ÄD Prim. Dr. Martin Schmidt: „Was ist das für eine öffentliche Debatte?!

Auf eine Aussendung der Liste Fritz, die im März im Tiroler Landtag zwei Initiativen einbringen will, meldet sich nun der ÄD des BKH Lienz, Primar Dr. Martin Schmidt, zu Wort.

Wir bringen die Aussendung des Ärztlichen Direktors unseren LeserInnen wie immer im Originalwortlaut zur Kenntnis. „Zum aktuellen Anlass für meine öffentliche Wortmeldung nehme ich die Äußerungen und Ankündigungen des Herrn Markus Sint von der Liste „Fritz“, der „politische Schritte“ und diverse Anfragen in der Causa G. Walder angekündigt hat. Sint setzt damit eine nicht seriöse Debatte, was im Übrigen ja nicht neu ist, mit falschen und irreführenden Informationen fort.

Erste Falschmeldung
Bisher seien infektiologische Leistungen von Dr. Walder und seinem Team in Anspruch genommen worden. Der Aufbau und Betrieb einer eigenen Abteilung für Infektiologie am BKH Lienz seien kosten- und personalintensiv. Kein anderes Tiroler Bezirksspital leiste sich eine eigene infektiologische Abteilung. Wenn sich Andreas Köll als Obmann des Krankenhausverbandes eine Infektiologie einbilde, werde er die Kosten auf Punkt und Beistrich offenlegen müssen. Es könne jedenfalls nicht sein, dass sich Köll eine Infektiologie bestelle und der Steuerzahler brenne, koste es, was es wolle.

Die Tatsachen
Dr. Walder erbrachte mit seinem Team nie infektiologische Leistungen für das BKH Lienz. Am BKH Lienz gab und wird es nie eine eigene infektiologische Abteilung geben. Eine solche wäre überdies mit einem Primariat zu besetzen und ist tatsächlich nicht im Krankenanstaltenplan/RSG 2025 abgedeckt. Niemand bildet sich im Gemeindeverband BKH Lienz eine Infektiologie ein oder möchte eine solche bestellen.

Dr. Walder war nie hygienebeauftragter Arzt im BKH Lienz, sondern hatte das BKH bis zum Jahre 2019 einen Werkvertrag mit der Dr. Gernot Walder GmbH abgeschlossen. Im Rahmen dieser Werkvertragsvereinbarung hatte Dr. Walder ausschließlich eine beratende Funktion für mich als Ärztlicher Direktor und für die MitarbeiterInnen des Hygieneteams des Krankenhauses. Gefordert war dafür u.a. eine Anwesenheit vor Ort (vier Mal pro Monat) und die Teilnahme an den periodischen Sitzungen des Hygieneteams.

Zweite Falschmeldung
Die Ausbootung von Dr. Walder sei fachlich falsch und menschlich letztklassig. Persönliche Abneigungen von Dr. Köll stünden einer vernünftigen fachlichen Zusammenarbeit mit einem über die Bezirksgrenzen anerkannten Experten Dr. Walder entgegen.

Die Tatsachen
In der GVA-Sitzung vom 15.12.2020 wurde festgestellt, dass für 2020 noch immer keine Unterschrift von Dr. Walder (unter demselben Werkvertrag wie 2019) vorliegt. Über Antrag des Verbandsobmannes Dr. Köll wurden ähnliche Vertragsbestimmungen für 2021 formuliert und dieser Werkvertrag einstimmig beschlossen. Ich erhielt noch an diesem Tage vom Gemeindeverbandsausschuss den Auftrag, diesen Dr. Walder zur Unterschrift vorzulegen, da ich für sämtliche ärztlichen Tätigkeiten im Hause verantwortlich bin (vertragliche Absicherung aus Haftungsgründen). Bereits am 17.12.2020 meldete ich mich bei Dr. Walder, und es kam daraufhin zu einem persönlichen Gespräch. Trotz diverser weiterer schriftlicher und mündlicher Interventionen meinerseits kam es – innerhalb der vom Gemeindeverbandsausschuss vorgegebenen Frist – zu keiner Unterfertigung des Vertrages seitens Dr. Walders als Geschäftsführer der Dr. Gernot Walder GmbH. Die Beratungsleistungen als KH-Hygieniker in Form eines Werkvertrages mit seiner Gesellschaft zu regeln, war übrigens ausdrücklicher Wunsch von Dr. Walder.

