ein großes Ölbild mit dem Titel „Arbeit“ von Artur Nikodem oder ein kleines, jedoch ganzfigürliches Porträt des Bildhauers Gustinus Ambrosi von Alfons Walde werden ausgestellt. Im Rittersaal des Schlosses ist ein Schüttbild mit einem Messgewand, hervorgegangen aus einer der frühesten Malaktionen von Hermann Nitsch aus dem Jahr 1962, zu sehen.

 

Sonderausstellung „Sammlerleben. Privat wird öffentlich”

27. Mai bis 15. Oktober 2023 – Museum der Stadt Lienz Schloss Bruck

Vernissage: Freitag, 26. Mai 2023, 19.00 Uhr

Öffnungszeiten:
Juni/September/Oktober: Dienstag bis Sonntag, 10.00 bis 16.00 Uhr
Juli/August: täglich, 10.00 bis 18.00 Uhr

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute Mühlburger, Johannes Plattner

26. Mai 2023 um