Lienzer Lebzelt von 1644: Historische Weihnachtsbäckerei mit Noblesse

Die Ursprünge der edlen Weihnachtsbäckerei aus Lienz reichen bis in die Spätzeit der Grafen von Wolkenstein-Rodenegg im 17. Jahrhundert zurück.

Der heute von den heimischen Bäckereien und Konditoreien Joast, Glanzl und Gruber nach alter Rezeptur hergestellte Lebzelt mit echtem Bienenhonig ist gefüllt mit Osttiroler Preiselbeeren. In seinem Geschmack ist er veredelt durch eine erlesene Gewürzmischung aus Zimt, Nelken, Koriander, Muskatnuss, Anis, Ingwer und Fenchel. Anklänge an mediterrane Backtraditionen sind hierbei unverkennbar. Auf der Oberseite ist er – der Tradition Jahrhunderte zurückreichender „Gebildbrote“ folgend – mit einem Kunstwerk der besonderen Art geschmückt: Auf einen Model von 1644 zurückgehend wird das beliebte weihnachtliche Motiv der Anbetung der Heiligen Drei Könige in einem Abdruck in Marzipan gezeigt. Die künstlerisch wertvolle Darstellung in renaissancehaft-frühbarockem Stil ist negativ und seitenverkehrt in einen Block aus Birnenholz geschnitzt.

 

Der Lienzer Lebzelt ist bis heute Ausdruck der weltgewandten Lienzer Küchentradition, in der mondäne Vielfalt und regionale Verankerung Hand in Hand gehen. Foto: Profer&Partner

 

Die klassische Lebzelterei, d.h. die Verarbeitung von Honig sowie Bienenwachs, war über klösterliche Traditionen der frühen Neuzeit nach Osttirol gekommen. Dabei wurden auch Einflüsse aus der mediterranen Küche aufgenommen. Die Kunsthistorikerin Renate Vergeiner hat sich intensiv mit der kulinarischen Geschichte der Osttiroler Bezirkshauptstadt am Fuße der Lienzer Dolomiten beschäftigt und vor Jahren ein „Alt-Lienzer Kochbuch” mit Rezepten aus verschiedenen Jahrhunderten herausgegeben. Ihr Resümee: „Die Lienzer Küche zur Zeit der Görzer und Wolkensteiner Grafen war absolute ,Cuisine‘. Man wusste zu leben!”

 

Foto: Stadt Lienz/Tschurtschenthaler

 

Die Herrschaft der Görzer Grafen im südlichen Alpenraum, die bis nach Italien reichte, hat Lienz zu einem urbanen Zentrum gemacht, das in kulturellen aber auch kulinarischen Angelegenheiten von anderen Zentren der Zeit vieles übernahm.  Dank weitverzweigter Handelsbeziehungen, zu denen auch Gewürzimporte (Safran etc.) aus Italien und Frankreich zählten, hatte die Kultur der Lienzer Bürger neben regionalen Traditionen stets auch eine internationale Ausrichtung. Davon zeugen nicht zuletzt die Namen mancher Gerichte. So ist im „Alt-Lienzer Kochbuch” u.a. ein Mandelsulz-Rezept mit dem Namen „Plamischä” überliefert: dabei handelt es sich ganz offenkundig um eine umgangssprachliche Schreibweise des französischen „Blanc-manger”.

 

Text: Redaktion, Fotos: Stadt Lienz/Tschurtschenthaler, Profer&Partner

14. November 2019 um