Bis Jahresende kam es zu keiner Unterschriftsleistung, vielmehr legte Dr. Walder schließlich gegen Ende Jänner einen, von ihm einseitig geänderten Vertrag vor, in dem die einmalige wöchentliche Anwesenheitspflicht gestrichen war. Dr. Walder wurde also nicht „ausgebootet“, sondern er selbst hat den, einstimmig vom Gemeindeverbandsausschuss angebotenen Vertrag des Krankenhauses nicht unterschrieben, weshalb es auch zu keinem Vertragsverhältnis kommen konnte. Daraufhin habe ich dem Gemeindeverbandsobmann als Ärztlicher Direktor den Vorschlag unterbreitet, mit der Dr. Gernot Walder GmbH nicht mehr weiter zu verhandeln. Um jedoch den vertragslosen Zustand bezüglich der Verpflichtungen nach § 13a des Tiroler Krankenanstaltengesetzes zu erfüllen (entweder KH-Hygieniker/Hygienefacharzt oder hygienebeauftragter Arzt), wurde in der Folge Prim. Dr. Dritan Keta, der die fachlichen Voraussetzungen dafür erfüllt und in einem deutschen Universitätsklinikum bereits mehrere Jahre in dieser Funktion tätig war, durch den Rechtsträger zum hygienebeauftragen Arzt des Krankenhauses in Nachfolge von FA Dr. Christian Kögler bestellt.

Dritte Falschmeldung
In verschiedenen Medien und Foren wird immer wieder unterstellt, das BKH Lienz habe die Stelle des Dr. Walder neu ausgeschrieben und wolle dadurch seine Laborleistungen für das Haus nicht mehr in Anspruch nehmen.

Die Tatsachen
Dies ist völlig unsinnig! Ausgeschrieben ist die Stelle eines Facharztes für Mikrobiologie und Hygiene in Verbindung mit der Leitung unseres bestehenden, bestens ausgestatteten Labors. Dort sind schon jetzt 11 ausgezeichnete MitarbeiterInnen auf BMA-Niveau tätig, und das Land Tirol hat uns dafür bereits im Herbst vergangenen Jahres zwei eigene PCR-Schnelltestgeräte zur Verfügung gestellt. Diese Stelle gehört zur Abteilung für Innere Medizin und war bisher in unserem Stellenplan nicht vorgesehen, womit sie Dr. Walder auch nicht entzogen worden sein kann! Ob er sich dafür bewirbt, liegt ausschließlich bei ihm selbst. Jedenfalls benötigt unser großes Bezirkskrankenhaus mit ca. 900 MitarbeiterInnen, vor allem aufgrund der jüngsten Pandemie-Erfahrungen und Herausforderungen, künftig eine ärztliche Laborleitung und einen ständig anwesenden Facharzt für Mikrobiologie und Hygiene.

Vierte Falschmeldung
Dr. Walder wären Laborleistungen entzogen worden.

Die Tatsachen
Richtig ist, dass das Bezirkskrankenhaus Lienz derzeit mit ca. 10 externen Labors Geschäftsverbindungen für die Auswertung diverser Abstriche, Blutproben und anderer Untersuchungen pflegt. Da diese Leistungen eindeutig über den gesetzlichen Schwellenwerten des Bundesvergabegesetzes liegen (wobei eine entsprechende Ausschreibungsverpflichtung zuletzt auch noch z.B. bei Hygiene Austria eindeutig bestätigt worden ist), wurde vom Gemeindeverbandsausschuss bereits in den Jahren 2018/19 und neuerlich am 15.12.2020 bekundet, dass diese Leistungen (analog zu anderen Ausschreibungen der letzten Jahre) öffentlich auszuschreiben sind. Diese Ausschreibung wird/wurde außerhalb unseres Hauses (entweder von der Bundesbeschaffungsagentur oder GEMNOVA) vorgenommen, und selbstverständlich hat auch die Dr. Gernot Walder GmbH die Möglichkeit, entsprechende Angebote zu legen. Ich für meine Person benötige dazu keine Belehrung und schon gar keine Zurechtweisung. Vor allem aber dann, wenn absichtlich Sachverhalte unzulässig miteinander vermischt und als „politisches Kleingeld“ genutzt werden sollen, ist für mich die kritische Grenze überschritten. Offenbar soll in der Darstellung einer „alternativen Realität“, ohne Bezug zu den objektiven Fakten, versucht werden, „ein armes Opfer“ darzustellen, wobei „die Täter“ öffentlich überführt werden sollen.

