Maß & Form: Schau auf Schloss Bruck zeigt „Gwand“ aus Osttirol von einst und heute

In der Ausstellung, die am 23. August eröffnet wurde, begegnen sich historische Gewänder aus Osttirols Tälern und zeitgemäße Interpretationen der Schneidermeisterin Marianna Oberdorfer.

Es geht in der Ausstellung „Maß & Form” keineswegs nur um die Trachtenvielfalt, die sich über die Jahrhunderte hinweg in den Osttiroler Tälern entwickelt hat. Vielmehr sollen sich in der Schau Vergangenheit und Moderne begegnen. Die Gegenüberstellung von historischen Kleidungsstücken aus der Sammlung des Museums Schloss Bruck und zeitgemäßen Interpretationen aus dem Atelier Marianna zeigt, wie überlieferte Techniken und Erscheinungsbilder neue Kreationen inspirieren.

 

 

„Die Sammlung des Museum Schloss Bruck enthält rund tausend textile Objekte. Die ältesten sind aus dem späten 16. Jahrhundert. Auch der Skianzug von Pepi Stiegler findet sich z.B. in der Sammlung”, so die Lienzer Bgm. Elisabeth Blanik bei der Vernissage am Freitag, 23. August. Die bekannte Volkskundlerin Elsbeth Wallnöfer aus Südtirol gab gemeinsam mit Schneidermeisterin Marianna Oberdorfer einen interessanten Einblick in die Welt der Trachten. „Die Tracht ist nur ein kleiner Teil der Kostümgeschichte. Gesellschaftliche Prozesse zeigen sich in ihr heute genauso wie früher. In der Kleidung spiegelte sich auch immer schon die soziale Stellung der TrägerInnen wider. Außerdem zeigen die Gewänder, welche Rohstoffe zur jeweiligen Zeit zur Verfügung standen, und das Geschick der Schneiderin”, erklärte Wallnöfer.

 

Elsbeth Wallnöfer: „Tracht und Dirndl sind für mich Mode und Spielerei gleichzeitig. Die Kreationen werden dabei von der Vergangenheit genauso gespeist, wie von der Gegenwart. Ich rufe dazu auf, Tracht und Dirndl vor allem entspannt zu benutzen.”

 

Schneidermeisterin Marianna Oberdorfer widmet sich seit Jahrzehnten der Pflege und Weiterentwicklung traditioneller Gewänder. Sie betonte, dass sich die „Betuchtheit” der Trägerinnen damals wie heute in der Kleidung zeigt. „Besonders weite oder plissierte Röcke, aufwändige Spitzen und Seidenbrokate waren den ,besseren Leuten‘ vorbehalten. Die ausladenden Taillenwülste und Schößchen sollten die Bedeutung der Trägerin verstärken. Um dem Mieder die richtige Passform zu verleihen, es mit Falten, Borten, Rüschen, Tressen und Litzen zu verzieren, waren vor allem die Erfahrung und Geschicklichkeit der Schneiderin gefragt”, so Oberdorfer.

 

Marianna Oberdorfer: „Jede Region hat ihr eigenes Festtagsgewand und jedes Osttiroler Tal besondere Eigenheiten in seinen Trachten. Trägerinnen von Trachten und Dirndln sind für mich besonders frohe Menschen. Ihre Offenheit begeistert mich. Im Depot von Schloss Bruck haben wir viele schöne Teile für unsere Ausstellung vorgefunden. Zahlreiche Personen waren uns behilflich und haben uns zur Ergänzung Trachten zur Verfügung gestellt.”

 

Jede Tracht ist ein Unikat, niemals eine Uniform. „Früher wurde die Tracht oft auch zum Zwecke politischer Manifestation herangezogen. Tracht ist für mich weder gut noch böse. Sie zeigt insbesondere auch den Stolz und das ästhetische Empfinden der Trägerin”, betonte Elsbeth Wallnöfer. Marianna Oberdorfers Tochter Anna ist wie ihre Mutter Schneidermeisterin und hat das Atelier in Lienz inzwischen übernommen. Sie erklärte, dass während der Ausstellung an ausgewählten Terminen auch eine „lebende Schneiderwerkstatt” auf Schloss Bruck eingerichtet wird: „Damit wollen wir die BesucherInnen interaktiv einbinden und insbesondere auch Techniken zeigen, die heute nur mehr selten Anwendung finden.”

 

 

Maß & Form – Gwand aus Osttirol

24. August bis 27. Oktober 2019 – Museum Schloss Bruck/Lienz

Öffnungszeiten:
August: täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr
September/Oktober: täglich außer Montag von 10.00 bis 16.00 Uhr

Lebende Schneiderwerkstätte:
25. August, 8. September sowie 6., 13. und 20. Oktober, 14.00 bis 16.00 Uhr
26. und 27. Oktober, 11.00 bis 15.00 Uhr

 

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute/Mühlburger

24. August 2019 um