Kunst hat viele Gesichter – eines davon gehört Christian Prünster

In den Arbeiten des jungen Künstlers verbinden sich viele Aspekte zu einem tiefsinnigen Gesamtwerk. Bis 20.10. sind seine Werke noch im Vitalpinum in Assling zu sehen.

Für den Sohn eines Schlossermeisters war der Weg hin zum Beruf des Handwerkers eigentlich vorgezeichnet. Schon als Bub verbrachte der Tristacher unzählige Stunden im elterlichen Betrieb und lernte den Umgang mit Metall sprichwörtlich von der Pike auf kennen. Die Faszination, mit diesem Material zu arbeiten, war von Beginn an da. Als Jugendlicher entschied sich Christian dann gegen die Lehre und für den Besuch der PHTL in Lienz. Nach der Matura führte ihn der weitere Lebensweg nach Graz. Hier studierte er zunächst Kunstgeschichte und Architektur, um dann an die „Meisterschule für Kunst und Gestaltung“ zu wechseln. 2016 schrieb er sich in die Meisterklasse für Bildhauerei ein und schloss diese 2018 erfolgreich ab. „Die Jahre an der Ortweinschule bedeuteten einen wichtigen Schritt hin zu dem, was ich machen will. Mein Weg ist der eines freischaffenden Künstlers“, hält er dazu fest und betont, wie sehr ihm dabei das erworbene Wissen um das traditionelle Handwerk und seine technische Ausbildung zugute kommen.

 

Einer „Kraterlandschaft“ nachempfunden ist das aus Stahl getriebene Werk, das ebenso wie „Reclaim“ (Bild rechts), eine aus Kupfer getriebene und patinierte Arbeit, im Jahre 2018 entstanden ist.

 

Die bevorzugte Technik, mit der der 29-Jährige in seinem Atelier in der steirischen Landeshauptstadt arbeitet, ist jene des Metalltreibens. „Dieses Umform-Verfahren besticht durch den Übergang eines flachen, nahezu zweidimensionalen Ausgangsmaterials – des Metallblechs – in eine zunehmend plastischer werdende, dreidimensionale Gestalt“, informiert er. „Das Metalltreiben war schon den frühen Kulturen des Altertums bekannt. Ich sehe meinen Auftrag darin, der Jahrtausende alten Technik durch das Thematisieren zeitgenössischer Inhalte einen neuen Geist einzuhauchen.“ Christian verwendet vor allem Kupfer- oder Aluminiumblech, die Materialstärke liegt im Schnitt zwischen 0,8 mm und 2 mm. Die Umformung erfolgt durch gezielte Hammerschläge meist in kaltem Zustand. Maschinen und Geräte kommen nur selten zum Einsatz. Gepaart mit hoher Körperlichkeit entsteht eine Leichtigkeit, wie sie nur dieser Technik zu eigen ist. Ein weiteres Charakteristikum des Metalltreibens ist, dass während des Bearbeitungsprozesses eine Übertragung der Außen- auf die Innenseite und umgekehrt stattfindet. „Die äußere Erscheinung beschreibt die innere, und ebenso erzählt das Innen vom Außen“, interpretiert dies der Metallkünstler und stellt einen Bezug zu möglichen Auswirkungen des seelischen Befindens auf die äußere Haltung bzw. zur innerlichen Prägung durch exogene Faktoren her. Eine andere Technik, die in Prünsters Atelier zur Anwendung kommt, ist die Druckgrafik. Die Grundlagen dafür konnte sich der vielseitig Interessierte, wie so vieles andere, an der „Meisterschule für Kunst und Gestaltung“ in Graz aneignen.

 

Die Skulptur „humancircuit“ greift das Schmiedehandwerk und dessen ornamentale Eisenwerke auf. An die Stelle des Eisens tritt Kupfer als symbolträchtiges Material für die technische Vernetzung unserer Gesellschaft.

 

In seiner Abschlussarbeit an der Ortweinschule, einem Metallrelief mit dem Titel „Moderne Sklaven“, setzte sich Prünster auch mit der Philosophie des Transhumanismus und mit der Verschmelzung von Mensch und Maschine auseinander. Die Beschäftigung mit der philosophischen Denkrichtung und mit anderen, auch gesellschaftspolitisch relevanten Themen fand zwischenzeitlich in weiteren Werken ihren Ausdruck. „In meinen Arbeiten findet sich beispielsweise die Ornamentik des 21. Jahrhunderts in Form von Leiterbahnen, Schaltkreisen und Platinen wieder. Dabei versuche ich, die zunehmende Fusion von biomorphen und technischen Strukturen abzubilden“, sagt er und verweist auf eine seiner Skulpturen, der  er den Titel „humancircuit“ gegeben hat. „Hier geht es um den Rückzug aus der sozialen Interaktion, also um die Flucht in die Anonymität, und um die Frage, wer oder was sich hinter der angedeuteten humanoiden Fassade verbirgt.“ Die fiktive Entwicklung zukünftiger Generationen stellt das Werk „Fortogen Mark 1“ dar. „Bedingt durch die Anforderungen des Arbeitsmarktes und dem Verlangen nach immer mehr Lebensqualität, ewiger Gesundheit und Schönheit folgend, könnte eine neue Gattung von normierten Kindern entstehen. Dieses standardisierte Massenprodukt würde dann ohne Rücksicht auf Individualität seriell gefertigt und laufenden Produktupdates unterzogen werden“, umreißt Christian diese durchaus düstere Vision.

Die naheliegenden Fragen, ob er selbst eher ein Pessimist oder ein Optimist ist, und wie er denn seine eigene Zukunft sieht, beantwortet er so: „Ich gehe positiv gestimmt durchs Leben und bin immer offen für Neues. Fremde Kulturen und Länder interessieren mich sehr – ich möchte die ganze Welt erkunden. Das Wagnis, als freischaffender Künstler tätig zu sein, bin ich bewusst eingegangen. Ich bin mir sicher, dass dieser Weg genau der richtige für mich ist.“

 

 

Im Bild die Wandertrophäe, die Christian für den Nachtourenlauf hinter’m Kofl 2019 kreierte.

 

Erste Aufträge bestätigen Christians Entscheidung. Kraft und Motivation schöpft er, der nach eigenen Aussagen „noch ganz am  Anfang  steht“, auch aus dem positiven Feedback, das er in Zusammenhang mit der Teilnahme an Wettbewerben oder im Rahmen von Ausstellungen erhält. Zuletzt konnte er sich Ende September 2019, gemeinsam mit zwei Künstlerkollegen, bei einer Vernissage in Osttirol über ein enormes Publikumsinteresse freuen. „Noch bis 20.10.2019 können meine Werke im Garten des Vitalpinums in Assling besichtigt werden“, lädt er abschließend zum Besuch der Schau „Magische Natur“ ein.

Weitere Arbeiten und Infos unter www.christianpruenster.com

 

Text: Elisabeth Hilgartner, Fotos: © Eva Schrofler, Christian Prünster

17. Oktober 2019 um