Zum Schluss: Was ein eigenständiges Krankenhaus in Tirol plant, ist erstens nicht Angelegenheit eines außenstehenden Politikers und schon gar nicht, diese Planungen zu diskreditieren, ohne Einblick in die Sache selbst zu haben. Dies liegt ausschließlich in der Verantwortung der Leitung des Krankenhauses und des Rechtsträgers. Diese leitenden Organe gehen höchst verantwortlich mit ihrer Leitungsfunktion um und sie wissen am besten, wie wichtig es ist, dass auch das BKH Lienz so schnell wie möglich wieder aus dem bereits seit einem Jahr anhaltenden Lockdown (mit Kollateralschäden) herausgeführt wird.

Das letzte Jahr hat gezeigt, dass auch unser Krankenhaus nur mit größter Mühe zu leiten ist, wenn massive, sogar existenzbedrohende ökonomische Einbußen dadurch entstehen, dass – eigentlich für die Regelversorgung bestimmte Betten – für „COVID-19-erkrankte“ PatientInnen akut zur Verfügung gestellt werden müssen und in der Folge den verschiedenen anderen Abteilungen fehlen. Dadurch wird unser Versorgungsauftrag extrem gefährdet, weil die derzeit vorhandenen Versorgungsstrukturen für die Bewältigung einer Pandemie noch völlig ungenügend sind.

Mir ist nicht bekannt, dass Dr. Walder in diesem Zusammenhang bisher für uns irgendwelche Aufgaben erfüllt haben sollte. Auf der Grundlage neuester infektiologischer und architektonischer Erkenntnisse aus der Pandemie werden derzeit europaweit neuartige Planungen durchgeführt und neue, einer Pandemie angemessene Standards entwickelt, wobei der Trend eindeutig in Richtung Einzelzimmer mit entsprechenden Lüftungs- und Schleuseneinrichtungen geht. Nur eine eigene Infektionsstation (welche es im Übrigen im BKH Lienz bereits über mehrere Jahrzehnte gegeben hat) im Rahmen der bestehenden Betten unserer Internen Abteilung wird uns künftig in die Lage versetzen, weitere Lockdowns (Entfall von Normalbetten durch Covid-Stationen, nahezu keine planbaren OP’s mehr, nahezu keine Sonderklasse-PatientInnen und Vorsorgeuntersuchungen mehr…) zu verhindern.

Das Projekt einer Erweiterung das BKH Lienz durch eine eigene Isolations- und Infektionsstation wurde übrigens bereits im August 2020 Herrn Landeshauptmann Platter und Herrn Landesrat Tilg sowie zahlreichen Medien vorgestellt. Dafür muss der bereits genehmigte Kostenrahmen unserer Erweiterungsvorhaben keinesfalls überschritten oder aufgestockt werden. Auch die Eigenmittel der Osttiroler Gemeinden sind dafür gesichert. Die nächsten Jahre werden europaweit zeigen, welche Bedeutung derartig zukunftsweisende Schritte haben und wieviel damit an Steuermitteln für das Land Tirol und die Osttiroler Gemeinden eingespart werden kann.

Was in der letzten Zeit in der Causa Dr. Walder in diversen Medien und Foren öffentlich hinausposaunt wurde, hat zweifellos den Charakter einer abgekarteten Kampagne gegen die Leitung des Krankenhauses und unseren Verbandsobmann Dr. Köll. Während die meisten Printmedien und elektronischen Medien korrekt berichteten, wurde in einem Forum etwa ein offener Brief eines meiner Vorgänger veröffentlicht, woraufhin mein offener Brief dazu nicht publiziert worden ist. Dieser Vorgang alleine zeigt die „Objektivität“ dieser Debatte! Es melden sich angeblich Dutzende von Leuten anonym zu Wort, ohne den Anstand zu besitzen, ihren Namen zu nennen. Sachverhalte werden unrichtig dargestellt. Der Sprachstil ist von Anfang an hochgradig affektgeladen und „unter dem Strich“ gibt es nur ein Opfer – Dr. Gernot Walder – und verantwortungslose Täter. Auch eine laufende Unterschriftenaktion unterstellt genau dies: Sie gründet auf fatalen Falschmeldungen und es geht offensichtlich nur um eines, nämlich die, ohnehin „in Covid-Zeiten“ aggressiv aufgeladene Stimmungslage weiter anzuheizen. Was ist das für eine öffentliche Debatte?!

ÄD Prim. Dr. Martin Schmidt, Leiter des „COVID-19-Krisen- und Einsatzstabes“ im BKH Lienz

 

Text: Redaktion, Foto: BKH Lienz

06. März 2021 um